BND geht massiv Personal verloren: Technische Abteilung führt ein Eigenleben

13. Juli 2016 | Kategorie: Politik
Foto: dts nachrichtenagentur

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Berlin – Der Bundesnachrichtendienst (BND) klagt über wachsende personelle Auszehrung. Nach Angaben des Vorsitzenden des Personalrates, Stefan Suckau, in der „Berliner Zeitung“  verlassen seit 2010 zirka 100 Mitarbeiter jährlich den Dienst. Im vorigen Jahr seien es sogar 200 gewesen.

Neues qualifiziertes Personal sei schwer zu finden. Hauptursache ist aus der Sicht des Personalrates die Tatsache, dass das Vertrauensgremium des Bundestages das für die Ertüchtigung des Standortes Pullach im Süden Münchens notwendige Geld nicht freigibt und so Unsicherheit erzeugt.

Vorsitzender des Gremiums, das geheim über die Etats der Geheimdienste entscheidet, ist der Thüringer SPD-Abgeordnete Carsten Schneider. Von den 6.500 Mitarbeitern des BND soll der größte Teil nach Berlin umziehen. 1.500 sollen in Bayern bleiben, davon wiederum 1.020 in Pullach – und zwar in Gestalt der Abteilung Technische Aufklärung.

Ein dort erforderlicher Neubau samt entsprechender Technik würde aber nach früheren Angaben bis zu 300 Millionen Euro verschlingen. Für den laufenden Betrieb von Pullach würden 180 Millionen Euro pro Jahr fällig. Suckau sagt, Schneider blockiere das Geld. „Dieses Hängenlassen hat negative Auswirkungen.“

Der SPD-Politiker wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Nach Informationen der „Berliner Zeitung“ ist es allerdings so, dass sich die Sozialdemokraten an eine Absichtserklärung des damaligen Kanzleramtsministers Thomas de Maizière (CDU) aus dem Jahr 2006 nicht gebunden fühlen.

De Maizière hatte gesagt, dass es doch nicht zu dem ursprünglich geplanten Komplettumzug des Dienstes kommen, sondern ein Teil der Mitarbeiter in Pullach bleiben werde. Die CSU habe seinerzeit „knallharte Standortpolitik gemacht“, heißt es in der SPD.

Dabei sprächen die hohen Kosten ebenso gegen eine dauerhafte Teilung des BND wie Effizienzerwägungen. So würden auf Dauer wohl ohnehin nur alte und wenig motivierte Mitarbeiter in Bayern verharren.

Im Übrigen habe sich im Zuge der jüngsten NSA/BND-Skandale gezeigt, dass die Abteilung Technische Aufklärung ein Eigenleben führe. Dem werde man nicht Herr, wenn man sie in Bayern belasse.

Tatsächlich hatte die BND-Abteilung dem US-Geheimdienst NSA bei zweifelhaften Überwachungsmaßnahmen geholfen und sogar selbst Verbündete überwacht. Der ehemalige BND-Präsident Gerhard Schindler hatte gesagt, er habe davon in Teilen gar nichts mitbekommen.

Gibt die SPD das Geld für Pullach nicht frei, würde der ohnehin stark veraltete Standort weiter verfallen und wäre wohl irgendwann nicht mehr nutzbar.

Die Union kann die Freigabe der Mittel indes nicht erzwingen. Denkbar ist, dass sie bei den Beratungen über den Haushalt 2017 einen neuen Anlauf unternimmt. Sehr erfolgversprechend wäre der aber wohl nicht. De Maizières Nachfolger als Kanzleramtschef, Peter Altmaier (CDU), habe das Bekenntnis für den Erhalt von Pullach zwar erneuert, heißt es.

Doch er könne nicht über das nötige Geld verfügen. Der neue BND-Präsident Bruno Kahl war in der vorigen Woche in sein Amt eingeführt worden. Schon bei der Gelegenheit hatte Personalratschef Suckau die Auszehrung beklagt.

Den für 2017 vorgesehenen Teil-Umzug gut zu managen, gehört nach allgemeiner Einschätzung zu einer von Kahls größten Herausforderungen. Der BND-Neubau in Berlin-Mitte hatte bereits jede Menge Ärger verursacht.

So stiegen die ursprünglich veranschlagten Kosten von 720 Millionen auf annähernd zwei Milliarden Euro. Die neue Berliner BND-Zentrale ist das größte Bauprojekt des Bundes, das es je gab. (dts Nachrichtenagentur) 

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