Dr. Maximilian Ingenthron ist neuer Feldbausch-Preisträger: Um die Erinnerungskultur verdient gemacht

21. September 2013 | Kategorie: Landau, Regional

Christian Feldbausch (links) und OB Hans-Dieter Schlimmer überreichen den diesjährigen Feldbausch-Preis an Dr. Maximilian Ingenthron.
Foto: Ahme

Landau. Auf Vorschlag von Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer zeichnete Christian Feldbausch den Vorsitzenden des Freundeskreises des Archivs und Museums der Stadt Landau, Dr. Maximilian Ingenthron, mit dem diesjährigen Kunst- und Kulturpreis der Dr. Feldbausch-Stiftung aus.

Maximilian Ingenthron erhalte diesen Preis für  sein herausragendes und ideenreiches Engagement  für seine Heimatstadt Landau, so Schlimmer. „Sein besonderes Interesse gilt der Erinnerungskultur. Seine Initiativen reichen von zahlreichen Vorschlägen für Straßenbenennungen (u. a. im Wohnpark am Ebenberg), über die Anregungen zur Verlegung der sogenannten „Stolpersteine“ und zur Publikation der Geschichte der Stadt Landau in der NS-Zeit.

„Wir feiern nächstes Jahr 740 Jahre Landau – eine Stadt, die „in voller Blüte steht“,  wie die Industrie-und Handelskammer der Stadt bescheinigte. Landau ist sich seiner hochinteressanten Geschichte sehr bewusst“. Dabei sei man aber auf Bürger, die „das Staffelholz aufnehmen“ angewiesen, sagte Schlimmer.

Die Grundlage der engen Beziehungen von Dr. Maximilian Ingenthron zu Archiv und Museum reichen ins Jahr 1991, als er dort ein Praktikum im Haus absolvierte. Seitdem fühle er sich dieser Institution sehr verbunden und begleite deren Entwicklung und Ausbau als Vorsitzender des Freundeskreises mit “ Leidenschaft und tatkräftigem Interesse“.

Die Familie Feldbausch ist seit über 200 Jahren mit Landau verbunden. „Mein Vater ist im Südring aufgewachsen“, so Feldbausch. Aus dieser Verbundenheit wurde die Dr. Feldbausch-Stiftung 1995 gegründet. Sie vergibt jährlich den Kunst- und Kulturpreis der Stadt Landau, mit dem überdurchschnittliche Leistungen auf den Gebieten Kunst und Kultur mit Bezug zu Landau gewürdigt werden.

Stadtarchivarin Kohl-Langer (links) und Barbara Ingenthron.
Foto: Ahme

Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer erinnerte sich noch gerne an den Praktikanten Ingenthron: „Er hat sehr gute Anregungen gegeben und richtig zugepackt und hat damals ein mehrseitiges Konzept für das stadteigene Bild- und Fotoarchiv, das cirka 600.000 Bilder enthält, erarbeitet.“

Der Umzug des Museums 2009 in die neuen Räumlichkeiten sei ein Quantensprung gewesen. „Trotzdem wird es in unserem Archiv schon wieder eng,“ bedauert Kohl-Langer.

Rede Maximilian Ingenthron:

„Ich bedanke mich ganz herzlich für die Entscheidung, mir in diesem Jahr den Kunst- und Kulturpreis der Dr. Feldbausch-Stiftung zu verleihen. Das ist für mich eine große Ehre. Schon alleine deshalb, weil ich mich mit Bernhard Scholten, Heinz Setzer oder den unvergessenen Gerd Runck in eine Reihe von besonders engagierten Persönlichkeiten aus Landau gestellt sehen darf, die ich sehr schätze“, so Ingenthron in seiner Dankesrede.

Und weiter: „Ich erhalte zwar heute diese Auszeichnung als Einzelperson, aber ich möchte in dem Kunst- und Kulturpreis etwas sehen, was weit über die Anerkennung einer individuellen Leistung hinaus reicht. Weil alles, was sich mit der Ehrung verbindet, eine Gemeinschaftsleistung ist.

Das ist für mich tatsächlich die größte Freude und innere Befriedigung: Wenn aus einer Idee Wirklichkeit wird, weil der Funke überspringt und aus einer einzelnen Stimme eine breit getragene Überzeugung wird.

Alle diese Ideen und Aktivitäten – und ihr Erfolg – verbindet eines: sie beruhen auf einem breit getragenen Konsens. In Landau hat die Kultur des Erinnerns die hohe Bedeutung, die angesichts unserer Vergangenheit angemessen ist.

Die Erinnerungskultur: Das ist das Synagogenmahnmal, die Säule für die Opfer der Deportation nach Gurs – in Kooperation mit dem Landkreis Südliche Weinstraße – und der „Zug der Erinnerung“.
Da ist natürlich das Frank-Loebsche Haus mit der Dauerausstellung, das ist das Stationentheater „Landauer Leben“ von Chawwerusch, das sind zahlreiche Veranstaltungen, die übers Jahr in Landau stattfinden. Lesungen des Vereins für Volksbildung und Jugendpflege gehören dazu, auch unser Gedenken am 16. März und am 9. November.

Und mit gutem Gefühl kann ich feststellen: Das ist nicht ritualisiert, ist keine Pflichtübung. Es ist ein echtes und ehrliches Gedenken.

Ich nenne aber auch das Projekt Jalda und Anna zweier jüdischer Frauen, die jungen Menschen nahe bringen, was jüdisches Leben heute ist. Im Gloria-Kino haben im Februar 2013 viele Schülerinnen und Schüler mit großer Begeisterung an der Premiere teilgenommen.
Ein ermutigendes Zeichen, das als Kooperation von Archiv und Museum mit der Kulturabteilung der Stadt fortgesetzt werden soll.

Das sind aber auch Straßennamen (Viktor Weiß, Richard Joseph, Fritz Siegel, Wirth und Siebenpfeiffer, Paul von Denis), sind Stolpersteine, ist die historische Aufarbeitung der Geschichte Landaus in der NS-Zeit.

Natürlich ist es die NS-Zeit, weil aus ihr die drängendsten Lehren zu ziehen sind – ohne andere Abschnitte und Zeitalter in die zweite und dritte Reihe stellen zu wollen.

Der Verein der Freunde der Festung widmet sich mit großem Elan diesem Teil der Stadtgeschichte und auch hier im Museum wird es ja eine Schwerpunktbildung geben.

Wie könnte es anders sein, wenn man über ein so herausragendes Juwel verfügt wie das Festungsmodell. Es wird in den kommenden Monaten mit Aufwand und Sorgfalt restauriert und soll dann in neuem Glanz im Mittelpunkt der künftigen Ausstellung stehen.

Wie eng Geschichte und Gegenwart zusammengehören, haben wir einmal mehr in den vergangenen Wochen erlebt. Die Bomben des Zweiten Weltkriegs, wir haben uns ja zumeist nur am 16. März daran erinnert. Tatsächlich hat uns die Geschichte eingeholt.

Wir stellen fest, dass die Folgen des Zweiten Weltkriegs ja noch mitten unter uns sind und wir uns diesen Folgen in einem mühsamen Prozess stellen müssen.

Wenn es also für dieses Haus, für ein institutionalisiertes Archiv, einer Rechtfertigung bedurft hätte, so wurde sie in den vergangenen Wochen erbracht.

Ohne die hier gelagerten Dokumente, das hier versammelte historische Wissen, wäre die Aufarbeitung des Bombenkriegs sicher nicht so schnell und reibungslos verlaufen.

Das Stadtarchiv ist und bleibt das Gedächtnis unserer Stadt. Sind wir froh, dass wir es haben, in einem so schönen Gebäude wie diesem. Der Umzug hierher war ein echter Höhepunkt auch für mich.

Dafür, dass Archiv und Museum eine gute Zukunft haben, arbeiten wir seit vielen Jahren als Freundeskreis.

Es ist ein kleiner, aber feiner Verein, dem ich seit knapp zehn Jahren vorstehe. Meine Verbindung hierher stammt aus dem Jahr 1991, als ich im Rahmen eines Praktikums erstmals mit Archiv und Museum Kontakt hatte.

Seit dieser Zeit kenne und schätze ich Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer und ihren Vorgänger Dr. Michael Martin, der heute nicht unter uns sein kann.  Frau Martin, Herrn Kieffer und allen – Frau Weiß ist zu nennen – die in diesen Jahren hier im Haus tätig waren und sind, gilt an diesem Tag mein ganz besonders herzlicher Dank für eine immer gute, konstruktive, ja freundschaftliche Zusammenarbeit. Es hat halt einfach immer Spaß gemacht.

Ich freue mich, dass mein Stellvertreter Karl-Heinz Seibel hier ist, ebenso unser Schatzmeister Dr. Andreas Imhoff.
Wir drei bilden die Speerspitze, aber auch wir können unsere Aktivitäten nur so gut entfalten, weil es Menschen gibt, die einfach immer zur Stelle sind, wenn man sie ruft, wie Herr und Frau Egger, Elisabeth Morawietz und viele andere.

Wir haben uns über die Jahre sehr bemüht, notwendige Anschaffungen zu finanzieren, wofür im Stadtsäckel nicht die Mittel waren. Es sind einige Dinge wie die Lautsprecheranlage, aber auch ein Regalsystem, wir haben auch einmal ein Gemälde gekauft – und vieles andere.
Wir beteiligen uns mit Veranstaltungen, Lesungen, Tagen der Offenen Tür daran, dass dieses Haus in der öffentlichen Wahrnehmung seinen angemessenen Platz einnimmt.

Nun sehen Sie, dass Sie hier im Moment wenig sehen. Wir befinden uns in einer Zeit des Umbruchs. Die gesamte museale Präsentation, die Ausstellung zur Stadtgeschichte wird neu konzipiert und aufgebaut. Ein sehr ambitioniertes Projekt, das es in der kommenden Zeit zu stemmen gilt.

Daran wird sich der Freundeskreis mit erheblichen finanziellen Mittel beteiligen.

Das mit der Auszeichnung verbundene Preisgeld werde ich deshalb dem Freundeskreis zur Verfügung stellen. Es wird direkt von der Stiftung an den Freundeskreis überwiesen, ich habe also damit persönlich keine Berührung und keinen Profit. Es ist mir wichtig, das zu betonen.

Das Preisgeld ist ein sehr wertvoller Baustein und ich kann Ihnen versichern, dass es hier im Museum dauerhaft gut angelegt sein wird.

Deshalb -und damit schließt sich der Kreis – freue ich mich besonders, dass die Preisverleihung in den Räumen des Museums stattfindet. Es ist für mich, für uns, eine enorme Motivation dafür, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.“ (desa)

Das Landauer Fort wird im Mittelpunkt des neu zu gestaltenden Stadtmuseums stehen.
Foto: Ahme

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