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Kochen wie vor 50 Jahren: Ernährungskultur im Wandel der Zeit

2. Mai 2019 | Kategorie: Essen & Trinken, Gesundheit, Haushalt und Technik

Bratwurst mit Kartoffelbrei – ein typisches deutsches Gericht.
Symbolbild: dts Nachrichtenagentur

Urgroßeltern erinnern sich bis heute an Zeiten, in denen Kochen in strengen Wintern eine Heizfunktion erfüllte. Mittlerweile ist das Kochverhalten im Energiesparzeitalter angekommen, wodurch sich die gesamte Ernährungskultur verändert hat.

In Zeiten steigender Energiepreise erfüllt der Herd keine Heizfunktion mehr, aber auch sonst hat sich in deutschen Küchen seit dem 19. Jahrhundert einiges gewandelt. Gleichzeitig mit dem Lebensstil hat sich auch die Kochkultur an neue Anforderungen angepasst.

Die wichtigsten Anpassungen sind auf Zeitphänomene wie komplexe Lebenswelten, Zeitdruck, Klimawandel und Umweltkrisen zurückzuführen.

Einfache Schnellküche als Zeitspiegel

Durch den technischen Fortschritt haben sich Küchen in den vergangenen 100 Jahren mit zahlreichen Geräten gefüllt. Erfindungen wie die Mikrowelle erleichtern mittlerweile die Nahrungszubereitung, wodurch bereits in den 60er Jahren nur noch halb so viel Zeit, wie einst üblich, am Herd verbracht wurde.

Diese neue Einfachheit erreicht aktuell eine Klimax. Bei Weitem wird nicht mehr täglich in allen deutschen Haushalten gekocht. Einfach zuzubereitende Lebensmittel wie Tiefkühlkost gewinnen an Relevanz und auch für schnelle Snacks wie Chips steigt der Umsatz. Während man in den 60er Jahren noch immerhin 30 Minuten pro Tag mit dem Kochen verbrachte, nimmt man sich im Zeitalter des Zeitdrucks kaum noch die Hälfte dieser Zeit.

Während gemeinsames Kochen und Essenfassen bis zur Jahrtausendwende einen relativ hohen Wert hatte, fehlt dafür heutzutage die Muße. Im Wissen von der ungesunden Natur typischer Fast-Food-Produkte will man seit der jüngeren Vergangenheit zumindest schnelle Küche mit frischen Zutaten und Gesundheitsbewusstsein vereinen.

 

Mangelnde Wertschätzung durch fehlende Ursprünglichkeit

Seit der Gasherd Anfang des 19. Jahrhunderts den Markt erreichte, hat sich neben der technischen Küchenausstattung und den Zubereitungsmöglichkeiten auch die Lebenswelt der Gesellschaft verändert. Bis ins 20. Jahrhundert waren selbstgezogenes Gemüse, und Nutztierhaltung verbreitet, während diese Ursprünglichkeit heutzutage fehlt.

Weil sie ihre Nahrung mit eigenen Händen gezogen und aufbereitet haben, bemängeln viele heutige Großeltern am Kauf hochverarbeiteter Lebensmittel fehlende Wertschätzung. Der Ernährungskultur des Konsumzeitalters fehlt es ihrer Meinung nach an Erfahrbarkeit, wie sie nur im direkten Kontakt mit den Zutaten entstehen kann.

Dass heutzutage wesentlich mehr Nahrungsmittel in den Müll geworfen werden, führen sie ebenfalls auf diese Hintergründe zurück. Dasselbe gilt für das gemeinschaftsbildende Element, das in der heutigen Esskultur zu fehlen scheint. In ihrer Zeit wurde in der Gemeinschaft die Ernährungsgrundlage erarbeitet, wodurch die gemeinsame Nahrungsaufnahme als tiefverbindend empfunden wurde.

 

Wie wird die Zukunft aussehen?

In Zukunft könnten Küchen angesichts der aktuellen Entwicklungen gar komplett aus der Lebenswelt verschwinden und die Nahrungsaufnahme an sich könnte vor dem Hintergrund der mangelnden Wertschätzung den letzten Genusscharakter verlieren.

Dass es so nicht zwingend kommen muss, beweisen aktuelle Entwicklungen wie die Rückkehr zur Selbstversorger-Gemeinschaft, an der zunehmend mehr Menschen Interesse zeigen. Trotz der Sehnsucht nach Einfachheit fehlt die Ursprünglichkeit offenbar vielen. Wieso sonst würden sich trotz wesentlich einfacheren Versorgungsmöglichkeiten heutzutage arbeitsintensive Phänomene wie Urban Farming entwickeln?

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