Samstag, 08. Februar 2025

Crash Kurs in Kandel: Eindringliche Botschaft für junge Fahrer

30. Januar 2025 | Kategorie: Kreis Germersheim, Regional

Foto: Pfalz-Express/Trauth

Wie schnell ein Moment der Unachtsamkeit oder Leichtsinn auf der Straße alles verändern kann, erlebten die Oberstufenschüler der IGS Kandel hautnah bei der Veranstaltung „Crash Kurs RLP – Realität erfahren. Echt hart.“ in der Stadthalle Kandel.

In bewegenden Berichten und drastischen Bildern zeigten Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, welche Folgen Unfälle haben können – nicht nur für die Opfer, sondern auch für die Verursacher.

Wenn Sekunden über Leben und Tod entscheiden

Nach der Begrüßung durch MSS Stufenleiter Stephan Venter von der IGS Kandel stellte Polizeioberkommissarin Lena Wolff von der Polizei Wörth das Konzept vor. Der Crash-Kurs will junge Fahrer auf die Ursachen und Folgen von Verkehrsunfällen aufmerksam machen. Hauptursachen seien überhöhte Geschwindigkeit, Missachtung von Regeln, Alkohol, Drogen und Ablenkung. Auch weitere Referenten sprachen eindringlich über die Folgen. 

Und: Mit realistischen Unfallberichten und emotionalen Statements von Betroffenen sollte das Bewusstsein für verantwortungsvolles Fahren geschärft werden.

Foto: Pfalz-Express/Trauth

Drastische Bilder und erschütternde Schicksale

Zum Einstieg zeigte Wolff mehrere kurze Filme, die schwere Verkehrsunfälle mit jungen Fahrern dokumentierten. Sie verdeutlichte, dass oft Alkohol, Selbstüberschätzung oder Ablenkung wie das Handy fatale Konsequenzen haben.

Ein Beispiel: Eine junge Fahrerin, die bei Nässe mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, krachte in einen Traktor – sie überlebte den Unfall nicht. Ein junger Mann, selbst ehrenamtlicher Fahrer beim DRK, verlor durch überhöhte Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Fahrzeug und starb. Ein Motorradfahrer, der viel zu schnell fuhr, überlebte seinen Unfall nicht. Trümmerteile lagen bis zu 400 Meter weit verstreut, die Fahrzeuge waren bis zur Unkenntlichkeit zerstört.

Unfälle aus nächster Nähe

Besonders eindrucksvoll war die Schilderung zweier schwerer Unfälle auf der K 15 zwischen Langenberg und Schaidt. Polizeioberkommissar Marc Düring stellte einen Fall vom 28. Januar 2021 vor:

Ein 18-jähriger Fahrer war um 6:21 Uhr morgens bei dichtem Nebel und nasser Fahrbahn mit hoher Geschwindigkeit unterwegs. Er versuchte, vier Autos gleichzeitig zu überholen. Als er die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Fahrzeugs bemerkte, war es zu spät. Sein Tachometer blieb bei 140 km/h stehen. Der Unfall forderte einen Schwerverletzten, der Sachschaden belief sich auf 10.000 Euro.

Als die Polizei Wörth am Unfallort eintraf, war die Feuerwehr bereits dabei, den eingeklemmten Fahrer aus dem völlig zerstörten Auto zu befreien. Der Unfallverursacher kam mit leichten Verletzungen davon. Seine Begründung: Er sei spät dran gewesen.

Foto: Pfalz-Express/Trauth

Die Rettungskette in Aktion

Jürgen Stephany von der Feuerwehr Wörth schilderte den Unfall aus Sicht der Feuerwehr. Dank der schnellen und gut koordinierten Rettungskette konnte der schwerverletzte Fahrer rasch befreit und versorgt werden.

Alexander Ditz und Florian Wagner vom Rettungsdienst Südpfalz betonten, dass bei Schwerverletzten jede Sekunde zählt. Man spricht von der „Traumaspirale“ – die Zeitspanne vom Unfall bis zur Versorgung im Schockraum einer Unfallklinik sollte möglichst nicht länger als eine Stunde sein.

Folgen für den Unfallverursacher

Anschließend wurde ein Statement des jungen Fahrers eingeblendet. Er erklärte, dass der Unfall das Schlimmste sei, was ihm je passiert sei. Mit der Schuld muss er nun leben. Neben seinen eigenen Verletzungen und einem mehrtägigen Krankenhausaufenthalt (ohne Handy und Besuchsmöglichkeiten wegen Corona) hatte er gravierende rechtliche Folgen zu tragen: 1,5 Jahre Führerscheinentzug, ein 1.500 Euro teures Aufbauseminar und ein Strafverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie fahrlässiger Körperverletzung.

Das Opfer berichtet

Besonders bewegend war der Bericht von Unfallopfer Hoffmann. An den Unfall selbst hatte er kaum Erinnerungen. Er wusste nur noch, dass plötzlich Scheinwerfer aus dem Nebel auftauchten – dann krachte es. Als er wieder zu sich kam, war er im Fahrzeug eingeklemmt und konnte seine Beine nicht bewegen.

Im Krankenhaus diagnostizierten die Ärzte schwere Verletzungen: eine gebrochene linke Kniescheibe, ein glatt durchgetrennter rechter Oberschenkel, der mit Stahlstäben fixiert werden musste, und ein zerstörtes Sprunggelenk. Wochenlang durfte er sich kaum bewegen, war auf starke Schmerzmittel angewiesen.

Auch nach langer Reha ist sein Sprunggelenk bis heute nicht vollständig verheilt. Sein geliebter Beruf als Schreiner ist für ihn nicht mehr möglich – er absolviert nun eine Umschulung.

Ein späteres Gespräch mit dem Unfallverursacher sei für ihn sehr aufwühlend gewesen, doch Hass empfinde er nicht: „Jeder macht mal Fehler.“

Betroffene Stille und ein eindringliches Fazit

Während der gesamten Veranstaltung herrschte gespannte Stille im Saal. Man hätte eine Stecknadel fallen hören.

Dann wurde es plötzlich lebhafter: Die Schüler durften per Handy ihre Wünsche für die Zukunft an die Polizei senden. Diese Wünsche wurden als imaginärer Luftballon dargestellt – der dann plötzlich platzte. Dazu erschien die eindringliche Botschaft: „Die Zukunft liegt in deiner Hand.“

Abschließend konnten die Jugendlichen einen Promille-Parcours durchlaufen. Mit einer speziellen Brille, die eine Alkoholisierung von 1,3 Promille simulierte, mussten sie einen Schlüsselbund aufheben und Bälle in eine Box werfen. Niemand schaffte den Parcours fehlerfrei – was zu viel Gelächter, aber auch ernster Verwunderung führte.

Durch den Parcours führten Beamte des Polizeipräsidiums Ludwigshafen, Abteilung Prävention.

Am Ende war die Botschaft des Crash Kurses eindeutig: Verkehrsunfälle sind kein Schicksal, sondern oft die Folge vermeidbarer Fehler. Jeder trägt Verantwortung für sich und andere – und eine falsche Entscheidung kann ein ganzes Leben zerstören.

Eine Schülerin zog aus der Veranstaltung ihre ganz persönliche Konsequenz: „Ich möchte einen Beruf ergreifen, in dem ich helfen kann.“

Die Eindrücke des Tages werden die Teilnehmer wohl noch lange begleiten. Ein großes Dankeschön galt den Organisatoren und Rettungsteams, die mit ihrem Einsatz das Bewusstsein für sichere und verantwortungsvolle Teilnahme am Straßenverkehr schärfen konnten. (ht/red)

Foto: Pfalz-Express/Trauth

 

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