Mittwoch 12.November 2025

25 Jahre Zoodirektor in Landau: „Das ist mein Leben!“

Dr. Heckel im Pfalz-Express-Interview

1. November 2025 | Kategorie: Landau, Regional, Regional

Dr. Jens-Ove Heckel mit einem Plüsch-Dromedar (Dromedare sind seine Lieblingstiere) vor dem Flamingo-Gehege, das umgestaltet werden soll.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Landau. Dr. Jens-Ove Heckel feiert ein schönes Jubiläum: Nachdem der Landauer Zoo im letzten Jahr 120 Jahre alt geworden ist, kann Heckel in diesem Jahr auf 25 Jahre als Direktor und Tierarzt im Landauer Zoo zurückblicken.

Der Pfalz-Express wollte Näheres wissen und stellte Dr. Heckel einige Fragen.

PEX: Herr Dr. Heckel, was war der prägendste Moment in diesen 25 Jahren für Sie?

Da ist die Auswahl schwierig. Es gab und gibt viele tolle Momente. Auf jeden Fall wurde die Einrichtung Zoo Landau in dieser Zeit in vielen Bereichen erheblich nach vorne gebracht.

Um auf Ihre Frage zurück zu kommen: Wahrscheinlich war es der Moment, als ich die Zusage für diese Stelle bekommen habe.

Es stand Spitz auf Knopf: Entweder Philippinen oder Landau. Ich hatte mich nämlich auf eine Stelle beim Deutschen Entwicklungsdienst als Berater einer Wildtierauffangstation auf den Philippinen beworben. Das Auswahlprocedere ging über zwei Tage. Dann hatte ich die Zusage, erbat mir aber noch ein paar Tage Bedenkzeit, denn ich hatte mich auch in Landau beworben. Ich wusste, dass die Entscheidung in Landau auch bald fallen würde.

Es gab wohl 58 Bewerbungen auf die Leitungsstelle des Landauer Zoos. Dass ich die Zusage bekommen würde, hatte ich allerdings nicht wirklich erwartet.

Das Für und Wider musste dann doch gut abgewogen werden: Die Stelle auf den Philippinen hat mich schon sehr gereizt. Allerdings hätte meine Frau, die ja auch Tierärztin ist, auf den Philippinen ihren Beruf wohl nicht ausüben können.

Der Landauer Zoo war klein und noch wenig bekannt, hatte aber viel Potential. Ich dachte: „Da kann man etwas draus machen“ und die Gegend gefiel uns auch.

Bald darauf hatte meine Frau die Leitung des Landauer Tierheims übernommen, darin hatte sie Erfahrung, denn sie war vorher Leiterin des großen Tierheims in Kassel.

Im Bewerbungsgespräch war nach meinen Visionen für den Zoo Landau gefragt worden. Ich antwortete damals recht kühn: „Ich werde den Landauer Zoo nach dem Leitbild der Welt-Zoo- und Aquarium-Strategie entwickeln. Er soll nicht nur primär als Ort der Erholung und Freizeitgestaltung wahrgenommen werden, sondern die Bereiche der Bildung für Nachhaltigkeit, der Artenschutz und die Forschung sollen gleichrangige Ziele sein.

Neben Erholung sind Bildung, Artenschutz und Forschung die vier Pfeiler, auf denen ein progressiver Zoo seine Arbeit gründet.

Damit kann ich mich nach wie vor sehr gut identifizieren. Alle diese Dinge gab es nur rudimentär hier im Zoo, allerdings gab es schon die Zooschule. Es hat mich gereizt, den Zoo auf diesem Weg weiter voran zu bringen.

Ich bin sehr dankbar, dass Frau Dr. Hollstein die Zooschule bravourös zum Erfolg geführt hatte. Und dann gab es schon bald erste Projekte für den Artenschutz.

Auch die Zusammenarbeit mit Architekt Peter Buchert war sehr erfolgreich. Wir planten schon viele Baumaßnahmen. Nur einige wichtige Beispiele: 2004 wurde die Afrikaanlage umgebaut und erstmalig erweitert, 2005 die Zooschule neu gebaut. Mit begrenzten Mitteln konnten wir schon viele wichtige Verbesserungen in der Tierhaltung erreichen. Solche Bauprojekte, wie auch die Zooerweiterung 2010 wäre aber ohne den Freundeskreis Zoo Landau und ohne das Wohlwollen der Stadtpolitik nicht auf den Weg zu bringen gewesen.

Der Eingang wurde verlegt, es gab einen neuen Kassenbereich, das Zoorestaurant … Das waren wichtige Impulse und das Signal, dass man für den Zoo eine Zukunft haben möchte.

Es freut mich, dass bislang die ganz große Mehrheit der Bevölkerung und auch die Entscheidungsträger immer ein klares Bekenntnis zum Zoo abgegeben haben.

Wenn jetzt Signale kämen, dass der Zoo ein ungeliebtes Stiefkind ist, wäre das tragisch. Ich habe mittlerweile meinen 8. Chef (Dezernenten) und ich hatte immer das gute Gefühl, dass der Wille zum Erhalt des Zoos da ist. Das hat mich beflügelt, weiter zu machen.

PEX: Wie ist denn die Verbindung zum Artenschutz zu sehen?

Als erster Zoo in Deutschland haben wir 2012 den Artenschutz-Euro mit politischer Zustimmung eingeführt. Vom Eintritt wird ein fester Anteil zweckgebunden vereinnahmt, um Artenschutz und Umweltbildung zu finanzieren.

Zwischen 60.000 und 80.000 Euro im Jahr werden so immer für Artenschutzprojekte eingesetzt. So schließt sich der Kreis auch zu den Philippinen, weil der Landauer Zoo seit 2001 Schutzprojekt für hochbedrohte Arten vor Ort unterstützt.

Wir haben zudem hier im Zoo die noch neue Philippinen-Anlage mit Beteiligung and den Erhaltungszuchtprogrammen der Prinz Alfred-Hirsche, Mähnenschweine oder Rotsteißkakadus – so setzen wir uns vielfach für kritisch bedrohte Arten ein, auch ohne, dass ich damals direkt auf den Philippinen tätig geworden bin.

Alle diese Projekte sind langfristig unterstützt. Wir tragen so unseren Teil dazu bei, das Leben bedrohter Tierarten zu schützen.

Zusammen mit der Stadtholding Landau unter ihrem damaligen Geschäftsführer Thomas Hirsch haben wir es geschafft, Wald neu zu pflanzen und Primärwald zu schützen, sodass CO2-Emissionen, die auch hier im Zoo Landau und im Freizeitbad LaOla entstehen, kompensiert werden.

Ich denke weiter an die Zuchterfolge bei unseren Weißscheitelmangaben, für deren in der Natur lebende ebenfalls gefährdete Verwandte wir seit zweieinhalb Jahrzehnten Schutzprojekte in Ghana. fördern, Seit 2017 haben wir eine enge Partnerschaft mit Ruanda zum Schutz der Kronenkraniche – und in den Austausch ist auch unsere Zooschule eingebunden.

Ich habe hier in Landau die Chance, maßgeblich Einfluss auf diese Dinge zu nehmen. Man kann etwas bewegen zusammen mit dem Zooteam, das dahinter steht.

Ich bin der Stadt Landau auch sehr dankbar. Ich hatte immer das Gefühl, Unterstützung zu bekommen.

In acht Jahren werde ich wahrscheinlich in Rente gehen, so lange möchte ich hier bleiben. München, Köln, Frankfurt – diese Möglichkeiten winkten, aber Landau, bei allen Limitationen, hat viele Qualitäten. Letztes Jahr haben wir 120 Jahre Jubiläum gefeiert.

Mittlerweile steht auch ein Zoohinweis-Schild an der Autobahn und das ist eine tolle Anerkennung. Das übrigens völlig zurecht, immerhin hat der Zoo über 200.000 Besuche im Jahr. Das ist für eine vergleichsweise kleine Zoofläche von 4,5 Hektar und bei 49.000 Einwohnern der Stadt schon bemerkenswert. Wir bringen als sogenannter weicher Standortfaktor auch der Stadt sehr viel.

Tolle Erfolge und Entwicklungen sind aber auch, dass wir jetzt Mitglied bei der IUCN, der Weltnaturschutzunion, sind. Sie ist das höchste globale Gremium des Naturschutzes und veröffentlicht die roten Listen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten. Unser Zoo hat mittlerweile Weltgeltung, nicht zuletzt auch durch diese Mitgliedschaft. Das ist keine Selbstverständlichkeit, sondern harte Arbeit.

Dazu braucht es ein gutes Team wie auch unsere Biologin Frau Dr. Schubert, unseren Zooinspektor Herrn Müller und Frau Dr. Weber als zweite Tierärztin. Auch jetzt danke ich der Stadt Landau für die jüngste Stellenaufstockung bei unserem engagierten Tierpflegendenteam. Aber auch ohne unsere Sachbearbeiterinnen, über den Handwerker und die Gärtnerin bis hin zum Kassen- und Zooshoppersonal ist der Zoo nicht denkbar.

Die Anforderung an Zoos werden immer größer, Tierbestände werden immer wertvoller, es gibt zurecht hohe Standards bei der Pflege. Unsere Tierärztin kümmert sich zusätzlich noch intensiver und speziell um die Themen Fütterung und Tierbeschäftigung. Ein Zoo muss auch bezüglich solcher Themen immer auf dem neuesten Stand sein.

Zoos, die wissenschaftlich geleitet werden, wollen immer besser werden. Aber es muss auch Geld und Personal vorhanden sein. Das ist ein harter Alltagskampf …

Ein Glück, dass es den Zoofreundeskreis gibt, der dieses Jahr 50jähriges Bestehen feiert. Er ist unverzichtbar für den Zoo. Er schafft die wichtigste Grundlage für viele Sanierungen und Baumaßnahmen.

Beim Thema Zooschule bekomme ich etwas Bauchgrummeln, weil Frau Dr. Hollstein in gut einem Jahr in den Ruhestand geht. Sie konnte maßgebliche Akzente setzen. Nun braucht es dann eine qualifizierte Nachfolge, um das ausgezeichnete Niveau der Schule zu erhalten. Zumal ein weiteres großes Ziel die räumliche Kapazitätserweiterung ist!

PEX: Welche größeren Projekte gibt es noch?

Die Übernetzung der Flamingoanlage ist ein sehr großes Projekt, das teuerste, was jemals umgesetzt werden wird.

Es soll Schutz vor Krähen, Füchsen bieten und den Kontakt zu Wildgeflügel wegen der Vogelgrippe minimieren.

Wir sprechen da von über 800 Quadratmetern. Besucher gehen über zwei Wege in die Voliere hinein. Die Planung ist abgeschlossen, wir hoffen auf eine Finanzzusage des Landes für die zweite Hälfte. Der Zoofreundeskreis übernimmt eine Hälfte. Insgesamt wird es ca. 1,5 Millionen kosten. Wir reden von einem neuen Stallgebäude, Edelstahlnetz mit entsprechender Statik, der Teich wird neu angelegt, Besucherwege usw., usw. … außerdem sind die Kosten im Baubereich astronomisch in die Höhe gegangen. Wir hoffen, im Herbst 2026 loslegen zu können.

PEX: Und was beschäftigt Sie außerdem?

Wir müssen Personal weiter qualifizieren und werden zwei zusätzliche Tierpfleger einstellen. Der Tierpflegeberuf ist ein körperlich extrem anstrengender Job. Es gehört auch dazu, die Tiere zu beschäftigen, die Fütterung zu optimieren. Es braucht Fachkenntnisse und man muss die Tiere beobachten können.

Wir sind ein Ausbildungsbetrieb und haben am 1. September wieder angefangen, auszubilden. Auch in der Zoobranche gibt es einen Fachkräftemangel.

PEX: Wie ist denn das Selbstverständnis des Zoos?

Die Besucher sollen eine gute Zeit bei uns haben. Sie kommen aufgeschlossen in den Zoo und mit einem positiven Interesse an den Themen, die wichtig sind. Wir sehen uns als Artenschutz- und Bildungszentrum.

Dazu gehören auch Infotafeln und die direkte Ansprache im Rahmen von Führungen. Wir möchten keine Bambivision eines Zoos vermitteln, sondern auch schwierige Themen offen ansprechen.

Zum Beispiel geht es um das Populationsmanagement und darum, dass auch mal eine Ziege geschlachtet werden muss, um den Tiger artgemäß zu füttern. Es muss gestorben werden, damit gelebt werden kann.

Ein Fehler wäre, nicht darüber zu reden. Auch bei Zooführungen werden schwierige Themen besprochen. Ich habe es bei uns im Zoo noch nie erlebt, dass jemand für sachliche Diskussionen überhaupt nicht zugänglich ist. Es muss daran gearbeitet werden, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung für die vielfältigen Aufgaben der modernen Zoos bestehen bleibt und weiter wächst.

PEX: Haben Sie ein Lebensmotto?

Privat und dienstlich ist als Zoodirektor kaum zu trennen. Das ist mein Leben!

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