Donnerstag, 25. April 2024

Für wen ist das Guthabenkonto geeignet?

17. Januar 2023 | Kategorie: Finanzen, Ratgeber

Quelle: pixabay.com

Ohne ein eigenes Konto geht nichts mehr. Wohnen zur Miete, Arbeit, Verträge mit Unternehmen, in all diesen Situationen wird das Konto für den Zahlungsverkehr vorausgesetzt.

Bis 2016 war das Girokonto das Konto für die Allgemeinheit. Es bot zwar in den Zeiten der historischen Niedrigzinspolitik der EZB keine Gelegenheit zum Sparen mehr, dafür ist die Abwicklung von Zahlungstransfers immer unkompliziert.

Ein Problem vor 2016 bestand darin, dass der Erhalt des Girokontos nicht immer leicht war. Dies stellte Personen unter prekären Lebensverhältnissen und mit Schufa-Eintrag vor erhebliche Probleme.

Der Grund für die Reform von 2016

Der bei einem Girokonto geduldete und festgelegte Spielraum für Überziehungen ist für Banken eine wichtige Einnahmequelle. Denn Finanzhäuser lassen sich Verschuldungen für den eingeräumten Dispositionskredit teuer bezahlen. Dispozinsen sind von allen Kreditarten am kostspieligsten und liegen meistens im zweistelligen Bereich.
Vor der Reform von 2016 durch die Bundesregierung war es aufgrund des damit verbundenen Ausfallrisikos für die Bank möglich, dass diese für den Antrag auf ein Girokonto eine Bonitätsüberprüfung mit Schufa-Anfrage vornahm. War das Ergebnis aus Sicht der Bank negativ, konnte Kunden die Kontoeröffnung verweigert werden.

Die abschlägig Beschiedenen waren dazu gezwungen, bei einer anderen Bank einen neuen Antrag auf ein Girokonto zu stellen oder mit einem Konto auf Guthabenbasis vorliebzunehmen. Bei diesem fehlten allerdings wesentliche Funktionen wie eine Bankkarte, das Recht auf Ein- und Auszahlung am Geldautomaten sowie die Abwicklung von Lastschriften und Überweisungen ganz oder teilweise. Dieses typischerweise abgespeckte Format hat zu dem schlechten Ruf von Guthabenkonten beigetragen, der aber nach der Reform von 2016 keine Grundlage mehr hat.

Was wurde beschlossen?

Seit 2016 sind Banken dazu verpflichtet, Kunden ein Konto anzubieten, das über sämtliche Funktionen verfügt, die im modernen Zahlungsverkehr selbstverständlich geworden sind. Kunden muss es möglich sein, eine Bankkarte zu erhalten, mit der sie sich Geld am Automaten oder in der Bank ein- und auszahlen lassen sowie im Geschäft bezahlen können. Die Möglichkeit für Überweisungen, Daueraufträge und Lastschriften muss ebenfalls gegeben sein. Prekäre Lebensverhältnisse oder ein negativer Schufa-Score dürfen kein Ablehnungsgrund für den Erhalt eines solchen Kontos mehr sein.

Die Unterschiede zwischen dem Girokonto und dem Guthabenkonto

Durch die Reform von 2016, die besonders ärmeren Menschen Entlastung bietet, haben sich das Guthabenkonto und das Girokonto stark aneinander angeglichen. Das Guthabenkonto ist kaum noch schlechter als ein Girokonto und kann, wenn man es wohlwollend betrachtet, Inhabern sogar Vorteile verschaffen.

Der augenfällige Unterschied zwischen beiden Kontoarten ist der nicht vorhandene Dispositionskredit, sodass Überziehungen in keinem Fall möglich sind. Tendenziell sind die Kontoführungsgebühren überdies etwas höher, weil Banken damit die fehlenden Einnahmen durch den teuren Dispokredit kompensieren möchten.

Die Vor- und Nachteile des Guthabenkontos

Der fehlende Dispokredit und die höheren Kontogebühren stellen im Vergleich zum Girokonto Nachteile dar. Inhaber des Guthabenkontos sind durch die fehlende Flexibilität im Falle mangelnder Reserven zu einer disziplinierten Haushaltsführung genötigt, um jederzeit seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können und zugleich immer genügend zum Leben zu haben.

Andererseits geht von der Möglichkeit der geduldeten Kontoüberziehung etwas Verführerisches aus, sodass Inhaber von Guthabenkonten nicht Gefahr laufen, in eine Verschuldungsspirale zu geraten oder unverhältnismäßig viele Zinsen zahlen zu müssen. Das Guthabenkonto ist durch den neuen Status als eine Art Menschenrecht schnell bewilligt und eine Schufa-Prüfung bleibt Antragstellern erspart oder ist kein Hindernis für eine Bewilligung mehr.

Für wen ist das Guthabenkonto geeignet?

Seit der Reform von 2016 ist das Guthabenkonto als bedingungsloses Basiskonto nicht mehr so unattraktiv und Inhaber verfügen über alle wesentlichen Kontofunktionen für den modernen Zahlungsverkehr. Dennoch ist ein Girokonto durch die geringeren Gebühren und den Spielraum für Überziehungen immer noch attraktiver, sodass das Guthabenkonto vor allem für die Zielgruppen gedacht ist, die nicht so leicht ein Girokonto bewilligt bekommen:
• Obdachlose
• Migranten
• Erwerbslose
• Personen mit negativem Schufa-Eintrag
• Saisonarbeiter
• Studierende
• Austauschschüler
• Personen mit Pfändung oder Insolvenz

Eine ernsthafte Alternative zum Girokonto ist das Guthabenkonto für Kunden, denen es aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur schwerfällt, ihre Ausgaben zu kontrollieren, und die dazu neigen, schnell und dauerhaft in den Dispositionsrahmen zu fallen. Kinder und Jugendliche sind hingegen mit einem speziellen Kinder- und Jugendkonto besser bedient, denn hier wirbt die Bank mit attraktiven Konditionen um die Kunden von morgen.

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