Altbundespräsident Köhler: „Ein Einwanderungsgesetz ist überfällig“

19. Februar 2017 | Kategorie: Politik
Horst Köhler. Foto: dts nachrichtenagentur

Horst Köhler.
Foto: über dts nachrichtenagentur

Berlin- Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler warnt vor kurzfristigen Lösungen in der Entwicklungspolitik und der Flüchtlingsfrage.

„Es ist auch Heuchelei dabei von den westlichen Ländern, von der EU. Geht es zum Beispiel in der Handelspolitik wirklich darum, was Afrika voranbringt und dort Arbeitsplätze schafft, oder nicht doch eher um Europas eigene kurzfristigen Interessen?“, sagte er der „Welt am Sonntag“ mit Blick auf den Umgang mit Afrika.

Er ergänzte: „Wenn man Afrika vor allem als Bedrohung sieht, wenn es nur um Steuerung der Flüchtlingsströme geht, dann kann daraus keine echte Partnerschaft werden.“ Es brauche vielmehr eine strategische Wirtschaftspolitik und Investitionen.

Horst Köhler, der vor seiner Zeit als Bundespräsident Chef des Internationalen Währungsfonds war und sich seit Jahren in und für Afrika engagiert, äußerte sich auch zur Flüchtlingskrise.

Er könne „nicht verstehen und akzeptieren, wenn über Menschen, über Flüchtlinge, als Masse berichtet wird, zumal als eine, die ein Riesenproblem ist“. Es sei klar, dass die Aufnahme und Integrationsfähigkeit Grenzen habe.

„Aber der Anspruch des Grundgesetzes, dass Menschen immer als Individuen gesehen werden, darf nicht aufgegeben werden. Natürlich ist unser Asylsystem derzeit überfordert. Nicht zuletzt deshalb ist ein Einwanderungsgesetz überfällig.“

Mit Sorge beobachtet Köhler die gesellschaftlichen Entwicklungen weltweit und in Deutschland. „Ich sehe mit Unbehagen, dass es bei vielen Menschen ein Gefühl der Entfremdung gegenüber politischen Akteuren und Institutionen gibt. Wir lernen jetzt schmerzhaft, dass das Vertrauen in die Demokratie immer neu erarbeitet werden muss.“

Köhler, der 2010 nach einem Jahr seine zweite Amtszeit als Bundespräsident beendete, bedauerte, dass es damals keine Diskussion über Wahrhaftigkeit in der Politik gegeben habe. „Ich glaube, eine solche Reflexion wäre heute nötiger denn je. Ohne Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit kann kein Vertrauen entstehen, aber ohne Vertrauen ist Politik nicht möglich.“ (dts Nachrichtenagentur) 

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