Samstag, 07. Dezember 2024

Warum sich tatsächliche Kreditzinsen von Zinsangeboten unterscheiden

12. März 2021 | Kategorie: Finanzen, Ratgeber

Zinssatz ist nicht gleich Zinssatz – bei Kreditangebote hängt viel von der Bonität des Kunden ab.
Bildquelle: @ Charles Deluvio / Unsplash.com

Die Aufnahme eines Kredits ist heute oft nur wenige Klicks entfernt. Der Vergleich geht online und das beste Angebot wird gewählt.

So wird es überall empfohlen, also muss es korrekt sein. Nur wer einen Kredit anfragt und den Vertrag vor sich hat, der erkennt: Das Angebot wies offenkundig einen anderen Zinssatz aus. Viel höher ist der tatsächliche Zinssatz zwar nicht, doch der aus dem Angebot ist es auch nicht. Aber woran liegt das und worauf sollten Kreditnehmer achten?

Zinsen gelten oft bonitätsabhängig

Schon beim eigenen Onlinebanking lassen sich Kreditangebote finden. Mit Sternchen versehen steht der Zinssatz Spalier, im Kleingedruckten steht dann der Hinweis ›bonitätsabhängig‹. Aber was bedeutet das?

  • Zinsspanne – wenngleich sich ein Kreditangebot an gewisse Vorgaben halten muss, ist der groß ausgewiesene Zinssatz natürlich immer das Musterbeispiel. Er ist mit dem Christiano Ronaldo des Kreditgeschehens vergleichbar. Ein Musterkunde, der alle Anforderungen bis ins Kleingedruckte erfüllt, erhält den vorgegebenen Zinssatz. Alle anderen einen anderen. Deshalb wird meist eine von-bis-Spanne angezeigt.
  • Bonitätsabfrage – die meisten Kreditgeber holen eine Bonitätsauskunft ein und errechnen daraus den kundeneigenen Zinssatz. Je besser die eigene Bonität, desto niedriger sind die Zinsen. Zusätzlich beziehen sich auch die Höhe des Einkommens vom Kreditnehmer ein, um sich ein Gesamtbild machen zu können.
  • Topzinssatz – dieser ist, wie schon gesagt, für die Musterkunden gültig: Das Einkommen ist perfekt, die Schufa schneeweiß und es gibt nichts zu bemängeln. Diese Kunden bräuchten praktisch keinen Kredit oder erhalten diesen, ohne dass die kleinsten Bedenken bestehen.
  • Höchstzinssatz – das sind die Kunden, deren Bonität und Einkommen eigentlich eher in Richtung Ablehnung ausschwenkt, die aber doch noch als Kunde aufgenommen werden könnten.
  • Durchschnitt – die meisten Kreditkunden erhalten aufgrund ihrer Bonität einen Zinssatz zwischen den beiden Polen. Dieser errechnet sich immer aus der Bonitätsauskunft und den persönlichen Einkommensverhältnissen.

Problematisch ist, dass die Angebote zwar anhand des Top-Zinssatzes verglichen werden können, doch Kunden immer erst nach einer eindeutigen Kreditanfrage den tatsächlichen Zinssatz erfahren. Wobei hier schon bei der Anfrage aufgepasst werden muss: Es sollte eine sein, die die Schufa nur bezüglich der Zinskonditionen einbindet, nicht anhand der Kreditwürdigkeit. Sollten nämlich mehrere Kredite angefragt und im Nachhinein verglichen werden, könnte sich die Bonität verschlechtern, da die Schufa die vorherigen Anfragen als Ablehnung anstelle eines Vergleichs deuten könnte.

Ausnahme: Bonitätsunabhängige Zinsen

Einige Anbieter gehen einen anderen Weg und bieten Angebote mit bonitätsunabhängigen Zinsen. Das Angebot zeigt also praktisch den Zinswert, der später auch für den Kredit gilt:

  • Einheitszins – alle zahlen denselben Zinssatz, unabhängig ihrer Bonität. Personen mit einer sehr guten Bonität zahlen so ein wenig mehr, doch Personen mit einer eher schlechten Bonität einen günstigeren Wert. Der Zinssatz stellt meist den überwiegenden Durchschnitt basierend auf Erfahrungswerten dar.
  • Grundsatz – die Prüfung beschränkt sich auf die Mindestbonität. Sie besagt praktisch, ob der Kunde einen Haftbefehl, eine Insolvenz oder eine Vermögensauskunft aktuell offen hat. Zudem wird das Einkommen geprüft: Kann der Kunde die Kreditrate zahlen? Wenn die Antwort zufriedenstellend ist, wird der Kredit vergeben. Zur Eruierung werden Kontenchecks durchgeführt oder auch weitere Sicherheiten verlangt.
  • Lohnenswert – wie schon erwähnt, lohnen sich diese Kredite besonders für diejenigen, die auf dem gewöhnlichen Kreditmarkt schlechtere Karten haben. Der Einheitszinssatz ist meist günstiger als der von normalen Krediten, sofern diese überhaupt vergeben werden. Personen mit einer perfekten Bonität sollten eher die gewöhnlichen Angebote nehmen, da diese für sie günstiger sind.

Interessenten müssen sich die Angebote dennoch gut anschauen und sie miteinander vergleichen. Gerade auf dem Markt ›ohne oder trotz Schufa‹ sind auch Betrüger unterwegs, die Kunden ihres Geldes erleichtern möchten. Muss ein Kunde eine höhere Gebühr vor Krediterhalt zahlen, gilt: Hände weg. Einige Anbieter argumentieren, dass diese ›Kaution‹ vor Zahlungsausfällen schützen sollte. Oft ist die Kaution jedoch gezahlt, während niemals das Kreditgeld eingeht, alternativ wird die Kaution nie zurückgezahlt oder angerechnet.

Repräsentatives Beispiel checken

Es ist bekannt, dass die Zinskonditionen in Angeboten eigentlich eine Werbemaßnahme sind. So, wie die Pflanzen eines Gartenmarkts in der Werbung immer schillernd grün und bunt sind, so sind die Zinsangaben im Angebot ebenso traumhaft. Vollständig fiktiv dürfen sie allerdings nicht sein, denn hier steht ein Gesetz entgegen:

  • Mehrheit – die Zinsangabe in repräsentativen Beispielen muss auf zwei Drittel der Bevölkerung passen. Diese Personengruppe muss anhand der Bonität eben diesen Zinssatz bei einem echten Kredit erhalten können, anderenfalls ist das Beispiel fehlerhaft und irreführend.
  • Nutzung – das Beispiel kann in Vergleichen gut genutzt werden. Etliche Banken und Kreditgeber binden das repräsentative Beispiel in ihren Angeboten ein und bieten so die Möglichkeit, andere Kredite damit zu vergleichen. Denn wenn Summe und Laufzeit dieselbe ist, so fällt es auf, wenn das repräsentative Beispiel einen Zinssatz von 4,5 Prozent zeigt, das andere Kreditangebot aber mit Zinssätzen von 2,5 Prozent lockt.

Dieses Beispiel ist also ein guter Indikator für ein realistisches Kostenmaß und schützt davor, unnötig viele Kreditanfragen zu stellen. Dennoch muss der Kunde weiterhin die Angebote vergleichen und darf dabei auch nicht nur auf die Zinsen allein schauen. Es kommt stets auf die Laufzeit, Sondertilgungen und weitere Konditionen an.

Kunden sollten neben den Zinsen auch auf weitere Leistungsmerkmale von Darlehen schauen.
Bildquelle: @ Lilzidesigns / Unsplash.com

Fazit – Angebote sind Werbemaßnahmen

Auch im Kreditgeschäft ist das Buhlen um neue Kunden groß. Daher müssen die Anbieter werben und dies geht natürlich am besten auf die Art, die immer funktioniert: Niedrige Kosten. Viele Kreditangebote offenbaren somit einen Musterzinssatz, der kaum einzuhalten ist. Im tatsächlichen Kreditangebot stehen schnell ganz andere Zahlen.

Um dies schon im Vorfeld zu prüfen, lohnt sich ein Blick auf den repräsentativen Zinssatz, denn dieser muss wenigstens auf zwei Drittel der potenziellen Kunden zutreffen. Wer keine Lust darauf hat oder wer schon weiß, dass die Aufnahme kompliziert werden könnte, der kann sich an Einheitszinskredite halten. Diese sind bonitätsunabhängig und arbeiten nur mit einem einzigen Zinssatz, der für alle gilt. Doch auch auf diesem Gebiet ist das Nachprüfen und Vergleichen wichtig, denn wo Geld fließt, sind Betrüger leider nicht weit.

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