Steinbrück: „Deutschland lässt sich nicht durch die Manege ziehen“

2. November 2013 | Kategorie: Politik

Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kann sich bei weitem nicht vorstellen, dass US-Präsident Obama nicht gewusst haben will.
Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin – Der frühere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mahnt in der NSA-Spähaffäre einen selbstbewussteren Umgang der Bundesregierung mit den Vereinigten Staaten an.

„Amerika und wir sind Partner, manche sagen: Freunde. Es wird Zeit, den Amerikanern deutlich zu machen, dass wir uns diese Freundschaft anders vorstellen“, sagte Steinbrück.  „Deutschland darf sich von niemandem durch die Manege ziehen lassen. Es gibt Grenzen.“

Die Chuzpe, mit der jetzt mancher Amtsträger in den USA erklären wolle, die Abhör-Affäre sei „ganz normal, finde er allerdings unerhört. Den Amerikanern sei die deutsche Souveränität offenbar keine erstklassige Bewertung wert. Vor diesem Hintergrund müssten sich die Deutschen nicht vorauseilend devot auf amerikanische Bewertungen einlassen. Er habe schon vor Monaten gefordert, die Verhandlungen zur Freihandelszone solange auszusetzen, bis alle Fragen von den USA beantwortet worden sind.

Steinbrück sagte weiter: „Man kann doch nicht verhandeln, wenn die andere Seite einem Wanzen unterm Schreibtisch platziert oder abfischt.“ Steinbrück bezweifelte, dass US-Präsident Barack Obama nicht über die Abschöpfung von dem Aushorchen nichts gewusst habe. „Der US-Präsident bekommt jeden Morgen einen Lagebericht, mit Informationen und Bewertungen der Dienste“, sagte Steinbrück: „Der Präsident wird doch wohl wissen wollen: Wie valide sind die Informationen? Woher oder von wem habt ihr das Material“?

Steinbrück sagte, er verstehe es, „wenn Frau Merkel die Vertrauensbasis zu Präsident Obama als gestört empfindet“. Es sei indes bemerkenswert, wie sehr die Spähaffäre „vor der Bundestagswahl von Regierungsvertretern wie den Herren Pofalla und Friedrich sowie auch manchen Medien heruntergespielt wurde und wie groß nun die Aufregung ist, weil das Handy von Frau Merkel in den Fokus der Aufmerksamkeit und Erregung gekommen ist“.

Eine mögliche Vernehmung des Whistleblowers Edward Snwoden begrüßte Steinbrück. Er sagte: „Wenn es die Möglichkeit dazu gibt, sollten wir ihn in Deutschland anhören. Das hat Sigmar Gabriel übrigens schon vor der Wahl vorgeschlagen. Nun plötzlich ist die Erregung groß, und die politische und mediale Szene ist entsetzt und ruft nach Konsequenzen. Ja, wo waren die denn vor drei Monaten. Dazu fällt mir einmal mehr der Satz des französischen Diplomaten Talleyrand ein: Hochverrat ist eine Frage des Datums.“  (dts Nachrichtenagentur)

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