ZSPNV Süd: Kriterien des Bundes für Reaktivierung von Bahnstrecken müssen überarbeitet werden – Resolution einstimmig beschlossen

Ergebnisse der Kosten-, Nutzenuntersuchungen für die Bahnstrecke Germersheim – Landau sowie das Stadtbahnkonzept Landau – Herxheim – Rülzheim (-Karlsruhe) liegen vor

3. Dezember 2020 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau

Symbolbild: Pfalz-Express

Die Reaktivierungskriterien des Bundes für die Bewertung von Schienenprojekten müssen überarbeitet werden. Dies ist der Tenor einer Resolution der Mitgliederversammlung des Zweckverbands Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Süd (ZSPNV Süd) am 3. Dezember 2020.

Anlass ist die Vorlage der Untersuchungsergebnisse zur Reaktivierung der Eisenbahnstrecke Landau – Germersheim und eines Stadtbahnprojekts Landau – Herxheim – Wörth – Karlsruhe. Danach erreichen beide Projekte nicht die für eine Förderung notwendige Schwelle eines Nutzen-Kosten-Indikators von 1.

Die Karlsruher Bahningenieure des Beratungsunternehmen ptv hatten im Auftrag des Landes, des ZSPNV Süd, der Landkreise Südliche Weinstraße und Germersheim und der Stadt Landau zahlreiche Varianten untersucht, um zu ermitteln, welches Fahrplankonzept welche Nachfrage auf der Schiene erzeugen würde. In Verbindung mit den Investitions- und Betriebskosten für die Revitalisierung wurde dann, gemäß der Vorgaben des Bundes, ein Nutzen-Indikator ermittelt.

Die Ergebnisse sind Momentaufnahme

Für die Strecke Germersheim – Landau wurde berechnet, dass das Fahrgastaufkommen relativ hoch sei, werktäglich würden bis zu 560 Neukunden für den ÖPNV gewonnen. Allerdings sind die ermittelten Infrastrukturkosten ebenfalls hoch, weshalb derzeit kein grünes Licht für eine Reaktivierung gegeben werden kann, erklärt Landrat Dr. Fritz Brechtel, Vorsitzender des ZSPNV Süd. „Wir möchten nun in einem weiteren Schritt die Infrastrukturkosten näher betrachten und setzen außerdem darauf, dass neue, stärker gewichtete ökologische Kriterien in den künftigen Vorgaben des Bundes für eine Kosten-, Nutzenuntersuchung die Chancen für die Reaktivierung steigen lassen.“

Auch für die Strecke Landau – Herxheim und die angedachte Neubautrasse als Anbindung zur Karlsruher Stadtbahn gebe man nicht auf. Zwar sei das vorliegende Ergebnis deutlich schlechter als das zur Strecke Landau – Germersheim, „aber wir sehen auch diese Untersuchung als qualifizierte Momentaufnahme.“

Man setze daher darauf, dass die künftigen Vorgaben für die sogenannte „Standardisierte Bewertung“ den ÖPNV deutlicher als bisher stärkten. Der Bund plant diese Vorlage in erst zwei Jahren. „Wir drängen darauf, dass diese Überarbeitung aber mit hoher Priorität erfolgt und im kommenden Jahr abgeschlossen wird“, so Brechtel. „Wir werden dann mit den hoffentlich künftig deutlich stärker gewichteten Kriterien in punkto Klima- und Umweltschutz beide Kosten-, Nutzenuntersuchungen erneut durchführen.“

„Geben uns nicht zufrieden“

„Wir geben uns mit dem negativen Ergebnis der der Kosten-Nutzungsuntersuchungen für eine Reaktivierung der derzeit stillgelegten Bahnstrecken Landau-Germersheim sowie Landau-Herxheim-Rülzheim nicht zufrieden und fordern den Bund auf, eine Untersuchung anhand moderner Kriterien vorzunehmen. Dazu gehören insbesondere Umweltschutzkriterien und Aspekte der Energiewende, die bisher keine Rolle spielen. Eine entsprechende Resolution haben wir heute verfasst“, erklären die Landräte Dietmar Seefeldt (SÜW) und Dr. Fritz Brechtel (GER) sowie Oberbürgermeister Thomas Hirsch (LD) und Bürgermeister Marcus Schaile (Stadt GER). Sie halten an einer erneuten Nutzen-Kosten-Analyse fest, „denn wie soll der Schienenverkehr gefördert werden, wenn Umweltkriterien bei einer Einschätzung keine Rolle spielen?“

Mit neuen Schienenverkehrsangeboten solle schließlich das Umsteigen vom PKW in den ÖPNV erleichtert, ein Beitrag zur Erreichung der Klimaziele geleistet und die Erschließungswirkung von Bussen und Bahnen verbessert werden. „Allerdings drohen selbst vielversprechende Projekte daran zu scheitern, dass der als Fördervoraussetzung für Bund und Land zwingend notwendige positive volkswirtschaftliche Nutzen als mathematischer Faktor nicht erreicht wird“, machen Seefeldt, Brechtel, Schaile und Hirsch deutlich.

Einstimmig beschlossene Resolution zu den Bewertungskriterien

In seiner einstimmig beschlossenen Resolution zur Überarbeitung der Kriterien fordert der ZSPNV Süd:

  • Eine verstärkte Bewertung von Schadstoffeinträgen einschließlich klimarelevanter Treibhausgase wie CO2 sowie
  • der Flächenverbrauch des PKW-Verkehrs und
  • lokale und nachhaltige Güterverkehrskonzepte

Daneben sollten Wege gefunden werden, die Zukunftsoptionen reaktivierter Eisenbahntrassen und deren Funktionalität volkswirtschaftlich zu bewerten. Dazu gehören

  • die Netzwirkung von reaktivierten Strecken bei beidseitiger Anbindung
  • die grundsätzliche Erhaltung öffentlicher Infrastruktur

und schließlich, insbesondere bei Strecken außerhalb der Ballungs- und Verdichtungsräume

  • die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse zur Stärkung des ländlichen Raums

„Es geht nicht nur um die beiden Strecken in der südlichen Pfalz. Das Thema Bewertung betrifft alle Strecken, deren Reaktivierung geprüft werden sollen. Hierzu gehört beispielsweise im Bereich des ZSPNV Süd auch die Glantalbahn mit Anschluss an die Strecke Saarbrücken – Mainz“, sagt Brechtel.

Der Bund wolle mehr Verkehr auf die Bahn verlagern und müsse deshalb dafür sorgen, „dass ökologische Effekte besser berücksichtigt werden und Schienenverkehrsprojekte auch außerhalb der Ballungsräume zu Zukunftsprojekten werden.“

 

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