Ungarisches Parlament stimmt für Notstandsgesetz – Union und FDP kritisieren Orbáns Gesetz

30. März 2020 | Kategorie: Nachrichten

Viktor Orban, ungarischer Ministerpräsident.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Budapest – Das ungarische Parlament hat für ein Notstandsgesetz gestimmt, welches das Parlament in der Corona-Krise faktisch entmachtet. Das Gesetz wurde am Montagnachmittag mit der Zweidrittelmehrheit der Regierungspartei Fidesz von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán verabschiedet.

Zuvor hatten die Oppositionsparteien und mehrere Menschenrechtsorganisationen das Notstandsgesetz der ungarischen Regierung heftig kritisiert, da es nach ihrer Auffassung drastische Maßnahmen beinhaltet.

Das Gesetz enthält unter anderem die Bewilligung von besonderen Machtbefugnissen für die ungarische Regierung über einen unbegrenzten Zeitraum, die die parlamentarische Kontrolle reduzieren. Laut dem ungarischen Grundgesetz ist das Parlament bei Gefahrensituationen wie etwa Naturkatastrophen und Industrieunfällen, bei Gefahr eines bewaffneten Angriffs von außen oder im Rahmen von Bündnisverpflichtungen berechtigt, mit einer Zweidrittelmehrheit eine sogenannte „präventive Verteidigungssituation“ auszurufen.

Dadurch wird die Regierung ermächtigt, unter Umgehung des sonst üblichen Gesetzgebungsverfahrens mit Verordnungen zu regieren, die so lange gelten, bis die Verteidigungs- bzw. die Gefahrensituation endet. Die „präventive Verteidigungssituation“ wird zwar vom Parlament befristet, aber sie kann beliebig verlängert werden. Für das Notstandsgesetz wurde zudem die parlamentarische Kontrolle der Gefahrensituation ausgehebelt.

Laut dem ungarischen Grundgesetz muss das Parlament eigentlich alle 15 Tage bestätigen, dass eine Gefahrensituation besteht. Dies ist mit dem neuen Notstandsgesetz nicht mehr notwendig.

Union und FDP kritisieren Orbáns Notstandsgesetz

Das neue Notstandsgesetz in Ungarn stößt in Deutschland auf massive Kritik. „Der Beschluss des ungarischen Parlaments ist eine weitere inakzeptable Einschränkung der Demokratie und der bürgerlichen Freiheiten in Ungarn, die mit EU-Standards nicht vereinbar ist“, sagte der CDU-Außenpolitiker Johann Wadephul dem „Tagesspiegel“.

Die EU-Kommission müsse Ungarn „klipp und klar deutlich machen, dass jetzt eine Grenze überschritten wurde.“ Eine solche „Selbstentmachtung“ des Parlaments auch in Zeiten der Corona-Pandemie sei „in der EU beispiellos und nicht notwendig“, so der CDU-Außenpolitiker weiter.

Andere Parlamente hätten gezeigt, dass sie unter Wahrung ihrer Rechte schnell die notwendigen Entscheidungen treffen könnte, damit die jeweilige Regierung handlungsfähig bleibe, sagte Wadephul. Auch der europapolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Georg Link, hob hervor, die Corona-Krise dürfe „kein Blankoscheck“ sein.

Orbáns Notstandsgesetz gehe über alles hinaus, was in einer Krise zulässig sei. „Es verstößt sowohl gegen die Regeln der EU als auch gegen die des Europarats“, sagte Link dem „Tagesspiegel“.

Damit führe Orbán sein Land in die Isolation. Bundesregierung, EU-Kommission und Europarat müssten „alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten prüfen, um gegen die ungarische Regierung vorzugehen, zum Schutz demokratischer Werte in Europa und zum Schutz der ungarischen Bevölkerung gegen einen Ministerpräsidenten, der seine Macht in der Art eines Ermächtigungsgesetzes zementieren will“, so der FDP-Politiker. (dts nachrichtenagentur)

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