Freitag, 19. April 2024

Als Teil der Koalitionsverhandlungen: B90/Grüne Südwestpfalz fordern Mobilitätskonzept

2. April 2021 | Kategorie: Politik regional, Südwestpfalz und Westpfalz

Die Verbandsgemeinde Hauenstein (Südwestpfalz) präsentierte im Mai 2019 die neue Ladestation für Elektro-Fahrräder mit Schließfächern am „Tourist-Info-Zentrum Pfälzerwald“, Hauenstein. Von links Stefan Paulisch (Energieversorger „Pfalzwerke“), Sonja Spieß (Leiterin Tourist-Info), Werner Kölsch (damaliger Bürgermeister der Verbandsgemeinde).
Foto: W. G. Stähle

Südwestpfalz. Die Klimakrise gebiete rasches, rationales und zukunftsorientiertes Handeln zur Reduktion von Kohlendioxyd (CO2), stellt Dr. Björn Hayer, Vorsitzender des Kreisverbandes Südwestpfalz von Bündnis 90 / Die Grünen (B90/Grüne) fest.

Besonders im Fokus der Bestrebung müsse der mobilitätspolitische Umbau der Gesellschaft stehen, auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene. „Nachdem in den letzten Jahren entsprechende Weichenstellungen in der Südwestpfalz ausgeblieben sind, fordern wir als Grüne mit einem Mehrpunktepapier nun eine längst überfällige Wende“, erklärt Björn Hayer.

Sein Kreisverband habe für die Verhandlungen um eine Koalition im neugewählten Landtag Rheinland-Pfalz „Positionen und Wegmarken“ im Bereich Mobilität festgelegt. Diese adressiere man auch an Landrätin Susanne Ganster (Südwestpfalz).

Ausbau B10 soll gestoppt werden

Verlangt wird in diesem Mehrpunktepapier ein sofortiger Stopp des weiteren vierspurigen Ausbaus der B10 sowie eine Umleitung des europäischen Transitverkehrs auf die dafür ausgewiesenen europäischen TEN-Achsen und dort vor allem auf die darin integrierten Bahnstrecken.

„Hauptgründe für unser Insistieren sind zunächst umweltpolitische und naturschutzpolitische Erwägungen“, heißt es in der Mitteilung. Neben einer zu befürchtenden Zunahme des Verkehrs, insbesondere des Lkw-Transitverkehrs und der damit einhergehenden Mehrbelastung für Menschen, Tiere und Pflanzen falle ein unbotmäßiger Flächenverbrauch zusätzlich negativ ins Gewicht.

Ziel einer grünen Verkehrswende dürfe nicht sein, den Individualverkehr weiter zu erhöhen, sondern diesen durch „smarte Lösungen“ sukzessive zu vermindern. Darüber hinaus würden massive ökonomische Folgen durch einen fortschreitenden Ausbau befürchtet, allen voran zu prognostizierende Langzeitsperren und Umleitungen während einer voraussichtlich Jahrzehnte dauernden Phase. Dies könne den Wirtschaftsstandort Südwestpfalz erheblich beeinträchtigen.

Busse und Bahnen müssen attraktiver werden

Der Umstieg vom Auto in Busse und Bahn müsse attraktiver werden, lautet ein weitere Forderung. Das bedinge ein deutlich attraktiveres Angebot im Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV) auf den Hauptstrecken und in der Fläche. „Immer mehr Menschen in der Südwestpfalz werden auf öffentliche Verkehrsangebote angewiesen sein, auch weil der Anteil alter und hochbetagter Menschen in der Südwestpfalz überdurchschnittlich steigt“, sieht Björn Hayer voraus. Deshalb fordere sein Kreisverband eine bessere Streckenauslastung und Vertaktung der Bahn und zusätzliche Fahrtenpaare auf den Busstrecken.

Vorrangig sei der Ausbau der Bahnstrecke Zweibrücken – Pirmasens – Landau sowie die Einrichtung einer Regionalexpress-Verbindung, die schon über zehn Jahre im Raumordnungsplan Westpfalz gefordert sei. Dies betreffe eine Anbindung an die kommende S-Bahn Zweibrücken wie auch an das bereits bestehende S-Bahnnetz der Vorderpfalz.

Die S-Bahn sollte dazu von Zweibrücken aus nach Pirmasens, Landau, Neustadt und Germersheim verlängert werden. Dadurch würde gerade Pendlern eine Alternative zum Auto geboten. Ebenso müsse die längst überfällige Sanierung und Neugestaltung des Bahnhofs Pirmasens Nord endlich starten.

Dringend sei auch die Sanierung und Wiederaufnahme des Regelbetriebs der Wieslauterbahn und deren Einbindung in den Rheinland-Pfalz-Takt. Mit der Aufwertung dieser Strecke werde ein weiterer Schritt in Richtung Daseinsvorsorge im ÖPNV vollzogen.

Die Wochenendverkehre im Biosphärenreservat sollen durch den Einsatz von Bussen mit Fahrradtransport ergänzt werden. „Aus anderen touristischen Regionen in Rheinland-Pfalz wissen wir, dass diese Angebote nicht nur von den touristischen Gästen, sondern auch von der ortsansässigen Bevölkerung angenommen werden. Der bisherige Nahverkehrsplan lässt die Synergie zwischen Nahverkehrsangebot und regionalem Tourismus völlig außer Acht“, stellt Hayer fest.

Sein Kreisverband begrüße, dass der Landkreis die Verlängerung der S-Bahn nach Zweibrücken und die damit verbundene Verbesserung der ÖPNV Anbindung für den Westteil unseres Landkreises unterstützte. Dies müsse dann durch eine Verbesserung der Anbindung des Umlandes an den S-Bahn-Haltepunkt Zweibrücken ergänzt werden.

Insgesamt müsse die Anbindung an die Grund- und Mittelzentren der Region unter Einschluss des angrenzenden Landkreises Kaiserslautern überarbeitet werden, ebenso die Verbindung dazwischen. „Es muss ja mit dem Angebot zusammenhängen, wenn Strecken wie zwischen Zweibrücken und Landstuhl täglich von mehreren Tausend Fahrzeugen frequentiert werden, aber das Busangebot außer im Ausbildungsverkehr für die Bevölkerung der Sickingerhöhe keine Alternative darstellt“.

Dr. Björn Hayer, Vorsitzender Kreisverband Südwestpfalz Bündnis 90 / Die Grünen
Foto: Pressefoto

Integrales Radwegekonzept soll geschaffen werden

Man treten zudem für ein integrales Radwegekonzept ein, heißt es in der Mitteilung weiter. Dieses müsse insbesondere im Hinblick auf die touristische Infrastruktur mit berücksichtigt werden. Das Freizeit-Radwegenetz in der Südwestpfalz halte beispielsweise im Wieslautertal, im Wieslauterquellgebiet und im Queichtal attraktive Angebote bereit, die aber über die Kreisgrenzen und in die weiteren touristisch wichtigen Bereiche, beispielsweise „Mühlenland“, „Historama Hornbach“, besser angeschlossen und an den Wochenenden auch mit Fahrradtransporten im ÖPNV verknüpft werden sollten.

„Dazu gehört natürlich auch neben einer angemessenen Beschilderung und besseren Pflege vorhandener Strukturen die Schaffung eines kreisüberschreitenden Radwegenetzes sowie eine Optimierung der Möglichkeiten des Alltagsradverkehrs.“ Letzterer sei für eine Verringerung schädlicher Verkehrsemissionen noch wichtiger als der Freizeitverkehr. Mit entsprechenden Maßnahmen, für die im Übrigen unterschiedliche Fördermittel zur Verfügung stünden, könnten sich einige Pendler zum völligen oder Teilumstieg auf den Radverkehr bewogen fühlen, so Kommunalpolitiker Hayer.

Mobilitätszentren sollen eingerichtet werden

„Wir befürworten die Einrichtung von „Mobilitätszentren“ wie dasjenige, das an der Biebermühle avisiert wird. Dadurch ergäben sich Synergieeffekte und eine bessere Verzahnung unterschiedlichster Mobilitätsformen. Von besonderer Relevanz erweist sich für uns – damit verbunden – die schrittweise Einrichtung eines kreisweiten Car-Sharing-Systems. Da in der mittelfristigen Zukunft das autonome Fahren die Mobilitätsverhältnisse nachhaltig verändern dürfte, sollte darin – unter weiterer Einbeziehung ethischer Fragen – auch eine Chance für die ländliche Daseinsvorsorge gesehen werden“.

Gerade Personen die nicht mehr aktiv am Straßenverkehr teilnehmen könnten, würde durch ein „smartes, fahrerloses Transportsystem“ besseren Zugang zu medizinischen Einrichtung sowie Geschäften für den alltäglichen Lebensbedarf erhalten.

Hohe Bandbreitenleistung dringend notwendig

Die Infrastruktur schließe heute längst nicht mehr nur physische Wege und Straßen ein, sondern gleichsam die virtuellen, stellt Hayer fest. „Um unseren Standort in wirtschaftlicher Hinsicht wieder attraktiv zu machen beziehungsweise Unternehmen an die Gemeinden zu binden, ist eine sichere und beständige, hohe Bandbreitenleistung dringend notwendig.“

Da insbesondere im Pirmasenser Umland schon seit mehreren Monaten eine Bandbreitenstörung vorliege, die nicht behoben werde, forder man die „politischen Akteure“ zu einer Intervention bei den zuständigen Netzbetreibern auf, hauptsächlich Telekom und Vodafone. Zudem müsse ein flächendeckender Ausbau mit Glasfaserkabel realisiert und eine Versorgung mit Mobilfunk in allen Ortschaften endlich sichergestellt werden.

Appell an die politisch Verantwortlichen im Land

Appelliert werde an die regionalen Planungsstellen und politisch Verantwortlichen. Mobilität ende aber nicht an den Grenzen des Kreisgebiets, sondern erforderte überregionales und kohärentes Handeln. „Daher versprechen wir, uns bei etwaigen Koalitionsverhandlungen für die Umsetzung besagter Punkte zu engagieren“, kündigt Björn Hayer für seinen Kreisverband an.
(Werner G. Stähle)

Die Verbandsgemeinde Hauenstein (Südwestpfalz) präsentierte im Mai 2019 die neue Ladestation für Elektro-Fahrräder mit Schließfächern am „Tourist-Info-Zentrum Pfälzerwald“, Hauenstein. Von links Stefan Paulisch (Energieversorger „Pfalzwerke“), Sonja Spieß (Leiterin Tourist-Info), Werner Kölsch (damaliger Bürgermeister der Verbandsgemeinde). Foto: W. G. Stähle

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