Donnerstag, 09. Mai 2024

Bundesverfassungsgericht kippt Regelung zu Wiederaufnahme von Strafverfahren

31. Oktober 2023 | Kategorie: Nachrichten

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Ein mutmaßlicher Mörder kommt ohne Strafe davon, obwohl es neue Beweise gegen ihn gibt. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe heute entschieden.

Die Richter erklärten ein Gesetz für verfassungswidrig, das es erlaubt hätte, freigesprochene Verdächtige wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel wieder vor Gericht zu bringen.

Das Gesetz war im Dezember 2021 in Kraft getreten, nach heftigen Diskussionen im Bundestag. Es verstößt aber gegen das Grundgesetz, so die Karlsruher Richter. Das Grundgesetz schützt die Rechtssicherheit und verbietet es, jemanden mehrmals für dieselbe Tat zu verfolgen.

Die Richter begründeten zudem auch, dass das Gesetz nicht für alte Fälle gelten darf, die schon vorher rechtskräftig abgeschlossen waren. Das wäre eine unzulässige Rückwirkung.

Der Fall, der das Urteil auslöste, geht auf das Jahr 1981 zurück. Damals wurde eine Schülerin vergewaltigt und getötet. Der Angeklagte wurde 1983 freigesprochen, obwohl es schon damals Hinweise auf seine Schuld gab.

Im Februar 2022 wurde der Fall wegen neuer Beweismittel wieder aufgerollt. Es handelt sich um DNA-Spuren, die auf der Kleidung des Opfers gefunden wurden. Das Landeskriminalamt Niedersachsen hatte 2012 ein molekulargenetisches Gutachten (verbesserte DNA-Technik) in Auftrag gegeben, das die Übereinstimmung der DNA des früheren Angeklagten mit der DNA der Spermaspur am Slip der Getöteten zeigte. Experten sind sich sicher, dass der Mann der Täter ist. Er kann aber nicht nochmal angeklagt werden und bleibt frei. (cli)

FDP begrüßt Urteil

Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Katrin Helling-Plahr, begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. „Die Neuregelung der großen Koalition missachtet den verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass durch ein rechtskräftig gesprochenes Urteil Rechtsfriede geschaffen wird“, sagte Helling-Plahr der „Welt“. „Eine Reform, die eine praktisch endlose erneute Verfolgung eines Freigesprochenen auf Grundlage neuer Beweise ermöglicht, ist mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar. Als Gesetzgeber sind wir gut beraten, wenn wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts achten und Versuchungen, tragende Prinzipien unseres Rechtsstaats auszuhöhlen, künftig widerstehen.“

Dass irgendwann Rechtsfrieden einkehren müsse, sei auch für diejenigen wichtig, die unschuldig im Fokus stehen, sagte die FDP-Politikerin weiter. „Es darf nicht sein, dass sich Unschuldige lebenslänglich absichern müssen und lebenslänglich verfolgt werden können.“ (dts Nachrichtenagentur)

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