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Landwirte entsorgen 10 bis 15 Prozent der essbaren Erdbeeren

24. September 2019 | Kategorie: Wirtschaft

Foto: dts nachrichtenagentur

Berlin- Deutsche Bauern entsorgen aus wirtschaftlichen Gründen im Schnitt 10 bis 15 Prozent der genießbaren Erdbeeren pro Jahr. Diese bisher unveröffentlichte Schätzung teilte das bundeseigene Thünen-Agrarforschungsinstitut auf Anfrage der „taz“ mit.

Nach einer Hochrechnung der Zeitung auf Grundlage der Erntemenge im vergangenen Jahr entspricht der Anteil ungefähr 14.000 bis 21.000 Tonnen. Das sind so viele Erdbeeren, wie vier bis sechs Millionen Durchschnittsverbraucher in Deutschland im Jahr essen.

Solche Früchte würden kompostiert oder untergepflügt, sagte Gartenbauingenieurin Sabine Ludwig-Ohm, die für das Institut über Lebensmittelverluste bei Obst und Gemüse geforscht hat. „Viele dieser Erdbeeren gelten für den Verkauf als Frischware im Lebensmitteleinzelhandel als nicht schön genug“, ergänzte Ludwig-Ohm. Weitere Früchte müssten entsorgt werden, wenn im Sommer mehr Erdbeeren gleichzeitig reif als nachgefragt würden.

Theoretisch könnte das Obst mit optischen Mängeln oder der Überschuss eingefroren und etwa zu Konfitüre verarbeitet werden. „Aber die Preise für Verarbeitungsware liegen vielfach unter den Erntekosten in Deutschland“, so Ludwig-Ohm.

Das Thünen-Institut hatte im Rahmen eines Forschungsprojekts über Lebensmittelverschwendung 25 Firmen befragt, die Erdbeeren anbauen. „Dass gutes Obst und Gemüse wegen irrer Normen und unmoralischem Preisdumping weggeworfen wird, bevor es im Laden landet, ist geschmacklos“, sagte der Ko-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, der „taz“. Schönheitsideal-Anforderungen der Supermarktketten und EU-Handelsnormen müssten „dringend überarbeitet“ werden.

Große Supermärkte sollten auch verpflichtet werden, essbare Lebensmittel-Reste kostenlos zur Verfügung zu stellen. Zudem verlangte der Grünen-Politiker, gesetzliche Regelungen mit verbindlichen, branchenspezifische Reduktionszielen auf sämtlichen Stufen der Wertschöpfungskette.

Jährlich werden in Deutschland – je nach Studie – 11 bis 18 Millionen Tonnen Lebensmittel produziert, aber nicht gegessen. Das obere Ende der Spanne entspricht der Umweltorganisation WWF zufolge fast einem Drittel des Nahrungsmittelverbrauchs.

Gleichzeitig hungern weltweit 820 Millionen Menschen. Um die nicht verbrauchten Lebensmittel zu erzeugen, werden unnötig Ressourcen wie Boden, Wasser und Energie beansprucht. Die durch Lebensmittelverluste verursachten Treibhausgasemissionen betragen laut Umweltbundesamt circa vier Prozent des gesamten deutschen Ausstoßes. (dts Nachrichtenagentur) 

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