In Neustadt geborene Promis – Interview mit Malu Dreyer: „Inzwischen finde ich den Titel Landesmutter schön“

5. September 2016 | Kategorie: Leute-Regional, Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Regional
Malu Dreyer ist in Neustadt an der Weinstraße aufgewachsen. Quelle: Pfalz-express/privat

Malu Dreyer ist in Neustadt an der Weinstraße aufgewachsen.
Quelle: Pfalz-express/privat

Neustadt an der Weinstraße. Der beliebte Schauspieler, Komiker, Moderator und TV-Star Bernhard Hoecker ist in Neustadt a.d.W. geboren. Ebenso die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sowie die Sportler Gregor Braun und Mario Basler.

Die kleine Interview-Reihe bietet überraschende Bekenntnisse und Erinnerungen von einigen dieser Promis über ihren Geburtsort und ihr aufregendes Leben.

Sie startete mit Bernhard Hoecker, dem Star der erfolgreichen ARD-Quiz-Reihe „Wer weiß denn sowas?“. Als nächstes äußert sich jetzt die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer zu ihren Kindheitstagen in der Pfalz und gewährt Einblicke in ihr derzeitiges privates wie berufliches Leben.

Frau Ministerpräsidentin, Sie sind am 6. Februar 1961 in Neustadt an der Weinstraße geboren. Was bedeutet heute noch Ihre Geburtsstadt für Sie?

Die kleine Malu (Mitte) mit Freunden. Foto: privat

Die kleine Malu (Mitte) mit Freunden.
Foto: privat

Ein Teil meiner Familie wohnt immer noch dort, allein aus diesem Grund ist die Stadt auch heute noch ein ausgesprochen wichtiger Ort für mich. Aber natürlich wird Neustadt für mich auch immer mit sehr vielen Erinnerungen an meine wirklich schöne Kindheit und Jugend verbunden bleiben.

Im vergangenen Jahr hatten Sie die Abiturienten des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums in Neustadt a.d.W. zu ihrer Abschlussfeier eingeladen. Welche Erinnerungen hat das an Ihre eigene Gymnasialzeit auf dieser Schule geweckt?

Sehr schöne. Ich bin gerne zur Schule gegangen. Wir wurden am Käthe sehr gefördert und hatten auch immer viel Spaß. Ich habe mit anderen die Schülerzeitung gegründet und nicht zuletzt wurde von hier mein Austausch nach USA ermöglicht.

Ihr Vater war Schulleiter, ihre Mutter Erzieherin. Hieß das im Hause Dreyer für die drei Kinder: Bildung und Erziehung zu jeder Zeit, an jedem Ort?

Bildung und Erziehung hatten bei uns zu Hause einen sehr hohen Stellenwert. Meine Eltern haben meine Geschwister und mich immer darin bestärkt, dass wir unseren eigenen Weg gehen und dass wir uns dafür auch ins Zeug legen.

Den Wert von Bildung hatte ich dadurch zum Glück schon früh verinnerlicht. Es gab aber auch immer viel Zeit für Freiräume, zum Beispiel Sport, Musik und Freizeit.

1977, im Alter von 16 Jahren, waren Sie ein Jahr lang Austauschschülerin in Kalifornien. Wie kam es dazu? War das damals Ihr Wunsch, ein Schuljahr in den USA zu verbringen?

Ein Vertretungslehrer hatte uns von der Möglichkeit erzählt, für ein Schuljahr nach Amerika zu gehen. Was heute viele Schüler machen, war zur damaligen Zeit noch ausgesprochen ungewöhnlich. Ich war sofort Feuer und Flamme für die Idee und hatte zudem das große Glück, dass meine Eltern sehr schnell einverstanden waren und mich ziehen ließen.

Sie sagen auf Ihrer Website, dass Sie dieses Jahr in Kalifornien bis heute prägt. Was ist es, das Sie fast 40 Jahre später immer noch beeinflusst?

Ich habe durch meine Zeit in Kalifornien ein völlig anderes Gesellschaftssystem kennengelernt. Ein in vielen Teilen offeneres und liberaleres, aber in anderen Teilen auch konservativeres und intoleranteres.

So hat es mich erschreckt, dass meine sonst so tolerante Gastfamilie höchst irritiert war, als ich einen dunkelhäutigen Mitschüler, den ich sehr mochte, mit nach Hause brachte. Zuhause in der Pfalz hatte ich zuvor zwar von Konflikten gehört, aber dort habe ich zum ersten Mal die ungewohnt harte Realität erlebt. Das hat mein Gerechtigkeitsempfinden stark berührt. Insgesamt betrachtet habe ich davon, dass ich mich in einer neuen Welt zurechtfinden musste und dies gemeistert habe, mein ganzes Leben lang profitiert.

Sie sind gebürtige Pfälzerin. Welche Bedeutung hat Ihr pfälzischer Migrationshintergrund für Ihre Arbeit in Mainz und Ihr Leben in Ihrer Wahlheimat Trier?

„Pfälzischer Migrationshintergrund“ ist nett ausgedrückt. Wir Pfälzer sind ausgesprochen bodenständige, offene und gesellige Menschen.

Diese Prägung nimmt man mit, egal wohin man zieht, und vielleicht erleichtert das einem das Ankommen in einer anderen Stadt oder Region. Mittlerweile lebe ich in Mainz und Trier, sie sind zu meiner Heimat geworden, aber die regionale Zugehörigkeit aus der Kindheit und Jugend hat natürlich immer noch eine enorme Bindekraft.

Immer häufiger wird die Distanz und das Unverständnis der Bürger zu ihren gewählten Volksvertretern beklagt. Ihnen dagegen wird der inoffizielle Titel einer „Landesmutter“ verliehen und man nennt Sie liebevoll „Malu“. Wie hat „Malu“ das geschafft?

Inzwischen finde ich den Titel Landesmutter schön. Als ich neu ins Amt kam, habe ich mit diesem Begriff ein bisschen gefremdelt. Dass die Menschen so empfinden, ist aber ein großer Vertrauensbeweis und darüber freue ich mich sehr.

Gut essen und trinken kann man in ganz Rheinland-Pfalz. Gibt es dagegen Spezialitäten aus Ihrer Geburtsstadt, die auch heute noch, zumindest gelegentlich, auf Ihrer Speise- und Getränkekarte stehen?

Gestampfte Gellerrüben sind mein Allzeit-Favorit. Für alle Nicht-Pfälzer: Dafür kocht man Karotten und Kartoffeln zusammen und gibt dann Hachée, also Hackfleisch als Soße, dazu. Dieses Gericht ist für mich eine Kindheitserinnerung und ich esse das auch heute noch sehr gerne.

Sie lieben Fußball und fiebern mit Mainz 05 und dem 1. FC Kaiserslautern, gelegentlich auch mit dem BVB und mit Jürgen Klopp, egal, wo der gerade Trainer ist. Was würden Sie aber zu einem neuen Wohnnachbarn Jerome Boateng sagen, obwohl der ja Spieler beim FC Bayern München ist?

Darüber würde ich mich sehr freuen, obwohl er beim FC Bayern spielt! Er ist ein herausragender Fußballspieler und ich könnte von ihm bestimmt noch einiges über Fußball lernen. Ich würde mich aber auch über jeden anderen Nationalspieler als Nachbarn freuen.

Mein Zuhause, das Schammatdorf, ist ein Ort der Vielfalt und die Nationalmannschaft ist dafür ebenfalls eines der herausragenden Symbole. Vor diesem Hintergrund würde diese Nachbarschaft doch wunderbar passen.

Ihre Ampelkoalition steht. Die politischen Weichen für die nächsten Jahre sind gestellt. Wie verbringen Sie Ihren Sommerurlaub?

In diesem Jahr mache ich’s wie viele Rheinland-Pfälzer: Urlaub in der Heimat. Die meiste Zeit wollen wir hier in Rheinland-Pfalz unterwegs sein, das so viele schöne Ecken zu bieten hat. Um in der Natur neue Kraft für den Alltag zu tanken, haben wir uns vorgenommen, auch mal für einige Tage in die Berge zu fahren.

Als Ministerpräsidentin ist man aber irgendwie immer im Stand-By-Modus: Daher werden mich Handy und Laptop begleiten. Nach dem sehr intensiven Jahr steht für mich eindeutig auch mal Ausschlafen und neue Kräfte zu tanken im Vordergrund. Und natürlich gibt es auch die ganz privaten to-do-Listen. Wer kennt das nicht: Ganz praktisch steht noch die Renovierung der Küche in unserer Mainzer Wohnung auf dem Programm.

Sie haben mal gesagt, zuhause kann ich undiszipliniert sein und muss auch nicht so adrett angezogen sein.

Ja, das stimmt. Wenn ich daheim oder im Urlaub bin, dann bin ich definitiv auch mal im legeren Outfit unterwegs.

Ihr christlicher Glaube sei eine Ihrer Grundfesten, haben Sie einmal in einem Interview gesagt. „Was du willscht wird bassiere, drowwe im Himmel odder bei uns auf de Erd“. Beten Sie gelegentlich das Vaterunser auch auf Pfälzisch?

Nein, das Vaterunser bete ich wirklich ausschließlich auf Hochdeutsch. Ich kann allerdings nicht ausschließen, dass dabei manchmal mein Pfälzer Akzent durchkommt.

Zum Schluss möchten wir Sie noch um einen kleinen, ganz persönlichen Ausblick für Ihre rot-gelb-grüne Koalition bitten. Welche Ampelschaltung wird Ihre neue Regierungszeit prägen? Die rote, die grüne oder die gelbe?

Die Ampel wird rot-gelb-grün leuchten.(red)

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