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Vom Zwischenlager zum möglichen Endlager: „Strahlende“ Zukunft für Philippsburg?

18. Mai 2015 | Kategorie: Allgemein, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional

Das Gebäude in Philippsburg entspricht nicht den Anforderungen gegen gezielten Absturz eines Flugzeuges oder einer panzerbrechenden Waffe.
Foto: BUND

Philippsburg/Römerberg. „300.000 Kubikmeter Atommüll, davon über 17.000 Tonnen hoch radioaktiver wärmeentwickelnder Abfälle: eine „gefährliche Erblast“ haben die Atomkraftbetreiber der Bevölkerung in Deutschland überlassen“ empört sich der BUND.

Es gäbe keine ersichtliche Perspektive einer Endlagerung, die den größtmöglichen Schutz für Mensch und Natur sicherstellen könne, zumal der Atommüll ja weiter zunimmt.

„Die Geschichte des Atommülls in Deutschland (und nicht nur hierzulande) ist eine Geschichte der Unverantwortlichkeiten, des politischen und fachlichen Betrugs und politischer und unternehmerischer Skandale“, stellt der BUND fest.

Beunruhigende Berichte sprechen nun davon, dass die von der Bundesregierung geplante Bergung von rund 126.000 Fässern mit schwach- und mittelstrahlendem Atommüll aus dem maroden Bergwerk Asse in Niedersachsen scheitern könne.
Darauf deutet zumindest eine vorläufige Analyse der Probebohrungen durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hin.

Darin heißt es, dass der für die planmäßige und sichere Bergung nötige „Schacht 5“ nach den bisherigen Untersuchungserkenntnissen womöglich nicht an der vorgesehenen Stelle gebaut werden kann. Bestätigt sich dieses Zwischenergebnis, steht die Rückholung der Fässer insgesamt in Frage.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hatte als Betreiber der Schachtanlage Asse 2 mehrfach darauf verwiesen, dass im Wesentlichen nur ein Standort für den Bau eines Bergungsschachtes in Betracht kommt. Andere Bohrplätze scheiden aus, weil der Untergrund durch den jahrzehntelangen Salzbergbau dort zu stark ausgehöhlt ist oder weil der Schacht zu nahe an unsicheren Gesteinsformationen entlang führen würde.

Am verbleibenden Standort „Remlingen 15“ wurde seither eine Erkundungsbohrung gemacht, deren Ergebnisse derzeit ausgewertet werden.

Im ehemaligen Salzbergwerk Asse wurden zwischen 1967 und 1978 schwach- und mittelradioaktive Abfälle aus Atomkraftwerken, Forschungseinrichtungen und der kerntechnischen Industrie eingelagert. Weil das Grubengebäude inzwischen in Teilen instabil geworden ist und Wasser einsickert, plant das Bundesamt für Strahlenschutz die Rückholung der rund 126.000 Fässer. Die Bundesregierung hatte 2013 die schnellstmögliche und sichere Bergung der Fässer in einem „Lex Asse“ genannten Bundesgesetz als primäres Ziel definiert.

Asse- na ja, das ist ja weit weg von Rheinland-Pfalz, sagen Manche und bedenken nicht, dass ganz in der Nähe, in Philippsburg, genau diese Probleme auf die Bürger zukommen. Auch hier stellt sich die Frage „wohin mit dem Atommüll?“

In Römerberg hatte die Bürgerinitiative „Kein Zwischenlager in Philippsburg“ und der Rat der Ortsgemeinde Römerberg zu einer Infoveranstaltung ins Zehnthaus über den Rückbau von KKP 1 eingeladen.

Die Stilllegung der Anlage Philippsburg 1 (KKP1) war 2013 aufgrund der 13. Atomgesetz-Novelle beantragt, KKP1 dann auch abgeschaltet worden. Philippsburg 2 ist noch in Betrieb.

Der Vorsitzende der Bürgerinitiative Jürgen Schall stellte eine Resolution zur Diskussion vor, die ein geplantes Reststoffbearbeitungszentrum sowie ein Abfalllager verhindern soll.

Im gut gefüllten Berghausener Zehnthaus waren Vertreter verschiedener Gemeinden, Stadträte, Umweltschützer und interessierte Bürger zugegen. Offensichtlich gibt es ein großes Informationsbedürfnis bei der Bevölkerung rund um das Kernkraftwerk Philippsburg und darüber hinaus, denn ein atomarer Zwischenfall beträfe viele Menschen.

Harry Block vom BUND Karlsruhe ist Vorstandsmitglied des BUND Mittlerer Oberrhein und Sprecher der kritischen Aktionäre bei der EnBW. Er war von Jürgen Schall, Sprecher der Bürgerinitiative, eingeladen worden, um  die zentralen kritischen Punkte beim beantragten Rückbaukonzept vorzutragen.

Jürgen Schall (links) bedankt sich bei Harry Block für einen informativen Abend.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Block äußerte sich im Verlauf der Veranstaltung auch zu dem „Brunsbüttel-Urteil“ und stellte dar, welche Konsequenzen das Urteil für den Standort Philippsburg haben könnte.

Emotionalität und profundes Sachwissen: Block veranschaulichte in seinem Bild-Vortrag die desolate Situation, in der sich nicht zuletzt auch der Betreiberkonzern EnBW befindet, der außerdem in allem sehr unkonkret bleibe.

Zur Gefahr einer Kernschmelze bei Philippsburg 2 käme auch die Gefahr einer Konzernschmelze, sagte Block. Die EnBW fahre Verluste im hohen dreistelligen Millionenbereich ein. „Milliarden wird der Abriss kosten und weitere Millionen für die Suche und den Bau eines sicheren Endlagers für hochstrahlende Brennelemente.

Das Sparen an der falschen Stelle kann jedoch sowohl beim laufenden Atomreaktor als auch beim Abriss verheerende Folgen nach sich ziehen.“ Das Rückbauvorhaben könne sich auf bis zu 50 Jahre ausdehnen. Das Gefährliche dabei: Auch Radioaktivität in nicht geringem Ausmaß kann dabei frei gesetzt werden: „Es kann kritisch werden“, so Block.

Bedenkliche Minen gab es bei Blocks Ausführungen, die gravierende Sicherheitsstandards bemängelten. Genau auf diese bezieht sich die Resolution des Gemeinderates der Stadt Phillipsburg.

Gefordert wird darin eine „Umweltverträglichkeitsprüfung der beantragten Lager- und Dekontaminationsstätte für schwach- und mittelradioaktive Stoffe“. „Die bisher vorgelegten Infos zu Emissionen und Betrieb sind völlig unzureichend und nicht aussagefähig“ ist in der Resolution ausgeführt.

Schall hatte sich gewünscht, dass der Speyerer Stadtrat „Flagge zeigt“. Inzwischen wurde die von den Grünen eingebrachte Resolution im Speyerer Gemeinderat auch einstimmig beschlossen.

Spannend wird es am 16. bis 18. Juli: dann wird in der Festhalle Philippsburg ein Erörterungstermin stattfinden. (desa/red/dts Nachrichtenagentur))

Harry Block: „Wir müssen alles tun für unsere Sicherheit und die unserer Kinder“.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

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