Speyer – Mehrere tausend Gläubige besuchten an den Ostertagen die festlich gestalteten Ostergottesdienste im Speyerer Dom.
In der Osternacht feierten sie die Auferstehung Jesu als Höhepunkt des Karwoche und des gesamten Kirchenjahrs. „Als Kind habe ich mich immer gefragt, warum in die schöne, neue Osterkerze fünf rote Nägel gesteckt werden.“ Diesen Ritus, der am Beginn der Osternachtsfeier steht, wählte Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann zum Ausgangspunkt seiner Osternachtspredigt im vollbesetzten Speyerer Dom. Die fünf Nägel seien ein Symbol für die fünf Wunden Jesu.
„Indem der Auferstandene seine Wunden zeigt, beweist er, dass er wahrhaft auferstanden ist.“ Als Mensch habe Jesus sich nicht gescheut, Wunden anderer Menschen zu berühren und sich von ihnen berühren zu lassen. Gott verstecke die Wunden der Leidenden nicht, sondern rehabilitiere die Opfer. In den Wunden Jesu zeige sich seine Liebe zu den Menschen, seine Wertschätzung für alle, die sich für Obdachlose, Kranke, Alte, für ihre Familien aufopferten.
Den Menschen falle es oft schwer, verwundbar zu sein, aber „die Wunden Jesu können uns helfen, auch zu unseren eigenen Wunden zu stehen“, so Bischof Wiesemann.
Die Osternacht hatte in der Vorhalle des Doms mit dem Osterfeuer begonnen. Bischof Wiesemann segnete das Feuer und entzündete daran die Osterkerze. Nach dem Einzug in die dunkle Kathedrale wurde das Licht an die Gläubigen weitergegeben, deren brennende Kerzen den Dom mit Licht erfüllten.
Für die festliche musikalische Gestaltung der Osternachtsfeier sorgte die Schola Cantorum Saliensis unter der Leitung des stellvertretenden Domorganisten Christoph Keggenhoff, die Kantorenschola und die Dombläser unter der Leitung von Domkapellmeister Markus Melchiori, Domkantor Alexander Lauer sowie an der Orgel Domorganist Markus Eichenlaub. Zu hören waren Werke von Palestrina, Ledger, Tambling und Franz Schmidt.
Die Vision eines freien und geeinten Europas bewahren
Die Auferstehung ereigne sich als „stille Revolution Gottes“, so Bischof Wiesemann in seiner Predigt am Ostersonntag. Das „neue Lied der Auferstehung“ sei kein aufgezwungenes Marschlied der Soldaten, kein Revolutionslied mit erhobener Faust. Es beginne von innen her und komme durch die „Macht der Freude, die sich wie Licht ausbreitet.“
Papst Johannes Paul II, der zusammen mit Papst Johannes XXIII am Barmherzigkeitssonntag heiliggesprochen wird, habe das neue Lied der Auferstehung sehnsüchtig in sich getragen. „Ohne dieses Lied hätte er niemals die Kraft gehabt, so viele Menschen zu bewegen, so dass Mauern und Grenzen, die die Welt zuvor geteilt haben, zu Fall gebracht wurden“, sagte Bischof Wiesemann im Blick auf den Fall der Mauer vor 25 Jahren.
Er erinnerte an die Vision eines freien, geeinten Europas „vom Atlantik bis zum Ural“, die Johannes Paul II bei seinem Besuch in Speyer 1987 entworfen hat. „Erschrocken erleben wir in diesen Tagen, wie sich in Europa Szenarien aufbauen, die wir gehofft hatten, überwunden zu haben, und die uns an den Kalten Krieg erinnern“, gab der Bischof seiner Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ukraine Ausdruck.
Die an vielen Orten Europas neu erwachenden Nationalismen ließen vergessen, „was für ein gewaltiges Werk die europäische Versöhnung nach den Katastrophen des letzten Jahrhunderts ist“. Nur der Glaube könne die Wunden der Menschheit und ihrer Geschichte heilen.
Der Mädchenchor, die Domsingknaben, der Domchor und das Domorchester führten im Rahmen des festlichen Gottesdienstes die Trinitatismesse von Wolfgang Amadeus Mozart und das „Halleluja“ aus dem „Messiah“ von Georg Friedrich Händel auf. (is)
Die Predigt von Bischof Wiesemann im Wortlaut:
http://cms.bistum-speyer.de/www2/index.php?myELEMENT=271152&mySID=2a68e4d8b5136fae730b99cd2136db3a
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