Donnerstag, 02. Mai 2024

Ab 3. Oktober: Ausstellung „Der Krieg kam auch nach Kandel“

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Datum/Zeit
03.10.2014

Ort
Stadthalle

Veranstaltungsart


Einzigartige Zeitdokumente wurden für die Ausstellung zusammengetragen.    Bildmaterial: Dr. Werner Esser

Kandel – Am Waffenstillstandstag, dem 11. November, wurde die Kandeler Delegation vor zwei Jahren in der Partnerstadt Reichshoffen im Elsass, eingeladen, um dem Wiederaufbau des Mahnmals der Gefallenen des 1. Weltkrieges beizuwohnen.

Dieses Mahnmal war 1923 von den Bürgern Reichshoffens errichtet, in den 60er Jahren abgebaut und vergraben und nun wieder aufgebaut und restauriert worden. Der Beigeordnete Pierre-Marie Rexer bat Bürgermeister Günter Tielebörger und den Leiter des Volkshochschul-Arbeitskreises Geschichte in Kandel, Dr. Werner Esser, anlässlich der Wiedereinweihung um Mithilfe bei der Identifizierung der auf dem Mahnmal genannten Gefallenen.

Ihn interessierte, ob die Genannten alle in der kaiserlichen Armee gedient, oder ob auch die genannt wurden, die in der französischen Armee dienten. Die Toten des Krieges sollten nicht vergessen werden.

Der Wunsch, mehr über die Gefallenen auf dem Ehrenmal zu erfahren, zeigt das hohe Maß an Freundschaft, das sich in der Städtepartnerschaft entwickelt hat. Reichshoffen wurde bei Kriegsende 1918 wieder an Frankreich angeschlossen, doch will man auch den Gefallenen gedenken, die damals gegen Frankreich kämpften.

Die Soldaten aus Reichshoffen und Kandel dienten nicht in den gleichen Regimentern. Die Kandeler wurden in die bayerische, die Reichshoffener in die preußische Armee berufen. Die Kandeler kämpften überwiegend an der West-, die Reichshoffener an der Ostfront.

Der VHS-Arbeitskreis Geschichte nahm die Aufforderung, die Gefallenen nicht zu vergessen, zum Anlass, auch mehr über die Toten zu erfahren, deren Namen 1927 auf dem Sockel des Kandeler Löwen am Plätzel eingemeißelt wurden.

Aus der Beschäftigung mit den Gefallenen des 1. Weltkrieges wurde eine zweijährige Arbeit, die am 3. Oktober in der Stadthalle Kandel im Rahmen einer Festveranstaltung zum Ausbruch des 1. Weltkrieges vor 100 Jahren vorgestellt werden soll. Die Mitglieder des Arbeitskreises stellten fest: „Der Krieg kam auch nach Kandel“.

Die meisten der Wehrpflichtigen aus Kandel wurden dem 18. Infanterie-Regiment in Landau zugeteilt und an den Fronten in Lothringen und Flandern eingesetzt.

Der erste Gefallene war Johannes Feltz. Als er ‚endlich‘ einberufen wurde, sagte er beim Abschied zu seiner Mutter: „Sei nicht traurig Mama, in sechs Wochen haben wir die ganze Welt zusammengeschossen“. Doch er starb nach wenigen Tagen an seinen Wunden im Kreiskrankenhaus Chateau-Salin. Der Krieg dauerte vier Jahre und gewonnen hat letztlich keiner.

In Kandel sammelten die Angehörigen „Liebesgaben“, um sie an die Front zu schicken. Feldpostbriefe der Soldaten in die Heimat berichteten, dass die Pakete ankamen und dass sich die Empfänger noch bester Gesundheit erfreuten. An stets gleichen Formulierungen lässt sich erkennen, dass die Feldpost unter Zensur stand und keine schlechten Nachrichten übermittelt werden durften.

Die Ausstellung zeigt einen Feldpostbrief an Heinrich Rothhaas, der mit dem Stempelaufdruck „Zurück“ nach Kandel zurückkam. Der Adressat war am 28. Oktober 1917 “auf dem Felde der Ehre“, wie es auf dem Briefumschlag heißt, gefallen.

Die Landauer Zeitung, deren Kriegsjahre von den Mitgliedern des Arbeitskreises durchgesehen worden waren, warb ständig für Kriegsanleihen. Sie seien sicher und wer keine zeichne, sei kein guter Deutscher, hieß es damals.

Die Frauen wurden aufgefordert, ihren Schmuck zu spenden; sie sollten sich schämen, wenn ihre Männer an der Front ihr Leben auf Spiel setzten und sie nichts beitrügen.

Die Zeitung berichtete aber auch von der Situation in der Heimat, dass das Leben in Kandel alles andere als ungestört verlief. Die Lebensmittel waren rationiert, die Feldarbeit ohne Männer kaum zu schaffen und selbst Kinder wurden aufgefordert Bucheckern, ölhaltige Obstkerne oder Heidekraut als Viehfutter zu sammeln.

Die Ansichtskarten, die von der Front nach Kandel geschickt wurden, vermitteln Zuversicht und Siegessicherheit. Zerstörte Dörfer und Städte wurden stets vom Gegner zerstört, abgeschossene Flugzeuge sind vom Feind. Als Propaganda kann man nur die Bildkarten bezeichnen, die den Gegner verhöhnen und die Treue zu Heimat und Vaterland beschwören.

Die Fotos der Kandeler Soldaten, die in die Heimat geschickt wurden, lassen kaum erkennen, welche Not an der Front herrschte. Die Angehörigen durften nicht beunruhigt werden. Nur die oft ernsten Gesichter lassen die Gräuel des Krieges erahnen.

Der Gemeinderat unter Vorsitz von Bürgermeister Otto Just trat mehrfach zusammen, um die Abwesenheit von Lehrern oder anderen Gemeindebediensteten, die eingezogen worden waren, zu regeln oder über Spenden an die Kriegsteilnehmer oder die Witwen und Waisen zu beschließen.

Das Ende der Lateinschule, die zeitweilige Nutzung des Lateinschulgebäudes zur Unterbringung einer Landwehrgruppe und die Bezuschussung des ersten Kandeler Kindergartens, den Schwestern des Roten Kreuzes in der Landauer Straße einrichteten, waren weitere Beschlüsse, über den der damalige Gemeinderat zu entscheiden hatte.

Viele Diskussionen führten die Mitglieder des VHS-Arbeitskreises über die Namen der Gefallenen des 1. Weltkrieges, die auf dem Sockel des Gefallenendenkmals am Plätzel, dem Kandeler Löwen, eingemeißelt sind.

Hier fehlen Namen, die in der „Verlustliste 1. Weltkrieg“ im Internet zu finden sind. Diese Liste weist auch, wie Ute Keppel in nächtelangen Recherchen im Internet feststellte, neben den Toten, viele Namen von Verwundeten, Vermissten oder in Gefangenschaft geratene Kandeler auf. Die Ehrentafel der Kriegsteilnehmer und der Gefallenen aus Kandel zeigt dagegen nur Fotos eines Bruchteils der tatsächlich Betroffenen.

Werner Esser, Leiter des Arbeitskreises, vermutet, das nur die Mitglieder des Kriegervereins auf dem Löwen verewigt wurden und die Ehrentafel nur die Personen nennt, die bereit waren, die Ehrentafel auch zu kaufen.

Oft waren mehrere Mitglieder einer Familie gleichzeitig im Kriegseinsatz. Nicht selten hatte eine Familie mehr als einen Kriegstoten zu beklagen.

Die Ausstellung zeigt einzelne Schicksale anhand von Bildern, Dokumenten und Stammtafeln auf sechs Tafeln. Die Ausstellung wird eröffnet mit einem Vortrag von Dr. Heinrich Thalmann, einem gebürtigen Kandeler, der intensiv über die Pfalz im 1. Weltkrieg geforscht hat. Die Bevölkerung ist herzlich eingeladen. (we)

Eröffnung der Ausstellung: 3. Oktober, 11 Uhr, Stadthalle Kandel.

Die Ausstellung ist vom 3.10. bis 5.10. je zwischen 14 und 18 Uhr in der Stadthalle zu sehen. Bis zum 9.10. können Gruppen nach Voranmeldung die Ausstellung dort besuchen.  Danach zieht die Ausstellung um in die VR Bank, wo sie vom 15.10. bis 3.11. zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen ist.

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