70 Jahre SPD Kandel: Als die Stadt rot wurde – Neuanfang in Demokratie

12. September 2016 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional
V.li.: Kurt Beck, Barbara-Schleicher-Rothmund, Thomas Hitschler, Alexander Schweitzer, Werner Heilmann, Peter Bender, Klaus Böhm, Günther Tielebörger. Fotos: Pfalz-Express/Licht

V.li.: Kurt Beck, Barbara-Schleicher-Rothmund, Thomas Hitschler, Alexander Schweitzer, Werner Heilmann, Peter Bender, Klaus Böhm, Günther Tielebörger.
Fotos: Pfalz-Express/Licht

Kandel – Der SPD-Ortsverein feierte am Freitag das stolze Jubiläum seines 70-jährigen Bestehens. Vorsitzender ist seit 2002 Günther Tielebörger, der auch Stadtbürgermeister in Kandel ist.

Zur Feier in der Stadthalle kam alles, was in der Region bei der SPD Rang und Namen hat: Ex-Ministerpräsident Kurt Beck, der Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler, der Fraktionschef der SPD im Landtag und Abgeordnete Alexander Schweitzer, die Landtagsabgeordnete, Landtagsvizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund und Verbandsbürgermeister Volker Poß.

Die Veranstaltung stand neben den Feierlichkeiten auch im Zeichen der Verbandsbürgermeisterwahl am 25. September, bei der Poß für eine zweite Amtszeit antritt. Die Unterstützung der Genossen ist ihm sicher.

Aufbauarbeit

Klaus Böhm (SPD-Verbandsgemeinderatsmitglied) führte durch die Geschichte des Ortsvereins.

Im Februar 1946 genehmigte die Militärregierung in Germersheim ein Gesuch Oskar Böhms (Vater von Klaus Böhm) zu Gründung einer politischen Partei.

Bei der Gründungsversammlung im Schulsaal in der Marktstraße traten von den 31 Anwesenden 23 sofort dem neuen Ortsverein bei. Heute lebt keiner der Urväter mehr.

Damals sei nicht Karriere im Vordergrund gestanden, sondern Gestaltungswillen und praktisches Handeln, um die Kriegsfolgen zu beseitigen. Wiederaufbau, Wasserversorgung, Müllbeseitigung waren Probleme, die es schnell zu lösen galt.

Viele Erfolge habe die SPD erzielt, aber man sei auch stets fähig zur Selbstkritik. Geschadet habe es jedoch noch keinem, in der Kandeler SPD gewesen zu sein, sagte Böhm mit Blick auf die anwesenden „SPD-Promis“.

Die Mitgliederzahl steigerte sich dann in den 70er Jahren auf 180. Derzeit zählt der Ortsverein 80 Mitglieder, was Platz 3 im Kreis-Ranking bedeute, so Böhm.

Böhm, öfter mal ein Kritiker von Günther Tielebörger, lobte den Vorsitzenden und Stadtbürgermeister. Rückblickend müsse er sagen, Tielebörger habe wenig falsch und viel richtig gemacht. Tielebörgers Zeit als Stadtbürgermeister sei „Fortschritt, den man sehen kann.“

Jetzt müsse in der Verbandsgemeinde die Verwaltungsspitze mit Volker Poß wiedergewählt werden, denn die beiden seien ein äußerst erfolgreiches Gespann. Poß sei ist Glücksfall für die Verbandsgemeinde, lobte Böhm und schloss: „Wir wollen kein lautes Gepolter, wir wählen den Volker.“

Poß: „Keine unnützen Werbeartikel im Wahlkampf – statt dessen Spende“

Poß gratulierte dem Ortsverein und betonte seinen Willen, weitere acht Jahre an einer guten Zukunft der Verbandsgemeinde arbeiten zu wollen – immer zusammen mit den jeweiligen Ortsbürgermeistern in den Gemeinden.

Als Verwaltung wolle er objektiv und sachlich beraten und „nicht als Besserwisser da stehen. Lieber mit Rat und Tat mithelfen, Gemeindeplanungen umsetzen und gemeinsam Verantwortung tragen.“ Er wisse um die großen Sorgen und Probleme des Ein oder Anderen und wolle allen Bürgern zur Seite stehen.

Die große Werbetrommel will er im Wahlkampf weiterhin nicht rühren. Poß verzichtet bewusst auf sogenannte Giveaways und „unnütze Werbeartikel, die eigentlich niemand braucht.“ Auch „vollmundige Werbeaufmacher“ gebe es nicht. Statt dessen will Poß persönlich der Tagesstätte „Tom Mutters“ der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderungen eine adäquate Spende zukommen lassen.

Er wolle authentisch bleiben und schreibe gewiss keine „Bettelbriefe“ um finanzielle Unterstützung. Zudem brauche er „keinen Bratwurststand, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.“

„Politische Familie“

Gratulationen zu 70 Jahren SPD in Kandel kamen natürlich auch von den Mandatsträgern.

„Hier sitzen viele erfolgreiche Genossen, die das politische Handwerk in Kandel gelernt haben. Ein Ortsverein ist eine politische Familie – die Sozialdemokratie auch“, sagte Thomas Hitschler und erinnerte an die sozialdemokratischen Säulen Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Freiheit.

Alexander Schweitzer sagte, die SPD sei eine geschichtsträchtige, aber keine nostalgische Partei.

Das Ziel sei, „im Hier und Jetzt ein besseres Leben für die Menschen zu erreichen.“ Das sei schon immer der Unterschied zu anderen Parteien gewesen. „Wir wollen gleiche Chancen und bessere Arbeitsbedingungen.“

Beide waren sich einig: „Alles was über Volker Poß gesagt wurde, ist völlig richtig.“ In den acht Jahren habe sich die VG prächtig entwickelt.

Auch Bill Clinton und Udo Lindenberg feierten dieses Jahr ihren 70. Geburtstag, sagte Barbara Schleicher-Rothmund. Die Kandeler SPD sei somit in bester Gesellschaft. Nach der Propaganda des Nazi-Terrors habe die SPD eine neue politische Kultur auf den Weg gebracht.

Volker Poß Poß und Günther Tielebörger seien „visionärer als andere, bürgernah, fleißig und ausstaffiert mit starken Charakteren.“ Kandel sei eine finanzstarke Stadt: „Ihr seid wichtig für die Kreis-SPD.“ Schleicher-Rothmund beendete ihre Ansprache mit einem BiKaGe-Zitat: „Bürgermeister gibt es viele, doch nur Kandel hat den Tiele.“

Beck: „Rechtspopulisten sollen sich schämen“

Zu alter Form lief Ex-Ministerpräsident Kurt Beck auf. So wie man in Kandel Politik mache, sei es kein Zufall, dass die Stadt seit Jahrzehnten von Sozialdemokraten regiert werde.

„Tiele“ sei aus nördlichen Gefilden hierher gekommen und habe „unglaublich viel bewegt.“ Mängel habe jeder Mensch, „das kann man bei der Fastnacht gut gebrauchen.“

Wenn man durch die Gemeinden der Verbandsgemeinde gehe, könne man die Arbeit von Volker Poß gut nachvollziehen: „Einer, der die Ortsgemeinden versteht und Ohren für die Bürger hat.“

Annweiler oder Bad Bergzabern hätten zu kämpfen, aber Kandel habe „die Kurve gekriegt auch mit der Geschäftswelt.“ Das sei von „ganz großer Bedeutung.“

Ein Lob gab es zudem für Hellmuth Varnay, Vorsitzender des SPD-Gemeindeverbands. Varnay führe diesen hervorragend, alles greife gut ineinander: „Eine Glückskette.“

Dann holte Beck zum Rundumschlag gegen AfD und CDU/CSU aus: „Den Rechtspopulisten – ich sage Rechtsradikalen –  kann man nur sagen: Schämt euch vor denen, die vor 70 Jahren angefangen und das Land aufgebaut haben.“ Wenn die „Rechten“ sagten, sie müssten das Land schützen, sei das anmaßend und lächerlich.

Im Übrigen habe die SPD inhaltliche Antworten und nicht welche, die mit Machtpolitik zu tun hätten wie bei der CDU/CSU. „Steht da Humanität und Rationalität in vernünftigem Verhältnis? Oder heißt es, die AfD rechts zu überholen? Auf diesen Weg lassen wir uns nicht führen.“

Donnernder Applaus folgte auf Becks emotionale Rede.

Langjährige Mitglieder geehrt

Kein Jubiläum ohne Ehrungen: Für langjährige Mitgliedschaft erhielten Jörg Krüger (10 Jahre), Gudrun Lind, Peter Bender und Thomas Beisiegel (20 Jahre), Ingrid Paul (25 Jahre), Marliese Schwall (40 Jahre), Anne Weilemann (45 Jahre), Werner Heilmann (50 Jahre) und Klaus Böhm (55 Jahre) Ehrenbriefe, Urkunden und Nadeln.

„Glückwunsch-Urkunde“ für „Tiele“

Zum Abschluss gab´s noch eine „Glückwunsch-Urkunde“ für Günther Tielebörger von Hellmuth Varnay, der sich ebenfalls anerkennend über Volker Poß äußerte: „Er macht macht offene Arbeit, klärt Vieles schon in Vorgesprächen.“

Unterstützung bekommt Poß außerdem von der AG 60plus. (cli)

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2 Kommentare auf "70 Jahre SPD Kandel: Als die Stadt rot wurde – Neuanfang in Demokratie"

  1. Steffen Weiß sagt:

    Zitat aus dem Artikel aus der Rede von Bürgermeister Poß, der erneut zur Wahl antritt: „Zudem brauche er „keinen Bratwurststand, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.““

    Ich halte diese Kritik an dem inzwischen schon „traditionellen“ Bratwurstkonzept oder auch „Grillen mit Hitschler“ des SPD-Bundestagsabgeordneten für absolut ungerechtfertigt. Es gibt ja inzwischen schon Nachahmer.

    Ich selbst habe dort auch schon eine Wurst gegessen (eine Rote – die Roten mussten weg… ;-)) und durchaus aufschlussreiche Gespräche geführt.

    Und bei der Haushaltslage der Stadt Kandel kann man durchaus feststellen, dass diese seit Jahrzehnten von der SPD regiert wird.

  2. Steuerzahler sagt:

    Was versteckt sich eigentlich unter den roten Mänteln?
    Schauen sie mal auf die Seite von journalistenwatch.com
    Das erklärt schon einiges.
    Der Kandeler muß halt flexibel sein.