Freitag, 19. April 2024

Strategiepapiere enthüllt Aufbau des „Islamischen Staats“ – wenig Religion, dafür hochkomplexer Geheimdienststaat

18. April 2015 | Kategorie: Nachrichten, Weltgeschehen

Flagge des „Islamischen Staats“.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin  – Ein dem „Spiegel“ vorliegendes Konvolut von Strategieplänen und Organigrammen aus der innersten Führung des „Islamischen Staates“ enthüllt erstmals, wie die Terrororganisation aufgebaut ist und wie ihr der Siegeszug in Syrien gelang.

Die zumeist handschriftlichen Dokumente stammen von einem ehemaligen irakischen Geheimdienstoberst der Luftabwehr. Er hatte sich 2004 der Vorgängerorganisation des IS im Irak angeschlossen und war 2010 maßgeblich daran beteiligt, den nominellen Führer Abu Bakr al-Baghdadi an die Spitze des IS zu bringen.

Der Oberst, der unter dem Tarnnamen Haji Bakr bekannt wurde, ging Ende 2012 nach Syrien; er war verantwortlich für die Machtübernahme des IS dort. Bakr wurde im Januar 2014 bei Gefechten getötet. In den Plänen, die der „Spiegel“ nach mehrmonatigen Recherchen in Syrien exklusiv auswerten konnte, offenbart sich nichts von dem religiösen Fanatismus, mit dem der IS sich nach außen präsentiert.

Die Dokumente enthüllen die Methoden eines hochkomplexen Geheimdienststaates, der sich auf flächendeckende Ausspionierung, Überwachung und Morde gründet. Unter dem Deckmantel islamischer Missionierungsbüros wurden laut den Plänen in den Städten und Dörfern Nordsyriens als Prediger getarnte Spione ausgebildet. Sie sollten Machtverhältnisse und Schwachstellen der jeweiligen Orte in Erfahrung bringen.

In einem nächsten Schritt sollten charismatische Führungsfiguren und Rebellenführer von speziell etablierten Einheiten für „Ermordungen“ und „Entführungen“ beseitigt werden, um potenziellen Widerstand frühzeitig zu ersticken.

Erst dann sollten militärische Angriffe erfolgen, unterstützt von „Schläferzellen“ mit Waffen und Kämpfern. Dass diese Pläne exakt umgesetzt wurden, bestätigten monatelange Recherchen des „Spiegel“ in verschiedenen Provinzen Nordsyriens sowie ein zweiter Aktenfund aus dem Anfang 2014 verlassenen IS-Hauptquartier in Aleppo.

Darin finden sich auf Hunderten Seiten die Protokolle zur Durchführung der Ausspionierung, Überwachung und Unterwerfung eroberter Gebiete.  (dts Nachrichtenagentur)

Print Friendly, PDF & Email
Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen