Freitag, 10. Mai 2024

Moschee-Bau in Germersheim: Ditib-Klage erneut abgewiesen

28. April 2023 | Kategorie: Kreis Germersheim, Regional

Ursprünglicher Plan (2016) der Moschee, Rückansicht.
Grafik (Archiv) über DITIB Germersheim (Türkisch Islamischer Kulturverein e.V.

Germersheim – Der Antrag zum Bau einer Moschee der „Ditib Türkisch Islamische Gemeinde Germersheim e.V.“ ist wiederholt vom Verwaltungsgericht Neustadt abgewiesen worden. 

Zur Vorgeschichte: Ditib hatte im Juni 2019 einen Bauantrag zum Neubau einer Moschee gestellt. Der Antrag beinhaltete eine Betriebsbeschreibung zur Moscheenutzung, eine Baubeschreibung und ein Schallschutzgutachten.

Der Bauantrag wurde im April 2020 abgelehnt. Zur Begründung führte der beklagte Landkreis Germersheim aus, dass durch den zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehr Lärmbelästigungen entstünden, die zu einer unzulässigen Beeinträchtigung des besonderen Wohngebiets führe, in dem die geplante Moschee errichtet werden solle.

Im November 2020 reichte der Ditib einen geänderten Bauantrag bei der Kreisverwaltung ein. Dem Antrag waren eine konkretisierte Betriebsbeschreibung, eine angepasste Planung und ein neues Lärmschutzgutachten beigefügt.

Der geänderte Bauantrag wurde im Oktober 2021 von der Kreisverwaltung mit der Begründung abgelehnt, dass das Vorhaben gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstoße, der Neubauten grundsätzlich nicht zulasse. Eine Befreiung von dieser Festsetzung komme nicht in Betracht.

Ditib hatte im Wesentlichen darauf gepocht, dass der Ausschluss von Neubauten nur solche Bauvorhaben betreffe, die in besonderen Wohngebieten an sich nicht zulässig seien (siehe Baunutzungsverordnung). Das treffe auf die geplante Moschee nicht zu.

Ditib begründete weiter, man habe jedenfalls Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den Vorschriften. Den von der Kreisverwaltung geäußerten Lärmschutzbedenken sei durch die Änderungen im Bauantrag hinreichend Rechnung getragen worden. Das sah das Gericht bei der Verhandlung am 25. April 2023  anders. 

Urteilsbegründung

In ihrem Urteil führt die Kammer zunächst aus, dass der Rechtsansicht des Landkreises Germersheim, der Bebauungsplan lasse den Neubau der Moschee bereits grundsätzlich nicht zu, nicht gefolgt werden könne. Der Bebauungsplan weise ein besonderes Wohngebiet aus. Dort seien sogenannte „Anlagen für kirchliche Zwecke“, zu denen auch eine Moschee zähle, im Grunde nach zulässig.

Allerdings müsse im Einzelfall geprüft werden, ob die Moschee nach Art und Umfang gebietsverträglich, d.h. mit der Wohnnutzung vereinbar sei. Dabei komme es darauf an, ob die zu erwartenden Immissionen – hier insbesondere Belastungen durch Lärm und Verkehr – der Nachbarschaft zumutbar seien.

Um beurteilen zu können, ob die Immissionen, die die Moschee erwarten lasse, die Grenze des Zulässigen überschreiten oder nicht, müsse allerdings klar sein, welche Immissionen zu erwarten seien, was vorliegend indessen nicht der Fall sei. Nach dem bisherigen Inhalt des Bauantrags lasse sich nicht hinreichend sicher beurteilen, ob die Nachbarschaft unzumutbaren Beeinträchtigungen ausgesetzt werde, denn die Angaben im Bauantrag seien zum großen Teil „unplausibel“, so das Gericht. Sie könnten daher nicht als Grundlage einer Baugenehmigung dienen.

So sei für die Kammer nicht hinreichend deutlich, von wie vielen Personen die Moschee tatsächlich genutzt werden würde. Zwar sei in der Baubeschreibung die maximale Personenzahl auf 500 Personen begrenzt. Bei diesem Wert handele es sich aber nicht um eine realistische Prognose. Es sei mit mehr Moscheebesuchern zu rechnen, da die geplante Moschee eine doppelt so große Nutzfläche erhalten solle, wie die aktuell genutzte Moschee auf dem Nachbargrundstück. Die Fläche der Gebetsräume soll demnach auf das Anderthalbfache des Bestands vergrößert werden.

Die aktuell betriebene Moschee werde bereits jetzt zu verschiedenen Ereignissen (insbesondere zum Freitagsgebet und zu den beiden großen Festgebeten) von deutlich mehr als 500 Besuchern frequentiert, was sich aus den eigenen Angaben des Klägers und den vom ihm erstellten Tätigkeitsberichten ergebe.

Hinzu komme, dass bereits jetzt schon nicht nur Vereinsmitglieder, sondern auch eine nicht unerhebliche Zahl von Gläubigen die Moschee nutze, die weiter als 3 Kilometer von Germersheim entfernt wohnen.

Die geplante Moschee werde auch deutlich attraktiver, weil sie zwei Kuppeln und zwei Minarette erhalten soll. Es sei – auch unter Berücksichtigung des nachvollziehbaren Anliegens des Klägers, den Gläubigen künftig eine optisch ansprechende und komfortable Moschee bieten zu können – naheliegend, dass die erhebliche Steigerung der räumlichen Kapazität dazu führe, deutlich mehr Gläubigen als bisher einen angemessenen Raum für ihre religiöse Betätigung zu bieten.

Nur so erkläre sich auch die Bereitschaft des Klägers, als relativ kleiner Verein mit nur 491 Mitgliedern, Baukostenbis zu sieben Millionen Euro aufzuwenden.

Zu wenige Stellplätze

Ein weiteres Problem stelle das Stellplatzkonzept dar. Der Kläger plane die Einrichtung von insgesamt 66 Stellplätzen, von denen in der Zeit von 22 bis 23 Uhr nur 15 zugänglich sein sollen.

Hintergrund der Sperrung der Parkplätze in der Nachtzeit sei, dass ein vom Kläger beauftragtes Lärmschutzgutachten zu dem Ergebnis gekommen war, dass bei einem Vollbetrieb des Parkplatzes zur Nachtzeit die Höchstwerte für zulässige Lärmimmissionen im Wohngebiet überschritten würden.

Es dränge sich die Vermutung auf, dass zwar das Stellplatzkonzept im Bauantrag der Lärmproblematik angepasst worden sei, allerdings für den tatsächlichen Betrieb davon auszugehen sei, dass – jedenfalls im Fastenmonat Ramadan – auch zur Nachtzeit deutlich mehr als 15 Pkw die Moschee anfahren würden, da auch mit hohen Besucherzahlen zu rechnen sei.

Der durch den Parksuchverkehr verursachte Lärm sei baurechtlich der Moschee zuzurechnen, weil er von ihr ausgelöst werde. Hinzu komme, dass auch schon jetzt, wo nur die kleinere Moschee betrieben werde, regelmäßig problematische Situationen aufgrund von parkenden Pkw (die teilweise auch verkehrswidrig abgestellt würden) in dem Wohngebiet entstünden.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt werden.

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