Sonntag 18.Mai 2025

Kampf um Freiheit und Demokratie: Vor 500 Jahren begann in Nußdorf der Bauernkrieg in der Pfalz

25. April 2025 | Kategorie: Landau, Regional, Regional

Nußdorfer Bauernkriegshaus
Foto: Heinz Lambert

Nußdorf. Am 23. April 1525, dem Kirchweihsonntag, versammelten sich circa 200 Männer aus Nußdorf, die als „Nußdorfer Haufen“ in die Geschichte eingehen sollten, um für Freiheit und Demokratie zu kämpfen.

Damit begann der Pfälzische Bauernkrieg, Teil des Großen Bauernkrieges, der schon am 23. Juni 1524 mit der Erhebung der Stühlinger Bauern im Wutachtal nördlich des Bodensees begonnen hatte.

Die dortigen Bauern hatten 16 Artikel aufgestellt, in denen sie für sich Freiheitsrechte einforderten.

Der Festabend fand in der Prot. Kirche in Nußdorf statt.
Foto: Heinz Lambert

Festabend in der prot. Kirche

Auf den Tag genau 500 Jahre nach den Ereignissen in Nußdorf gedachte man in der örtlichen protestantischen Kirche in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bauernkriegshaus, mit einem Festabend mit Buchvorstellung, dem Beginn der Aufstände in der Pfalz.

Tafel am Bauernkriegshaus
Foto: Heinz Lambert

Nußdorf war auch schon vor 500 Jahren einmal Teil von Landau, hatte es doch Johann von Heydeck, der Besitzer der Herrschaft Madenburg, 1508 an die Reichsstadt Landau verkauft. Später war es wieder selbstständig, bis es 1972 in die Stadt Landau eingemeindet wurde, was damals nicht bei allen Nußdorfern auf Zustimmung stieß.

Simone Neusüß vom historischen Arbeitskreis Nußdorf, die gekonnt und informativ durch den Abend führte, stellte fest, dass sich in dem „Nußdorfer Haufen“ wohl auch Frauen befunden haben sollen, doch ließ die Geschichtsschreibung diese unter den Tisch fallen.

Simone Neusüß
Foto: Heinz Lambert

Neusüß: „Frauen probten den Aufstand“

Dass aber auch das weibliche Geschlecht den Aufstand probte, ist sehr wahrscheinlich, fanden sich doch vor 30 Jahren beim Bau einer Tankstelle im bayerischen Leipheim 24 Skelette, bei denen sich nach eingehender Untersuchung herausstellte, dass es die sterbliche Überreste von Frauen sind. Die Skelette stammen mit Sicherheit von Gefallenen des Bauernkrieges.

„Es ging um Brüderlichkeit, aber wohl auch um Schwesterlichkeit!“ hielt Neusüß fest, die auch den Bezug zur französischen Revolution und zu den Revolutionen im Europa des Jahres 1848 herstellte, die ja letztlich ebenfalls scheiterten.
Auch sagte sie klar, dass man die Bedeutung des Bauernkriegs lange unterschätzt habe. „Bis heute gilt aber eines: Nicht auf die Ärmeren und Schutzlosen einzutreten, so wie dies 1525 der Fall war!“

Auftakt der Feierlichkeiten

Der Festabend in der vollbesetzten Kirche war Auftakt der Feierlichkeiten zum Jubiläum, das vom 24. bis 27. April begangen wird und noch einmal einen Höhepunkt mit dem Stück „Rausch der Freiheit“ bietet, welches das Ensemble des Chawwerusch-Theaters Herxheim am 14. Juni im örtlichen Weingut Rummel auf die Bühne bringt.
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Eigentlich sollte auch der bekannte ortsansässige Historiker Rolf Übel, ein Experte was den Bauernkrieg und die Pfälzische Geschichte angeht, mit dabei sein, doch musste er für den Abend leider aus privaten Gründen passen. Bleibt zu hoffen, dass er seinen für den Sonntag geplanten Vortrag im Siebeldinger Geilweiler Hof, einem zentralen Schauplatz des Aufstands, halten kann, in dem er die historischen Zusammenhänge erläutern will.

Buchvorstellung „Baurenkrieg zu Nußdorff angefangen“ 

Am Mittwoch stand aber die Vorstellung eines Buches im Mittelpunkt. Der Titel hätte als Schlagzeile für die BILD-Zeitung gepasst, wenn es diese im Jahr 16. Jahrhundert schon gegeben hätte. „Baurenkrieg zu Nußdorff angefangen“ titelt das Werk, das auf 364 Seiten Beiträge zum Bauernkrieg in der Pfalz im Jahre 1525 beschreibt.
Elf Autoren haben sich an dem sehr lesenswerten Werk beteiligt, dass nicht nur für Geschichtsenthusiasten einiges zu bieten hat.

Simone Neusüß stellte die Autoren einzeln kurz vor und erklärte, wer sich mit welchem Thema beschäftigte. Der Inhalt reicht dabei von der Chronologie des Großen Bauernkrieges, die Orte in der Südpfalz, die involviert waren, die Wandlung des Bundschuhs zum Gummistiefel, die Erhebung des „Gemeinen Mannes“, den Aufruhr um das Kloster Heilsbruck in Edenkoben, bis hin zum Gedicht „Waffengeklirr“. Natürlich ist auch das Nußdorfer Bauernkriegshaus Teil der Betrachtungen.

Dr. Heinrich Thalmann
Foto: Heinz Lambert

Der Ehrenvorsitzende des historischen Arbeitskreises, Dr. Heinrich Thalmann, erinnerte in seinem Kurzvortrag unter anderem an Thomas Müntzer, einem Theologen, Reformator und Drucker, der in Stolberg im heutigen Sachsen-Anhalt geboren wurde, zum Gegenspieler Martin Luthers und zum Revolutionär des Bauernkrieges avancierte.

Thomas Müntzer – Gegenspieler von Luther

In der ehemaligen DDR habe man die Geschichte des Bauernkrieges im Gegensatz zur Bundesrepublik schon recht früh behandelt, aber auch als wichtigen Bestandteil des Sozialismus missbraucht, erklärte Thalmann.

Im Gegensatz zu Luther stand Müntzer für die gewaltsame Befreiung der Bauern und kämpfte auch selber mit. Im Turm von Heldrungen im heutigen Kyffhäuserkreis wurde er nach der Niederlage in der Schlacht von Frankenhausen eingekerkert. Dort schrieb er seinen Abschiedsbrief an die Aufständischen, die er darin zur Einstellung des weiteren Blutvergießens aufrief, ehe er am 27. Mai 1525 im thüringischen Mühlhausen öffentlich enthauptet wurde.

Das Gedenken Thomas Müntzers samt einer Rezeption seines Lebens und Wirkens findet seine Wurzeln nahezu ausschließlich in der ehemaligen DDR. Dort war er war auf der von 1971 bis 1990 gültigen 5-Mark-Banknote der DDR abgebildet.

Sozialismus und Müntzer

Die Staatsbank der DDR gab 1989 eine 20-Mark-Gedenkmünze mit einem Porträt Müntzers heraus. Die „Thomas-Müntzer-Medaille“ war die höchste Auszeichnung der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe der DDR. Vor dem Frauenthor in Mühlhausen steht ein Thomas-Müntzer-Denkmal. Auch auf dem Rieseninger Berg in Mühlhausen, wo Müntzers abgeschlagener Kopf aufgespießt worden sein soll, erinnert ein Denkmal an ihn.

Wanderausstellung

Die Wanderausstellung „Freiheyt 1525“ der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Bauernkriegsmuseen ist vom 5. bis zum 27. April samstags und sonntags, jeweils von 14 bis 16 Uhr in der ev. Kirche zu sehen. Unter dem Titel „Aufbruch bis zum Ende“ werden 22 Persönlichkeiten des Bauernkrieges aus den Regionen der einzelnen Museen vorgestellt. Wer waren die Menschen, die damals für ihre Rechte kämpften, eine neue gesellschaftliche und religiöse Ordnung dachten?

Wer waren die Mächtigen, die sich in ihren Privilegien bedroht sahen und mit aller Härte gegen die Aufständischen vorgingen? Gemeinsam gestalteten elf Bauernkriegsmuseen aus sechs Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) eine Tafelausstellung, die von der erfolgreichen, engen und von Ländergrenzen unabhängigen Zusammenarbeit der Bauernkriegsmuseen zeugt.

Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

Denkmal

Dr. Thalmann hatte auch ein Bild mit dabei, das ein Denkmal zeigt, das nach einer Skizze von Albrecht Dürrer entstand. Das sieben Meter hohe Kunstwerk aus Bronze steht vor der Kirche auf dem Kornmarkt in Mühlhausen und wurde am 6. April diesen Jahres enthüllt. Den Entwurf für dieses Denkmal hatte Dürer bereits im Jahr 1525 gezeichnet. Auf diesem ist ein Bauer mit einem Schwert im Rücken zu sehen. Beim Denkmal ist der Rücken des Bauern der Kirche zugewandt. Dies soll Sinnbild dafür sein, dass sich die Kirche damals von den Bauern abgewandt habe.

Auf dem Denkmal wird auch dem Nußdorfer Bauernkriegshaus gedacht, hat man doch auf dem Sockel in metallenen Buchstaben die Worte „Bauernkriegshaus Nußdorf/Pfalz“ angebracht.
Auch die von Bildhauer Peter Brauchle im Jahr 2004 geschaffene Bronzeplastik des „trauretten Bauren“ mit dem Schwert im Rücken, basiert auf Dürers Skizze und erinnert in Nußdorf an den Bauernkrieg.

Bauernaufstand endete im Juni 1525

Der Bauernaufstand , der auch sehr durch die Zerstörung von Burgen und Klöstern geprägt war, endete im Juni 1525 als 8.000 Bauern bei der Schlacht von Pfeddersheim gegen ein Heer des Heidelberger Kurfürsten, den Tod fanden.

Erinnerungen zu kaufen

Damit man die Erinnerung an 500 Jahre Bauernkrieg in der Pfalz auch über Nußdorf hinaus publik machen kann, gibt es neben dem Buch, dass im Handel für 25 Euro zu erwerben ist, auch ein schmuckes T-Shirt mit Aussagekräftigem Emblem zum Preis von 15 Euro in allen möglichen Größen zu erwerben.

T-Shirt Rückseite
Foto: Heinz Lambert

Kirche wird vorgestellt

Dekan Martin Ahnefeld wurde als Hausherr der Kirche begrüßt, erhob dagegen aber einen kleinen Einspruch, als er anmerkte: „Der Hausherr ist doch ein ganz anderer“, und grüßte vielsagend mit den Händen nach oben. Er stellte fest, dass die Nußdorfer Kirche ursprünglich als katholisches Gotteshaus dem hl. Johannes geweiht war.

Der Chorraum der aus dem Jahr 1280 stammt, sei das älteste bekannte Bauwerk in Nußdorf, so der Dekan. Die Fresken aus dem 15. Jahrhundert zeugen von einer gewissen Opulenz, wie sie sonst in evangelischen Gotteshäusern eher selten ist. Am Sonntag findet hier ein Gottesdienst unter dem Thema „Freiheit“ statt.

Anefeld erinnerte auch an seinen Vor-Vorgänger Gerhard Postel, der von 1976 bis 1991 die hiesige Kirchengemeinde betreute und mit seinem eigenen Geld das Bauernkriegshaus erst vor dem Abriss bewahrte und es dann renovieren ließ.

Dr. Landauer OB Dr. Geißler sprach ein Grußwort.
Foto: Heinz Lambert

OB: „Ohne Nußdorf wäre Landau ärmer“

Landaus Oberbürgermeister Dominik Geißler nannte Nußdorf zwar nicht das aus Asterixheften bestes bekannte gallische Dorf, aber eben eines, das genauso unbeugsam gewesen sei. „Ich bin stolz, das Nußdorf zu Landau gehört, denn ohne Nußdorf wäre unsere Stadt ärmer“ so Geißler.

„Es gibt nichts wichtigeres, als das Menschen für ihre Eigenständigkeit und Freiheit eintreten und auch dafür kämpfen, so wie dies schon damals der Fall war. Auch brauchen solche Menschen immer wieder unserer Hilfe – bis heute!“ stellte der Stadtchef fest. „Menschlicher Mut bleibt über Jahrhunderte im kollektiven Gedächtnis!“

Alle haben sich beteiligt

Die stellvertretende Ortsvorsteherin Annette Korz, die den erkrankten Ortsvorsteher Dr. Thorsten Sögding vertrat, lobte das Besondere an Nußdorf und dessen Einwohnerinnen und Einwohner. Alle Vereine, die Grundschule, die Kita, Helferinnen und Helfer, sprich praktisch die ganze Bevölkerung habe sich beteiligt, um an das historische Ereignis in verschiedenster Art und Weise zu erinnern.

Die Troubadoure
Foto: Heinz Lambert

„Die Troubadoure“

Einige besondere Schmankerl kredenzten „Die Troubadoure“, ein Musik- und Gesangsduo der etwas anderen Art, bestehend aus Ernst Kaeshammer aus Fußgönheim und Paul Reinig aus Landau. Käshammer wusste dabei die Drehleier ebenso gekonnt zu spielen, wie Reinig die Cister, beides schon im Mittelalter gespielte Musikinstrumente.

Dabei erinnert der Klang der Drehleier, bei der die Kurbel den Rhythmus bestimmt, etwas an den eines schottischen Dudelsacks, während die Cister ein Zupfinstrument ist, das schon zwischen dem 10. Und 12. Jahrhundert von der Laute abgeleitet wurde. Die Bezeichnung Cister geht übrigens, wie auch der Name der Gitarre auf das griechische Kithara zurück.

Besonders das vom Duo vorgetragen Lied „Die Herre gud, die Baure schlecht, wir sind die Baure ohne recht“, hat einen direkten Bezug zu Nußdorf, ist doch in der dritten Strophe die Rede von 1.000 Mann aus Nußdorf, die sich erhoben. Der Liedschreiber neigte hier zu den für die damalige Zeit nicht unüblichen Übertreibungen, die sich ja auch in der heutigen Zeit immer wieder finden.

In ihrem Programm haben die Künstler auch das älteste pfälzische Liebeslied, das Friedrich von Leiningen im 12. Jahrhundert schrieb. Zudem interpretieren sie das Lied „Ja nus hons pris“, das König Richard Löwenherz von England während seiner Gefangenschaft im Jahr 1193 auf der Burg Trifels in französischer Sprache schrieb. (Heinz Lambert, Burrweiler)

Ausstellung
Foto: Heinz Lambert

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