BAMF-Neuausrichtung stößt auf Kritik: Zu schnelle Verfahren gefährden Sicherheit

6. März 2016 | Kategorie: Nachrichten, Politik
Foto: dts Nachrichtenagentur

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Nürnberg  – Die Neuausrichtung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stößt auf Widerstand.

Innenexperten und Mitarbeiter der Nürnberger Behörde kritisieren laut „Welt am Sonntag“ die Beschleunigung der Asylverfahren und beklagen erhebliche Sicherheitsrisiken.

Für Syrer, die 2015 nach Deutschland gekommen seien, gelte zum Beispiel weiterhin keine Pflicht zur Einzelfallprüfung.

„Die Anhörung ist zur Farce geworden“, heißt es aus Mitarbeiterkreisen. „Von Qualität kann keine Rede sein. Aber das ist wohl gewünscht.“

„Ich kann verstehen, dass das BAMF angesichts der hohen Zahlen und des Bearbeitungsrückstandes unter hohem Druck steht“, sagte der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach.

„Das darf aber nicht zulasten der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik gehen. In jedem Einzelfall müssen Nationalität und Identität sowie mögliche sicherheitsrelevante Informationen über einen Antragssteller geklärt werden.

„Interne Unterlagen, über die die „Welt am Sonntag“ berichtet, zeigen offenbar, wie der Druck im BAMF erhöht wird. „Wir brauchen mehr Anhörungen“, heißt es der Zeitung zufolge in einem Schreiben an Mitarbeiter.

Die aktuelle Zahl sei „zu niedrig, um die ambitionierten Jahresziele 2016 zu erreichen“.

Behörden-Chef Frank-Jürgen Weise erklärte zuletzt, dass er für dieses Jahr mit der Bearbeitung von mindestens einer Million Asylanträge rechne.

Auf eine Anfrage des innenpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, erklärte die Regierung, dass bis Mitte des zweiten Quartals dieses Jahres die geplante Personalstärke von 7.300 Mitarbeitern beim BAMF erreicht werden soll.

Unter anderem soll die Zahl der Anhörungen pro Entscheider deutlich erhöht werden.

Anfang des Jahres habe jeder dieser Mitarbeiter noch 0,6 Anhörungen pro Tag durchgeführt. Das liege „weit unter den Erwartungswerten“, lautet das interne Fazit.

Die Zahl soll deshalb um fast das Siebenfache gesteigert werden. Ziel seien pro Woche 20 Anhörungen je Entscheider. Insgesamt seien für jeden von ihnen wöchentlich 50 Arbeitsstunden vorgesehen, zehn Überstunden inklusive.

Auf die Qualifikation der Mitarbeiter für Anhörungen wird dabei offenbar weniger Wert gelegt. So gelten mittlerweile auch Mitarbeiter des mittleren Dienstes als „unverzichtbare Komponente“, um die hochgesteckten Ziele zu erreichen.

Vorrangiges Ziel sei, dass der Antragsstau bis Juli verschwunden sei. Dann sollen „Flüchtlingszugänge“ sogar tagesaktuell „abgearbeitet“ werden.

Auf Nachfrage erklärte das Bundesamt zudem, dass in der Regel kein Syrer, der 2015 eingereist sei, genauer überprüft werde.

Das gelte auch für jene, die erst jetzt einen Termin hätten, um einen Asylantrag beim Bundesamt zu stellen.

Trotz der mit den Anschlägen von Paris deutlich gewordenen Sicherheitsrisiken müsse keiner der 2015 laut EASY-System etwa 430.000 zugewanderten Syrer in eine persönliche Anhörung beim Bundesamt.

Gleiches gilt nach Angaben des BAMF für Antragssteller aus Eritrea sowie religiöse Minderheiten aus dem Irak, sofern kein Zweifel an der Identität bestehe.

Für alle drei Personengruppen gelte, dass es im Normalfall ausreiche, auf einem Fragebogen Kreuze zu setzen. Das Ergebnis sei in der Regel ein Flüchtlingsschutz.

Eine Einzelfallprüfung sei nur für jene Pflicht, die im Jahr 2016 eingereist seien. (dts Nachrichtenagentur)

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