Schwere Vorwürfe gegen Professor Dr. Heiligenthal: Zensurmaßnahmen gegen studentische Gremien

25. März 2014 | Kategorie: Allgemein, Landau, Politik regional, Regional

 

Professor Dr. Roman Heiligenthal. Ein Student erhebt schwere Vorwürfe gegen ihn.
Foto: Ahme

Landau. Rainer Winters erhebt schwere Vorwürfe gegen den amtierenden Präsidenten der Universität Koblenz-Landau, Professor Dr. Roman Heiligenthal.

Rainer Winters ist Student der Umweltwissenschaften und Politikwissenschaften an der Universität Landau (7. Semester) und war bis Januar 2014 Studentischer Vertreter im Fachbereichsrat 7. Winters engagiert sich außerdem als Mitglied im Klimaschutzbeirat der Stadt Mainz, ist Mitglied im Berufsverband Umweltwissenschaften, Aktiver Unterstützer von Mehr Demokratie e.V., von abgeordnetenwatch.de, von Transparency International e.V. sowie von Lobbycontrol – Initiative für Transparenz und Demokratie.

Winters: „Seit über sieben Monaten verantwortet Heiligenthal Zensurmaßnahmen gegen studentische Gremienvertretungen am Campus Landau. Als Letztere über seine jüngsten Aussagen zur Zensur berichten wollen, unterbindet er auch diese Rundmail innerhalb der Hochschule und droht mit der Staatsanwaltschaft. Ein Anschlag gegen die Demokratie mitten in einer zentralen Bildungsstätte des Landes Rheinland-Pfalz. Kritische Meinungen werden neutralisiert.“

Die Vorwürfe wiegen schwer: Sind die Zensurmaßnamen an der viertgrößten Hochschule von Rheinland-Pfalz von höchster Stelle angeordnet? „Heiligenthal gibt sich verschlossen“, sagt Winters. „Doch der Druck auf den ehemaligen Studentenpfarrer und Professor für Bibelwissenschaft wächst“.

Die Entwicklungen im Überblick, wie sie Rainer Winters beschreibt:

„Juni 2013: Nach den Enthüllungen Snowdens beschließt das Studierendenparlament Landau, alle Studierenden via Rundmail über Möglichkeiten der Verschlüsselung zu informieren. Die Rundmail wird von der Hochschulleitung zensiert. Erst nach starkem Druck wird sie freigeschaltet. Wichtig: Das StuPa benutzt den explizit für solche Fälle eingerichteten Rundmail-Server.

Juli 2013: Aus dem politisch brisanten natur- und umweltwissenschaftlichen Fachbereich 7 berichtet ein studentischer Gremienvertreter wie das Dekanatsteam versucht, den Platz des studentischen Vertreters im wichtigen Ausschuss für Studium und Lehre heimlich zu besetzen.

Die Rundmail des Studentenvertreters wird nach wenigen Tagen nachträglich deaktiviert. Er selber wird von der Zensur nicht informiert. Erst nach acht Wochen starkem Druck der Studenten begründet die Hochschule die Zensur mit dem unangenehmen Inhalt der Rundmail.

November 2013: Aus dem politisch brisanten naturwissenschaftlichen Fachbereich 7 will derselbe studentische Gremienvertreter über die Zensurmaßnahmen berichten. Die Hochschulleitung unterbindet auch diesmal eine Freigabe der Rundmail aufgrund kritischer Bemerkungen.

Dezember 2014: Aufgebrachte Studenten stellen Heiligenthal zur Rede angesichts der Zensurmaßnahmen. „An unserer Hochschule machen wir keine Zensur. Zensur wurde in der DDR ausgeübt und dort kamen Menschen ins Gefängnis. Mehr sage ich dazu nicht“, verteidigt sich  Heiligenthal auf der letzten Sitzung des Jahres des Fachbereichs. Angesichts dieses Ausweichmanövers wird ihm in einem symbolischen Akt der ukrainische „Kürbis des Missbehagens“ überreicht.

Januar 2014: Der Bericht über die Weigerung Heiligenthals wird abermals zensiert. Die freie Meinungsäußerung innerhalb der Hochschule ist passé, auch wenn die Campuszeitung La.Uni noch berichten darf.

Als Studierende fordern, dass die Rundmail freigeschaltet wird, folgt Heiligenthals Drohung mit staatsanwaltlicher Prüfung: „Sollten Sie dennoch an Ihrer Absicht des Mailversands festhalten wollen, … müssten wir den Vorgang an die Staatsanwaltschaft abgeben, um zu prüfen, ob die von Ihnen aufgestellten Behauptungen und Verstöße gegen das Hochschulgesetz von Relevanz sind.“ Der Gremienvertreter wünscht die Freigabe der Nachricht. Heiligenthal schaltet die Staatsanwaltschaft ein, die Rundmail wird trotzdem nicht freigeschaltet. Der politische Stil des Präsidialamts sinkt auf einen Tiefpunkt,“ so Winters chronologische Beschreibung der Vorfälle.

Das Präsidialamt der Universität Koblenz-Landau liegt in Mainz. Winters sieht die Uni als eine der jüngsten Universitäten Deutschlands mit stark wachsenden Studierendenzahlen vor großen Herausforderungen für Verwaltung und Finanzierung stehen.

Er befürchtet, dass „insbesondere in-transparente Verwaltungstätigkeiten zur politischen Ausschaltung der demokratisch verankerten studentischen Gremienvertretung und damit verbundenen ungerechten Prüfungssituationen“ führen könnten.

Seit einigen Jahren vorenthalte das Präsidialamt den Studierendenvertretungen in den wichtigen  Fachbereichsräten  geeignete Kommunikationsmedien. Stellung, Funktion und Sinn der studentischen Selbstverwaltung seien gefährdet. „Der Maulkorb für studentische Gremienvertreter bedeutet die Untersagung jeglicher Vernetzung untereinander. Fächer-übergreifend Studierende aus den Bereichen Erziehungswissenschaften und Kultur- und Sozialwissenschaften dürfen von ihren Studentenvertretern nicht über Neuerungen von Prüfungsordnungen informiert werden“, so Winters.

Damit werde die organisatorische Verknüpfung der fächer-übergreifenden Studiengänge der Fachbereiche Erziehungswissenschaften, Kultur- und Sozialwissenschaften und Natur- und Umweltwissenschaften zur zentralen Herausforderung der Universität in Landau. „Nach den Untersuchungen der Staatsanwaltschaft Koblenz am Campus Koblenz steht Heiligenthal somit vor der nächsten großen Herausforderung“, vermutet der zukünftige Politikwissenschaftler.

Auf den zweiten Blick offenbare sich aber eine noch erschreckendere Aussicht. Winters fragt: „Beflügelt die gezielte Unterbindung studentischer Mitsprache an Universitäten die Erziehung der neuen Generation zum Kadavergehorsam? Sollten Universitäten gerade in demokratischer Hinsicht nicht eine gesellschaftliche Vorbildfunktion einnehmen? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Mainz sieht hier große Gefahren und hat sich daher der Thematik angenommen.“

Die Sache zieht weitere Kreise: der ASTA hat deswegen ein eigenes Refereat eingerichtet für Meinungsfreiheit und Datenschutz. (red/desa)

Rainer Winters: Der Student der Politikwissenschaften wirft Heiligenthal Zensur vor.
Foto: privat

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2 Kommentare auf "Schwere Vorwürfe gegen Professor Dr. Heiligenthal: Zensurmaßnahmen gegen studentische Gremien"

  1. Was ist das:

    „politisch brisanten naturwissenschaftlichen Fachbereich 7“

    Liegt hier eine Verwechselung vor? Ich dachte, Universitäten dienten der Gewinnung und Vermittlung von Erkenntnis, dass an Universitäten „politisch brisante“ Fachbereiche vorhanden sind, ist mir neu. Mir scheint der Student der Politikwissenschaft, verwechselt ein Fach, das ich auch studiert habe, mit politischer Agitation. Das Ziel von Politikwissenschaft besteht u.a. darin, politische Strukturen zu erforschen und politische Systeme zu evaluieren, nicht darin, vermeintlich politisch Brisantes zu phantasieren. Für letzteres sind Parteien zuständig, die bekanntermaßen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen auf Kriegsfuß stehen, vermutlich, weil sie mit „politisch Brisamtem“ und nicht mit empirisch Relevantem beschäftigt sind.

  2. Rainer Winters sagt:

    Ja! Der universitätspolitisch brisante Fachbereich 7. Noch mag er nur universitätspolitisch brisant erscheinen. Schon bald mag er gesellschaftspolitisch brisant erscheinen.

    Schade, dass Herr Klein nach seinem Studium der Politikwissenschaften als ehemaliger Absolvent solche Defizite aufweist im Erkennen des Politischen an sich. Sein Kommentar wäre entschuldbar, hätte er das Universitätsleben nicht von innen erlebt.

    Dass Informationen aus den so wichtigen Universitäten kaum an die Öffentlichkeit treten, liegt u. a. an den Mainstreammedien. Daher sei dem Pfalz-Express gedankt, den Bürgerinnen und Bürgern ein Fenster in die gerne verschlossen gehaltene Bildungsstube der Universitäten zu ermöglichen.