Samstag, 04. Mai 2024

Was bedeutet eine Erhöhung des Leitzinses für die Verbraucher?

13. Juli 2023 | Kategorie: Allgemein, Finanzen, Ratgeber

Seit der Zinswende im Jahr 2022 hebt die EZB in Frankfurt den Leitzins Schritt für Schritt an!
Quelle: pixabay.com

Bis zur Zinswende vom 21. Juli 2022 lagen die Leitzinsen im Einzugsbereich der Europäischen Union (EU) auf null Prozent.

Seit damals hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins mehrfach erhöht. Mit dem letzten Anstieg vom 15. Juni 2023 steht er nun bei 4 Prozent.

Die EZB möchte mit diesen Maßnahmen die seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs sprunghaft angestiegene Inflation bekämpfen. Experten gehen von weiteren schrittweisen Anhebungen bis ins Jahr 2024 aus.

Welche Auswirkungen hat dies auf die Verbraucher in Deutschland?

Was wird unter dem Leitzins verstanden?

Eigentlich gibt es drei Leitzinssätze. Es wird unterschieden zwischen dem Hauptrefinanzierungssatz, dem Spitzenrefinanzierungssatz und dem Einlagenzins. Im herkömmlichen Sprachgebrauch ist mit dem Leitzinssatz nur der Hauptrefinanzierungssatz gemeint. Dieser gibt an, wie viele Zinsen Banken und Kreditinstitute bezahlen müssen, wenn sie von der EZB Geld leihen möchten.

Das Ziel der Zentralbank ist es, mit den Anhebungen das Verhältnis von Angebot und Nachfrage zu regulieren, um der Inflation entgegenzuwirken und die Preisstabilität zu gewährleisten. Es besteht der allgemeingültige wissenschaftliche Konsens, dass die Preise dann stabil sind, wenn sich die Inflation auf etwa zwei Prozent jährlich einpendelt.

Waren Sparbücher und Festgeldkonten in der langen Phase der Nullzinspolitik unrentabel, kann heute mit etwa drei Prozent Zinsen auf Sparguthaben gerechnet werden. Daher eröffnen viele Verbraucher wieder einfach und schnell ein Sparkonto, um von dieser Rendite zu profitieren.

Wie kommt es zu den laufenden Zinserhöhungen?

Die Erhöhungen der EZB dienen einzig dem Ziel, die Preisspirale in den Griff zu bekommen. In den letzten 18 Monaten belief sich die Teuerungsrate in Deutschland auf etwa 7 Prozent. Andere Staaten der Union mussten sogar zweistellige Inflationsraten in Kauf nehmen. Als Hauptursachen werden enorme Preisanstiege für Energie und Lebensmittel angesehen.

Mit der Anpassung des Leitzinses versuchen derzeit sowohl die EZB als auch die US-amerikanische Zentralbank Fed (Federal Reserve), direkt Einfluss auf die Preisentwicklung zu nehmen. Steigen die Zinsen, verteuert sich die Kreditaufnahme. Das bedeutet, dass Verbraucher weniger konsumieren und Unternehmen sich bei ihren Investitionen zurückhalten.

Die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen geht bei bleibendem Angebot zurück, wodurch die Preise sinken oder weniger stark steigen.

Wie wirkt sich eine Erhöhung des Leitzinses aus?

Veränderungen der Leitzinsen haben weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Märkte und Lebensbereiche. Hauptsächlich betroffen sind die Immobiliensparte sowie der Wertpapierhandel und Sparguthaben. Dabei wirken sich die Erhöhungen wie folgt aus:

Folgen für Sparer

Tendenziell werden bei steigenden Leitzinsen Anlageformen wie das Sparbuch sowie Tages- und Festgeldkonten rentabler. Vor der Zinswende konnte mit diesen Anlageformen keine Rendite erzielt werden. Das sehr niedrige Zinsniveau benachteiligte daher vor allem die Sparer. Doch auch nach der Zinswende behandeln viele Kreditinstitute die Thematik schleppend. Während die Kreditzinsen sofort weitergegeben wurden, lassen sich die meisten Banken bei der Erhöhung der Sparzinsen Zeit.

Sparer haben derzeit nur die Chance, bei ihrer Hausbank intensiv auf höhere Zinsen zu drängen. Diese Vorgehensweise ist mit erheblichen Mühen verbunden, Änderungen werden erst über die Gremien der Institute umgesetzt und nehmen eine Menge Zeit in Anspruch. Alternativ kann zu Direktbanken wie beispielsweise Bank Norwegian gewechselt werden, die derzeit mit die besten Sparzinsen anbieten.

Was ist mit den Bauzinsen?

Schmerzlich spürbar werden die Auswirkungen eines starken Leitzinses bei der Baufinanzierung. Dabei sind die Bürger betroffen, die in absehbarer Zeit Wohneigentum erwerben möchten, da sich die Bauzinsen in gut 15 Monaten auf 4 Prozent vervielfacht haben.

Aber auch die Verbraucher, deren Zinsbindung ausläuft, werden bei einer eventuell notwendigen Anschlussfinanzierung von den sprunghaft gestiegenen Kosten überrascht. Beruhigt zurücklehnen können sich eigentlich nur Hausbesitzer, die erst kürzlich in der Niedrigzinsphase einen Kreditvertrag mit langer Zinsbindung abgeschlossen haben.

Wie reagieren die Anleger?

Eigentlich gehen viele Experten davon aus, dass steigende Zinsen mit fallenden Kursen an den Aktienmärkten verbunden sind. Auch wenn dieses Mantra gebetsmühlenartig wiederholt wird, zeigt die Realität, dass die Kurse im DAX oder Dow Jones stetig nach oben zeigen und sich auch derzeit in der Nähe ihrer Rekordmarken bewegen.

Verluste, die auf eine Zinsanhebung zurückgehen, bewegen sich üblicherweise im Zwei-Prozent-Bereich und sind in der Regel nach einigen Wochen wieder aufgeholt.

 

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