Dienstag, 16. April 2024

Annweiler zeigt Flagge: Für Flüchtlinge und gegen NPD-Kundgebung

30. August 2015 | Kategorie: Kreis Südliche Weinstraße, Regional

Streiter für die Flüchtlinge: Josef Rothe (Gemeindeverbandsvorsitzender SPD Annweiler), Michael Dhonau (1. Vorsitzender SPD SÜW), Ziya Yücksel (Beirat für Migration und Integration Kreis Germersheim) und Thomas Wollenweber (Stadtbürgermeister Annweiler). (v.li.)
Fotos: pfalz-express.de/Licht / v. privat
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Annweiler – Am Samstag (29. August) veranstaltete die NPD Westpfalz auf dem Rathausplatz in Annweiler eine Demo oder sogenannte „Mahnwache“ mit Lautsprecherwagen. Ihr Thema: “Asylbetrug macht uns arm”.

Bürgermeister Thomas Wollenweber (SPD) und der Verein „Zukunft Annweiler e.V.“ ( Verein zur Förderung der Stadtentwicklung) hatten den Auftritt im Vorfeld nicht ohne Gegenreaktion hinnehmen wollen.

Wollenweber hatte zur Gegenveranstaltung aufgerufen: „Lasst uns dem ´Pack´ friedlich aber bestimmt zeigen, dass wir Flüchtlinge in Annweiler willkommen heißen.“

Der Verein hatte sich nicht weniger drastisch geäußert: „Das lassen wir uns in Annweiler nicht gefallen. Es ist schlimm, dass diese braune Brut schon wieder ihr Haupt erhebt. Lasst uns alle zur Gegendemonstration auf den Rathausplatz kommen“, hatte Vorstandssprecher Günter Hirschmann zur Beteiligung angeregt. „Flüchtlinge, die teilweise unsägliches Leid hinter sich haben, sind hier bei uns in Annweiler willkommen.“

Gesagt, getan: Am Vormittag hatte der Verein seine eigene Lautsprecheranlage zur Gegenbeschallung aufgebaut.

 „Gute Willkommenskultur“

Thomas Wollenweber sagte, in der Kürze der Zeit – man habe erst 24 Stunden zuvor vom Vorhaben der NPD erfahren – sei es erstaunlich und erfreulich, dass ständig um die einhundert Personen vor Ort gewesen seien.

Bis zu zweihundert Menschen hatten in Spitzenzeiten den Rathausplatz bevölkert, um für ihr Gegenstatement zur NPD zu demonstrieren. Politiker aller Fraktionen waren gekommen.

Landrätin Theresia Riedmaier gab eine klare Botschaft für eine gute Willkommenskultur ab, ebenso Bundestagsabgeordneter Thomas Hitschler (SPD).

Die Annweilerer hatten den Rathausplatz fleißig plakatiert – für die Flüchtlinge und gegen die NPD (siehe Fotos).

 „Regierung ist mit schuld“

Die Gruppe der NPD-Vertreter war eher klein – sieben Personen waren angetreten, um ihre Meinung zum „Asylbetrug“ kundzutun und um Unterschriften für den Wahlantritt zu sammeln.

Mit dabei waren der Landesvorsitzende der NPD Rheinland-Pfalz und Pirmasenser Stadtrat, Markus Walter, der in den Mainzer Landtag gewählt werden will, und die Kreisvorsitzende und stellvertretende Landesvorsitzende der NPD Rheinland-Pfalz, Ricarda Riefling.

Auf die Frage des Pfalz-Express, was genau die NPD kritisiere, sprach Walter von einer Doppelmoral der Regierung. Von den Asylsuchenden würden lediglich ein Prozent letztendlich anerkannt, der Rest erhalte einen Bleibestatus, der nicht rechtens sei.

Walter berief sich dabei auf Zahlen des Bundesamts für Migration: „Die bestehenden Gesetze sollen angewandt und nicht ausgehebelt werden.“

Schuld an den Flüchtlingsströmen seien die USA mit ihren „Angriffskriegen“ und Deutschland als Unterstützernation gleich mit. Deutschland habe nicht den Mut, die Amerikaner „rauszuschmeißen“ und zu sagen, man „mache da nicht mehr mit“: „Zumindest, so lange wir keinen starken Partner wie zum Beispiel Russland an unserer Seite haben.“

Auch Gemeinplätze blieben nicht aus. So seien die Asylbewerber in der Regel junge, kräftige Männer, hiesige Frauen würden zur „Beute“ von deren Sexualtrieb – in Form von Vergewaltigungen, so Walter. Auf Nachfrage gab dieser allerdings zu, dass er diesbezüglich keine Zahlen kenne.

Man sei ja nicht grundsätzlich gegen Asylanten, sagte Walter. Er könne auch verstehen, weshalb so viele Menschen in die Bundesrepublik wollten – „Merkel und Co laden ja alle ein“. Politisch Verfolgte sollten auf jeden Fall Schutz bekommen.

Nur wolle man keine Menschen, die entweder keinen Anspruch hätten oder gar mit falschen Identitäten Asylstatus erschleichen wollten. Auch dazu hatte Walter keine konkreten Zahlen parat. Mit Europas Völkern wolle man friedlich zusammenleben, als „selbstbestimmte Völker“.

Ricarda Riefling hält starke Grenzen für wichtig. Das sei nichts Schlechtes: „Wie beim eigenen Haus. Da hat man auch eine Wand zum Nachbarn, aber man mag sich trotzdem.“ Auch für die Asylsuchenden seien die Zustände „menschenunwürdig.“

„Hässliche Parolen“

Alles Augenwischerei, kommentierten die Gegendemonstranten. Der ebenfalls anwesende Ziya Yüksel (SPD, Beirat für Migration und Integration im Kreis Germersheim), hält besonders die letzten Aussagen des NPD-Mannes Walter für eine Masche, um sich mit rechtlich ausgeloteten Formulierungen „salonfähig“ zu machen.

Mit derartigen Parolen wolle die NPD in die Mitte der Gesellschaft zielen. Dabei würden doch im Gegenteil ganz bewusst Ressentiments geschürt. Auch Pegida gehöre dazu, die mit den Wohlstandsängsten der Bürger spiele: „Das sind wirklich hässliche Parolen gegen die Schwächsten.“

Michael Dhonau, 1. Vorsitzender der SPD SÜW, griff ein weiteres „beliebtes“ Schlagwort auf, das oft gebrauchte „Deutschland kann nicht alle aufnehmen“. Das tue man ja auch nicht, so Dhonau: „Wir nehmen nicht jeden auf.“

Flüchtlinge müssten jedoch herzlich willkommen sein. Den „Schritt nach rechts“, den sogar die CSU in manchen Bereichen derzeit vollziehe, hält Dhonau besonders in der momentanen Situation für „brandgefährlich“.

Die Kundgebungen verliefen nach Angaben der Polizei, die mit mehreren Wagen Präsenz zeigte, friedlich. (cli)

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Ein Kommentar auf "Annweiler zeigt Flagge: Für Flüchtlinge und gegen NPD-Kundgebung"

  1. G.M sagt:

    Was für ein Demokratie-Verständniss, die Kreisverwaltung hatte die Demo auf „7“ Personen
    beschränkt. Frage: war die Gegendemo genemigt. War sie ebenfalls auf 7 beschränkt.
    Darf ein Vorsitzender des Vereins Zukunft für Annweiler Öffentliche und Private Einrichtungen-
    Häuser mit Plakaten zuhängen, die von Volksverhetzung nicht mehr weit entfernt sind.
    Stehen die Kuratoriums-Mitglieder des Vereins hinter diesen unterirdischen Hetzparolen.
    Armes Deutschland, wie weit sind wir gefallen, wenn jeder kleine Provinzfürst das Recht so
    für sich zurechtbiegen kann. Das Pack läßt grüßen…..
    PS: Die Polizei droht absolut nicht angebrachte Platzverweise an, auch das ist ein Mißbrauch
    der Staatsgewalt. Passt aber zu dem vorstehenden.
    Die Presse ist ein Teil Filzes siehe Hofsberichterstattung.
    Was nützen die unsinnigen Fragen nach Zahlen selbst eine Vergewaltigung ist eine
    zuviel. Frankenthal, Kreuznach sind schon zwei. Schreibt nichts mehr schämt euch.

    Das wars, es wird keine Kommentare mehr von uns geben. Ist an dieser Stelle sinnlos.
    Annweiler soll sein Trojanisches Pferd behalten.