
Rolf Übel (links) hier mit Paul Reinig: Der Historiker spricht im PEX-Interview über den Bauernkrieg.
Quelle: privat
Landau-Nußdorf. Vor 500 Jahren, am 23. April 1525, formierte sich in Nußdorf der „Nußdorfer Haufen“, der den Pfälzischen Bauernkrieg auslöste – eine der ersten Demokratiebewegungen Europas.
Anlässlich dieses historischen Jubiläums lädt das Bauernkriegshaus Nußdorf vom 24. bis 27. April 2025 zu einem festlichen Wochenende ein, das die Ereignisse von damals würdigt.
Ein Höhepunkt der Feierlichkeiten ist die Beteiligung des bekannten Historikers Rolf Übel, der als Experte für den Bauernkrieg und die Pfälzische Geschichte gilt. Am Sonntag, den 27. April, wird Übel am Geilweilerhof, einem zentralen Schauplatz des Aufstands, einen Vortrag halten.
Die Veranstaltung ist Teil einer Wanderung, die vom Pfälzerwald-Verein organisiert wird: Interessierte laufen von Nußdorf zum Geilweilerhof, wo 1525 der Aufstand seinen Anfang nahm, als 500 Bauern den Hof besetzten. Übel wird dort die historischen Zusammenhänge erläutern, insbesondere die Rolle des Hofes und die Beweggründe der Bauern, die sich gegen die Unterdrückung durch Adel und Kirche auflehnten. Für Verpflegung ist gesorgt, sodass die Teilnehmer den Tag in historischer Atmosphäre genießen können.
Das Jubiläumswochenende bietet zudem ein vielfältiges Programm: Bereits am 23. April, dem eigentlichen Jubiläumstag, wird in der Nußdorfer Kirche eine Buchvorstellung stattfinden, an der zehn Autoren mitgewirkt haben, die den Pfälzischen Bauernkrieg beleuchten.
Am Freitag und Samstag, den 25. und 26. April, erwartet die Besucher ein Stationentheater, das die dramatischen Ereignisse von 1525 nachstellt. Freitagabend tritt die Musikgruppe „Die Troubadore“ auf und bringt mit historischen Instrumenten mittelalterliche Klänge zum Leben. Parallel zeigt die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Bauernkriegsmuseen die Wanderausstellung „Aufbruch bis zum Ende“ in der Kirche, die 22 Persönlichkeiten des Bauernkriegs vorstellt.
Das Bauernkriegshaus Nußdorf, das die Geschichte des „Nußdorfer Haufens“ und die Ortsgeschichte dokumentiert, öffnet während des gesamten Wochenendes seine Türen. Besucher können das Museum besichtigen, das unter anderem die „Zwölf Artikel von Memmingen“ – die erste schriftliche Deklaration von Menschenrechten – thematisiert, sowie Dioramen, die Szenen des Bauernkriegs darstellen.
Simone Neusüß vom Historischen Arbeitskreis Bauernkriegshaus Nußdorf betont: „Wir wollen die Bedeutung des Bauernkriegs als frühe Bewegung für Freiheit und Gerechtigkeit ins Bewusstsein rufen. Es ist eine Gelegenheit, unsere Geschichte lebendig zu erleben.“
Oberbürgermeister Dominik Geißler hat die Schirmherrschaft über die Festlichkeiten übernommen.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, an diesem historischen Wochenende teilzunehmen und die Wurzeln der Demokratie in der Pfalz zu entdecken. Weitere Informationen finden sich auf der Website des Bauernkriegshauses Nußdorf.

Das Bauernkriegshaus in Nußdorf.
Foto: Pfalz-Express/Ahme
Der Pfalz-Express (PEX) hat dem Historiker Rolf Übel einige Fragen zum Bauernkrieg gestellt.
PEX: Was war der entscheidende Auslöser, dass ausgerechnet in Nußdorf am 23. April 1525 der Pfälzische Bauernkrieg begann, und wie unterschied sich dieser Aufstand von anderen in Deutschland?
R.Ü.: Hier gibt es keine klare Antwort. Sicherlich waren die Ereignisse in Württemberg und Thüringen nicht unbekannt geblieben. Das Landauer Ratsprotokollbuch spricht von „budschuhig geläufft“. Der Weinsberger Blutsonntag war gerade eine Woche her, die Schlacht bei Leipheim schon geschlagen. Nußdorf ist nur der erste Ort in der Region, in dem sich die Bauern erhoben. Kurz darauf kamen Bockenheim, Kleeburg und Stürzelbronn. Der Wein auf der Kirchweih tat, auch nach zeitgenössischen Quellen, das seine. Die Zeit war reif, das der Aufstand in Nußdorf ausbrach war ein zwangsläufiger Zufall, er hätte auch eine Woche später auf einer anderen Kirchweih ausbrechen können.
PEX: Welche Rolle spielten die Lebensbedingungen der Bauern im Mittelalter in Nußdorf, um die Rebellion anzufachen, und gibt es heute noch Spuren davon im Dorf?
R.Ü.: Nußdorf gehörte seit 1508 zur Stadt Landau. Allerdings gab es einige adlige und klerikale Würdenträger, die in dem Dorf Besitz und Rechte hatten, ua. Kurpfalz, das Hochstift Speyer, die Grafen von Löwenstein-Scharfeneck und die Herren von Dalberg. Nußdorfer waren Freibauern, viele aber auch Leibeigene. Die Abgaben wie der Zehnte an die Kirche oder die Steuern für die Orts- und Grundherren waren erhöht worden, die Waldrechte beschnitten, die bäuerliche Gerichtsbarkeit in Frage gestellt – die Bauern wünschten diese Rechte zu bewahren und ein weiteres Absinken ihrer sozialen Situation zu verhindern – in Nußdorf und auch anderswo in der Pfalz.
PEX: Die Zwölf Artikel von Memmingen gelten als frühe Menschenrechtsforderungen – wie stark haben sie den Nußdorfer Haufen beeinflusst, und welche Forderungen waren hier besonders wichtig?
R.Ü.: Die Memminger Artikel waren in der Pfalz bekannt, da sie auch in Speyer, Worms und Straßburg gedruckt wurden. Der Vertrag von Forst, der am 10. Mai zwischen dem Kurfürsten Ludwig V. und den Bauernhaufen geschlossen wurde, beinhaltete diese Artikel. Neben religiösen Forderungen (Wahl des Pfarrers, die Verwendung des Zehnten für die Pfarrerbesoldung, den Kirchenunterhalt und die Caritas) gab es auch soziale Forderung wie die Sicherung der Waldrechte (Beholzung), der Herbstweide des Viehs im Wald (Rauhweide und Schmalzweide) und Minderung der Frondienste.
PEX: Wie sah der Alltag eines Bauernkriegers aus Nußdorf aus, nachdem er sich dem Aufstand angeschlossen hatte – gab es besondere Strategien oder Rituale
R.Ü.: Es sind keine Namen von Nußdorfern bekannt, die am Bauernkrieg teilnahmen. Wir wissen nicht, wie viele es waren. In den (unvollständigen) Straflisten nach Ende des Krieges tauchen Nußdorfer Namen nicht auf. Generell organisierten die Bauern sich in „Haufen“, angelehnt an die Ordnung der Landsknechte (Gewalthaufen, verlorener Haufen etc.) und engagierten arbeitslose Berufssöldner zur Ausbildung. Allerdings verfügten die Bauern, obwohl 8000 Mann stark, weder über ausreichend Artillerie noch über Kavallerie, was sie den Berufskriegern der Adeligen unterlegen machen.
PEX: Welche Veranstaltung im Programm zum 500-jährigen Jubiläum würden Sie persönlich hervorheben, und was macht sie für Besucher besonders authentisch oder lehrreich?
R.Ü.: Hervorheben will ich keine. Die Buchvorstellung und Ausstellungseröffnung ist für uns als Verein und Herausgeber des Buches sicherlich das wichtigste Ereignis. Am 26.4. das Theaterstück und die historische Musik der Troubadoure, vor allem aber der Sonntag mit der Wanderung des „Nußdorfer Haufens“ zum Geilweiler Hof könnten ein High-Light werden. Über das „Chawwerusch-Stück“ kann ich nichts sagen, da ich es nicht kenne.
PEX: Gibt es ein Dokument oder einen Fund aus Nußdorf, das Ihnen besonders am Herzen liegt und das die Geschichte des Bauernkriegs greifbar macht?
R.Ü.: Quellen zum Bauernkrieg sind rar. Instruktiv ist natürlich die zeitgenössischen Beschreibung des Pfälzer Bauernkriegs durch den Schreiber des Kurfürsten Peter Harer, der Augenzeuge war, die auch gedruckt vorliegt. Zu Nußdorf selbst gibt es eigentlich nur eine Quelle „Baurenkrieg zu Nußdorff angefangen“ vom April 1525.

