Mittwoch, 08. Mai 2024

Betriebsbedingte Kündigung – die Rolle der Sozialauswahl

2. Oktober 2023 | Kategorie: Ausbildung & Beruf, Ratgeber, Recht

Wenn in einem Unternehmen betriebsbedingte Kündigungen anstehen, fragen sich viele Arbeitnehmer, ob sie davon betroffen sind und nach welchen Kriterien diese Entscheidung getroffen wird. Ein zentraler Faktor bei dieser Entscheidung ist die sogenannte Sozialauswahl, die gesetzlich geregelt ist.

Betriebsbedingte Kündigungen resultieren aus wirtschaftlichen Entscheidungen des Arbeitgebers. Das heißt, die Gründe für die Kündigung liegen in der Unternehmenssituation und nicht im Verhalten des Arbeitnehmers. Auslöser können unter anderem die Einführung neuer Produktionsmethoden, Standortschließungen oder eine schwierige wirtschaftliche Situation sein. Steht der Arbeitgeber vor der Herausforderung, mehrere vergleichbare Mitarbeiter zu entlassen, ist er nicht frei in seiner Wahl. Sodann müssen gesetzlich vorgeschriebene soziale Kriterien berücksichtigt werden.

Vergleich von Arbeitnehmern – die erste Stufe

Die Sozialauswahl ist im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) normiert und beschäftigt sich mit der Frage, wem gekündigt werden darf. Mängel bei der Sozialauswahl können zur Unwirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung führen. In diesen Fällen ist von einer „sozialwidrigen“ Kündigung die Rede. Ziel der Sozialauswahl ist es, besonders schutzbedürftige Arbeitnehmer bevorzugt von betriebsbedingten Kündigungen auszunehmen. Schließlich haben nicht alle Arbeitnehmer die gleichen Möglichkeiten und Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Bei der Sozialauswahl muss der Arbeitgeber zunächst einen Kreis miteinander vergleichbarer Arbeitnehmer bestimmen. Arbeitnehmer sind vergleichbar oder austauschbar, wenn sie aufgrund ihres Arbeitsvertrages in der Lage wären, die Aufgaben eines anderen Arbeitnehmers zu übernehmen. Dieser Grundsatz wird als horizontale Vergleichbarkeit bezeichnet. In die Auswahl werden nur Arbeitnehmer einbezogen, die sich auf der gleichen Hierarchieebene befinden. Neben der hierarchischen Stellung müssen die betroffenen Arbeitnehmer auch fachlich vergleichbar sein. Das bedeutet, dass sie aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und Erfahrung in der Lage sein müssen, die jeweiligen Tätigkeiten nach einer angemessenen Einarbeitungszeit zu übernehmen.

Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten, Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur im Betrieb als essenziell gelten, können von der Sozialauswahl ausgenommen werden, falls der Betrieb ein berechtigtes Interesse an ihrer Weiterbeschäftigung zeigt.

Die Kriterien bei der Sozialauswahl

Das Kündigungsschutzgesetz legt fest, dass die Dauer der Betriebszugehörigkeit, also der rechtlich ununterbrochene Bestand des Arbeitsverhältnisses, als Kriterium für die Sozialauswahl dient. Dabei soll die Betriebstreue des Arbeitnehmers gewürdigt werden. Auch bei dem Thema Abfindung betriebsbedingte Kündigung spielt die Beschäftigungszeit eine wichtige Rolle. Nicht selten ist jedoch anwaltliche Hilfe erforderlich, um bestehende Ansprüche durchzusetzen.

Ein weiteres Auswahlkriterium kann das Alter des Arbeitnehmers sein. Gesundheitliche Aspekte, die mit zunehmendem Alter einhergehen, spielen dabei keine Rolle. Solange das Alter im Zusammenhang mit den Chancen auf dem Arbeitsmarkt oder den Rentenansprüchen steht, wird es nicht als diskriminierend angesehen. Von jüngeren Arbeitnehmern wird häufig erwartet, dass sie die Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche besser bewältigen können als ihre älteren Kollegen. Die Möglichkeit, vor dem 65. Lebensjahr in Rente zu gehen, kann ebenfalls eine Überlegung wert sein.

Darüber hinaus spielen auch Unterhaltspflichten eine Rolle, da Familienangehörige wie Kinder oder Ehepartner auf das Gehalt des Arbeitnehmers angewiesen sein können. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Anerkennung einer Schwerbehinderung nach § 152 SGB IX.

Bei der Bewertung und Einschätzung existiert keine Hierarchie unter den Kriterien, was bedeutet, dass jedes Kriterium gleichermaßen wichtig ist. Dem Arbeitgeber steht aber ein gewisser Ermessensspielraum zu. Er kann die Kriterien nach seinen eigenen Vorstellungen gewichten, solange er sicherstellt, dass jedes Kriterium angemessen berücksichtigt wird.

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