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Staatsverschuldung: Zum ersten Mal halten alle EU-Länder die Maastricht-Kriterien ein

12. April 2018 | Kategorie: Panorama, Wirtschaft

Fast 20 Jahre hat es gedauert, bis die Verträge von allen eingehalten werden konnten.
Foto: Pixabay/Bru-nO/CC0 Creative Commons

Erstmals seit der Einführung der Europäischen Gemeinschaftswährung – das war im Jahr 1999 – konnten die Euro-Länder die jährliche Schuldengrenze von 3 Prozent (festgehalten in den sogenannten Maastricht-Kriterien) einhalten.

2017 lag die Neuverschuldung innerhalb der Euro-Zone überhaupt bei gerade einmal 1,0 Prozent – ein Grund zur Freude? Es sind nicht die Sparbemühungen der einzelnen Finanzminister, sondern vorwiegend die gute Konjunktur und die noch immer niedrigen Zinsen, die von Seiten der Europäischen Zentralbank künstlich nach unten gedrückt werden, die den einzelnen Staaten helfen.

Werden diese beiden Effekte aber herausgerechnet, so kann keinesfalls von einem Erfolg gesprochen werden.

Italien, Portugal und Griechenland bleiben die Sorgenkinder

Mit dem Beginn der Finanzkrise begann sich auch die jährliche Neuverschuldung in der Euro-Zone auszubreiten. So waren es im Jahr 2013 acht Mitgliedsländer, die die Grenze von 3 Prozent nicht einhalten konnten – ganz vorne befanden sich die Slowenen mit 14,7 Prozent, danach folgte Griechenland mit 13,2 Prozent.

Aber auch Zypern, Spanien, Portugal, Irland, Belgien und Frankreich hatten Probleme bei der Einhaltung der Maastricht-Kriterien. Drei Jahre später konnten jedoch schon fast alle Länder die Neuverschuldung bei unter 3 Prozent halten – nur Frankreich (3,4 Prozent) und Spanien (4,5 Prozent) scheiterten.

Nun ist es aber auch den Spaniern und Franzosen gelungen, sodass nun alle Euro-Länder die Maastricht-Kriterien einhalten konnten. Leider gibt es aber doch ein paar Wermutstropfen: So mag der Umfang der Neuverschuldung zwar zurückgegangen sein, die Gesamtverschuldung der Länder stagniert aber noch immer auf einem sehr hohen Niveau.

In Belgien, Spanien, Zypern und Frankreich beträgt die Staatsverschuldung 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – in Italien und Portugal sind es sogar über 130 Prozent, in Griechenland sind es 177 Prozent.

Die Obergrenze, die von Seiten der Europäischen Union beschlossen wurde, liegt hingegen bei 60 Prozent. Um dieses Niveau zu erreichen, müssten die Staaten die Neuverschuldungen auf einem extrem niedrigen Niveau halten – und das über mehrere Jahre.

Aktuell sind es nur sieben Länder, die sich unter der magischen 60 Prozent-Grenze befinden: Lettland, Litauen, Estland, Malta, Luxemburg, die Slowakei und die Niederlande. Deutschlands Verschuldung beträgt aktuell 65 Prozent.

Warum die aktuellen Zahlen noch lange kein Grund zur Freude sind

Jedoch ist es auch fraglich, ob die Defizitgrenze von 3 Prozent in den kommenden Jahren überhaupt eingehalten werden kann. „Es sind die niedrigen Zinsen und die gute Konjunktur“, so Ralph Solveen, ein Volkswirt der Commerzbank. „Werden diese beiden Effekte nämlich nicht berücksichtigt, so sind die Defizite keinesfalls niedriger als zu Zeiten der Finanzkrise, wobei die Schuldenstände der Länder aktuell jedoch deutlich höher sind.“

Auch Deutschland stehe, so Solveen, „keinesfalls gut da“. 2010 gab es ein Minus von insgesamt 4,2 Prozent; seit mehreren Jahren gelingen dem Bund aber sogar Überschüsse. Jedoch seien diese aufgrund der niedrigen Zinsen und des Konjunkturbooms zurückzuführen und nicht aufgrund diverser Einsparungen.

Symboldbild: dts

Die Ruhe vor dem Sturm?

Experten sind sich sicher: Würden die Zinsen also steigen oder die Wirtschaft in eine Rezession rutschen, könnte man sich von der 3 Prozent-Grenze wieder verabschieden – vor allem die Sorgenkinder Spanien und Italien.

„Es wurden in Italien und Spanien wieder Steuersenkungen versprochen, zudem plane man zusätzliche Ausgaben“, so Solveen, „man muss also davon ausgehen, dass die Staatsschulden in Spanien und auch in Italien wieder steigen werden.“

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