Donnerstag, 25. April 2024

ARD zeigt keine Winnetou-Filme mehr – Ravensburger zieht Kinderbücher aus dem Verkehr

Filmklassiker werden überprüft, ob sie „ins Programm passen“

26. August 2022 | Kategorie: Allgemein, Kultur, Nachrichten, Panorama

Karl May-Festspiele in Bad Segeberg.
Bild von Franz P. Sauerteig auf Pixabay

Seitdem der Verlag Ravensburger zwei „Winnetou“-Bücher nach Rassismus-Vorwürfen und einem Shitstorm einer kleineren, aber lauten Gruppe aus dem Verkauf genommen hat, gibt es eine emotionale Debatte um das Thema. Die treibt mitunter seltsame Blüten.

Millionen Menschen und viele Generationen sind mit Winnetou und Old Shatterhand aufgewachsen und haben die beiden Blutsbrüder bei ihren gemeinsamen Kämpfen gegen Schurken aller „ethnischen“ Gruppen begleitet und mitgefiebert. Rassismus? Von wegen. Für die damalige Zeit (1890er Jahre) sogar enorm fortschrittlich. Betrachtet man die Hollywood-Western der 50er und 60er Jahre, in denen die indigenen Völker Nordamerikas quasi immer die Bösen waren, sind Karl Mays Darstellungen sogar wegweisend. 

Dennoch wollen die ARD-Sendeanstalten keine Winnetou-Filme mehr ausstrahlen. Das könnte allerdings auch (mit) eine Lizenzfrage sein. Es würden keine Filme seit dem Auslaufen der Lizenzverträge mehr gezeigt, teilte die ARD mit. Für die Zukunft seien jedoch keine Lizenzkäufe mehr für die Winnetou-Filme geplant. Der Bayerische Rundfunk (BR) indessen will trotzdem auch „weiterhin Filmklassiker“ zeigen. „Im Einzelfall wird bei allen Filmen stets geprüft, ob der jeweilige Film in unser Programm passt“, sagte eine BR-Sprecherin.

Das ZDF hingegen besitzt weiterhin Ausstrahlungsrechte für diverse Karl-May-Filme, die in den nächsten Jahren „zur Sendung kommen“, wie ein Sprecher sagte.

Karl-May-Experte hält neues Winnetou-Buch für unbedenklich

Der Karl-May-Experte Andreas Brenne hat indessen die Entscheidung kritisiert, das Kinderbuch zum Film „Der junge Winnetou“ vom Markt zu nehmen. „Ich halte es für nicht richtig, ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen“, sagte Brenne der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der Verlag hätte sich vor diesem Schritt von Experten für das Werk Karl Mays und das Genre des Kinder- und Jugendbuchs beraten lassen sollen.

Der Ravensburger Verlag hatte das Buch nach massiver Kritik auf Instagram wegen angeblich falscher kultureller Aneignung aus dem Programm genommen. Nach Brennes Worten ist das Buch unbedenklich, weil ja schon in einer Vorbemerkung klargestellt werde, dass das Buch als fiktive Geschichte und nicht als sachgerechte Darstellung des Lebens indigener Völker zu verstehen sei. „Hier hat wohl die Angst der Marketingabteilung des Verlages, das Haus könne in Verruf kommen, das Vorgehen diktiert“, sagte Brenne, der als Professor für Kunstpädagogik und Kunstdidaktik an der Universität Potsdam wirkt und in der Karl-May-Gesellschaft an Programmfragen mitarbeitet.

Brenne warnte davor, den Vorwurf der falschen kulturellen Aneignung unreflektiert zu generalisieren. „Schon das Verkleiden als Indianer gilt dann als rassistischer Akt“, kritisierte Brenne, der zugleich Karl May selbst gegen den Vorwurf des Rassismus und Kolonialismus in Schutz nahm. Der Vorwurf gegen den Klassiker der Wildwestliteratur, er habe den Völkermord an den indigenen Völkern Nordamerikas ignoriert, sei falsch. In den 1893 publizierten Winnetou-Romanen werde das ja gerade geschildert. „Das ist ja gerade ein zentrales Motiv bei Karl May“, so Brenne. (dts Nachrichtenagentur/cli/Meinung) 

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