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SÜW: Über 600 Einsatzkräfte leisten 40.000 ehrenamtliche Stunden im Flutgebiet Ahrtal

9. November 2021 | Kategorie: Kreis Südliche Weinstraße

Hochwasser in Rheinland-Pfalz am 15.7.2021
Foto: über dts Nachrichtenagentur

SÜW – Insgesamt waren über 600 Einsatzkräfte aller Hilfsorganisationen aus dem Landkreis Südliche Weinstraße im Hochwasserkatastrophengebiet Ahrtal tätig und haben weit über 40.000 ehrenamtliche Stunden geleistet.

Darüber berichtete Brand- und Katastrophenschutzinspekteur (BKI) Jens Thiele in der vergangenen Sitzung des Kreisausschusses. „Viele Arbeitnehmer haben sich Urlaub genommen oder sind vom Arbeitgeber freigestellt worden. Parallel wurde auch weiterhin die Einsatzbereitschaft im Landkreis selbst gewährleistet. Es macht mich stolz, dass das ehrenamtliche System über einen so langen Zeitraum agieren konnte. Deshalb ist es unglaublich wichtig, das Ehrenamt zu stärken“, betonte Thiele.

In seiner Präsentation ging der BKI auf die drei Phasen der Unterstützung ein. „Innerhalb kürzester Zeit haben sich 130 ehrenamtliche Kräfte mit 27 Fahrzeugen versammelt und sind in das Katastrophengebiet gestartet. Wir waren darauf eingestellt, Keller auszupumpen und Sandsäcke zu verlegen. Da es sich aber anstelle eines gewöhnlichen Flusshochwassers eher um eine Flutwelle gehandelt hat, welche ganze Gebäude wegspülte, mussten noch viele Stunden nach dem Ereignis Menschen aus Gebäuden und Altenheimen evakuiert werden“. Da sämtliche Kommunikationsnetze ausgefallen seien, sei das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe lange nicht bekannt gewesen.

Die Schnelleinsatzgruppe Verpflegung habe mit der Feldküche rund um die Uhr mehrere Tausend Speisen zubereitet, viel mehr als die Feldküche eigentlich ausgelegt sei. Außerdem habe man in den ersten Stunden vor allem Getränke ausgegeben, Vermisste gesucht, Gefahrstoffe geborgen, die Bevölkerung mit Strom und Informationen versorgt sowie eine Apotheke zugänglich gemacht.

Die Technische Einsatzleitung LD/SÜW hat zudem, die zwischenzeitlich durch das Land übernommene, zusammen mit mehreren BKI aus Rheinland-Pfalz, Einsatzleitung unterstützt. Über die Technische Einsatzleitung wurde vor allem der Einsatz der rheinland-pfälzischen Feuerwehren im Schadensgebiet koordiniert.

Zwischen dem 7. August und dem 2. Oktober haben Kräfte aus der Südpfalz dann den Grundschutz in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler sichergestellt, damit sich die Feuerwehrangehörigen vor Ort um eigene Schäden kümmern konnten. Rund um die Uhr waren hier über 20 Einsatzkräfte in einem drei-Tages-Rhythmus in Bad Neuenahr auf 2 Feuerwachen stationiert.

„Stets mit Rücksicht auf die eigene psychische und physische Gesundheit. Deshalb wurden auch Gesprächskreise in den Feuerwehren gebildet und der Kriseninterventionsdienst eingeschaltet, damit niemand unter psychischen Folgen leiden muss“, so Thiele

„Eine solch große Katastrophe war bisher nahezu undenkbar – ein solcher Einsatz kann eigentlich nicht geübt werden. In unseren Großübungen geht es in der Regel um einen Großbrand mit zwei oder drei Gebäuden oder um einen Verkehrsunfall mit Reisebus. Hier war das Einsatzgebiet sehr groß, mehrere Verbandsgemeinden betroffen, teils ganze Ortschaften enorm beschädigt“, berichtete Thiele. Neben der fehlenden Strom-, Wasser- und Abwasserversorgung habe es auch defekte Heizungssysteme und Ölschäden gegeben, alle Probleme seien gleichermaßen dringend gewesen. Der Fokus sei deshalb auf die Infrastruktur gelegt worden und nicht auf einzelne Wohnhäuser.

Hinsichtlich der negativen Stimmung gegenüber Einsatzkräften in den sozialen Medien hob Thiele hervor: „Es ist völlig normal, dass sich die Einsatzleitung zunächst einen Überblick verschaffen muss, die Schadenslage analysieren und die vielen Einsatzkräfte aus verschiedenen Bundesländern in Einklang bringen muss. Die Komplexität und die eingeschränkten Kommunikationswege haben Abstimmungen zusätzlich erschwert. Alle Beteiligten haben jedoch stets mit bestem Wissen und Gewissen sowie vollem Einsatz versucht, das Beste zu tun. Da sehr viele Entscheidungen getroffen werden mussten, ist auch eine gewisse Fehlerquote gegeben. Auch die zivilen Helfer wie Bauunternehmer, Bauern und Landwirte, aber auch Privatpersonen waren ein wichtiger Baustein. Diese haben vor allem in privaten Gebäuden bei den aufräumarbeiten geholfen, da sich die staatlichen Hilfsorganisationen auf den Wiederaufbau der Infrastruktur (z.B. Brücken, Straßen, Trinkwasser- und Abwasserleitungen, Strom und Telefon) konzentriert haben“.

Für den Landkreis SÜW könne man Erfahrungen aus dem Ahrtal ziehen. „Unter anderem müssen Fahrzeugkonzepte im Hinblick auf die Anzahl der Fahrzeuge, Allradantrieb, Watfähigkeit, Geländegängigkeit und Beladung durchdacht werden. Außerdem ist eine zentrale Stelle notwendig, in der alle Fäden von Technischer Einsatzleitung, Verwaltungsstab und Presse zusammentreffen.

Für künftige Katastrophenfälle müsse man ein festes Kontingent vorbereiten, welches dann ohne große Planung abgerufen werden könne. Ein Arbeitskreis „Warnung der Bevölkerung“ werde sich unter anderem auch mit der Evakuierung von Personen und der damit einhergehenden Frage der Unterbringung dieser Menschen beschäftigen. In diesem Arbeitskreis werde man sich auch mit der Sirenenalarmierung befassen, für die der Kreis gerade ein Förderkonzept ausarbeitet. „Alle Maßnahmen und Warnsysteme müssen aufeinander abgestimmt ineinander greifen, damit eine Warnung und Evakuierung größerer Gebiete reibungslos funktioniert“, so Thiele. „Hierzu gehört auch, dass sich die Bevölkerung mit den Warnsystemen und Warnsignalen auseinander setzt und die Anweisungen der Behörden im Gefahrenfall befolgt.“

Zum Thema Frühwarnung bei Hochwasser werde es einen Termin mit dem Landesamt für Umwelt geben. „Die Wahrscheinlichkeit für Naturkatastrophen steigt. Deshalb muss man auch bei kleineren Gewässern auf mögliche Gefahren vorbereitet sein“, so Thiele.

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