Berlin – Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat beim Bundestag offiziell die Stellung der Vertrauensfrage beantragt.
Der Kanzler habe am Vormittag in seinem Büro den schriftlichen Antrag gemäß Artikel 68 Grundgesetz unterzeichnet, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwochnachmittag mit.
Das Schreiben sei demnach im Anschluss von einem Beschäftigten des Bundeskanzleramts dem Büro von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) überbracht worden. Der Bundestag werde den Antrag „zeitnah“ auf seiner Homepage veröffentlichen, so Hebestreit.
Scholz beabsichtigt dem Schreiben zufolge, vor der Abstimmung eine Erklärung abzugeben. Die Debatte über die Vertrauensfrage im Bundestag ist für Montag ab 13 Uhr vorgesehen. Sollte der Antrag von Scholz wie erwartet keine Mehrheit finden, kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestag binnen 21 Tagen auflösen.
Das Recht zur Auflösung würde zwar erlöschen, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt, aber alle Beteiligten haben sich bereits auf einen Neuwahltermin am 23. Februar geeinigt. Eine Verweigerung der Auflösung des Parlaments durch Steinmeier gilt als ausgeschlossen.
Bisher wurde in der Geschichte der Bundesrepublik fünfmal die Vertrauensfrage gestellt, jeweils einmal durch Willy Brandt (1972), Helmut Schmidt (1982) und Helmut Kohl (1982) sowie zweimal durch Gerhard Schröder (2001 und 2005). In drei Fällen – bei Brand, Kohl und einmal bei Schröder – handelte es sich um eine „unechte Vertrauensfrage“, bei der die Niederlage bewusst herbeigeführt wurde.
Scholz drängt Opposition zu Kooperation
Nachdem Scholz offiziell die Vertrauensfrage beantragt hat, drängt er die Opposition zur Zustimmung für mehrere Projekte, die seiner Meinung nach keinerlei Aufschub dulden. Es seien Entscheidungen, die noch vor Jahresende getroffen werden müssten, um „Arbeitsplätze zu sichern“ und die „Bürger zu entlasten“, sagte er am Mittwoch in Berlin.
Scholz nannte etwa die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderzuschlags. Diese müsse kommen „als Signal, dass wir die Familien im Land nicht allein lassen mit den gestiegenen Preisen“. Zudem müsse man gegen die kalte Progression vorgehen, das Deutschlandticket absichern sowie die Netzentgelte „stabilisieren“. „Ein Schulterschluss der demokratischen Mitte in diesem wichtigen Fragen wäre ein starkes Zeichen“, sagte der Kanzler.
Vonseiten der Union hatte es allerdings in vielen der genannten Punkte bereits ablehnende Signale gegeben. Und auch die FDP ist dem Vernehmen nach in vielen Punkten nicht zur Kooperation bereit.
(dts Nachrichtenagentur)
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