Mittwoch 25.Juni 2025

Kreis Germersheim: Beirat für Migration und Integration (BMI) lehnt Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber ab

6. Juni 2025 | Kategorie: Kreis Germersheim, Politik regional, Regional

Symboldbild: Pfalz-Express

Kreis Germersheim – Im Kreis Germersheim wird seit längerer Zeit über die Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerber diskutiert. Nach eigenen Angaben hat sich der Beirat für Migration und Integration (BMI) des Landkreises intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und am 28. April 2025 einstimmig eine ablehnende Stellungnahme verabschiedet. Der Beirat lehnt die Einführung der Bezahlkarte in der vom Ministerium vorgeschlagenen Form ab.

Der Bundesgesetzgeber hat im Mai 2024 die Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsgesetz verankert. Damit wurde eine zusätzliche Möglichkeit geschaffen, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) auszuzahlen. Die Bezahlkarte soll keine der bisherigen Leistungserbringungsformen – Sachleistungen, Wertgutscheine, andere vergleichbare unbare Abrechnungen oder Geldleistungen – ablösen, sondern als Ergänzung hinzukommen.

Mit der Bezahlkarte soll verhindert werden, dass Asylbewerber Gelder aus dem AsylbLG für Überweisungen ins Ausland oder zur Bezahlung von Schleusern nutzen. Nach der letzten Einigung vom 28. April 2025 zwischen dem Integrationsministerium Rheinland-Pfalz und kommunalen Spitzenverbänden sollen Überweisungen wie Mietzahlungen, Tickets für den öffentlichen Personennahverkehr und Handyverträge über eine Positivliste ermöglicht werden. Verwaltungsmitarbeitende müssten dann jede IBAN freigeben, auf die eine Überweisung mittels Bezahlkarte erfolgen soll. Geflüchtete dürften Geld nur an wenige, ausgewählte Empfänger senden.

Kritik des Beirats

  • Die Bezahlkarte werde das Problem von Überweisungen an Schlepperbanden nicht lösen. Die Leistungsbeträge für Geflüchtete seien niedrig, und Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung gingen davon aus, dass nur rund sieben Prozent der Geflüchteten Auslandsüberweisungen tätigten.

  • Die Verwaltung der Bezahlkarte werde die ohnehin komplexe Auszahlung von Leistungen weiter erschweren und nicht zu Einsparungen oder Entlastungen bei den Kommunen führen. Im Gegenteil: Die neue Regelung bringe zusätzlichen bürokratischen Aufwand mit sich.

  • Technische Herausforderungen wie der Umgang mit Verlust oder Beschädigung der Karte seien ungelöst und führten zu weiterem Mehraufwand.

  • Zahlungen ins Ausland dienten häufig der Unterstützung von Familienangehörigen in Notlagen, was Menschen häufig davon abhalte, eine Flucht anzutreten. Die Bezahlkarte könne diese Unterstützung erschweren.

  • Die Einschränkung finanzieller Freiheiten für Geflüchtete könne zu prekären Arbeitssituationen und Abhängigkeiten führen, da Betroffene weiterhin Wege finden müssten, ihre Angehörigen zu unterstützen.

  • Eine Begrenzung der Leistungen und die Einführung gesonderter Zahlungssysteme verletze die Würde der Geflüchteten und könne eine gesellschaftliche Spaltung verstärken.

  • Es gebe erhebliche Datenschutzbedenken, da die Erfassung und Speicherung von Transaktionsdaten Missbrauchspotenzial bergen und Geflüchtete gefährden könne.

  • Der Beirat weist zudem darauf hin, dass Kommunen frei entscheiden könnten, auf die Einführung der Bezahlkarte zu verzichten – was bereits zahlreiche Kommunen in Nordrhein-Westfalen getan hätten.

Fachliche Einschätzung

Der Beirat zitiere nach eigenen Angaben Experten wie Prof. Vorländer und Sozialwissenschaftler Gerald Knaus, die übereinstimmend festhielten, dass die Bezahlkarte weder Schleuserbanden aufhalten noch die Einwanderung begrenzen werde. Eine faktenbasierte und wissenschaftliche Bewertung komme zu dem Ergebnis, dass die Bezahlkarte in der geplanten Form nicht zielführend sei.

Zudem stehe eine gesonderte Bezahlkarte für Geflüchtete dem Ziel einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Integration entgegen. Die entstehenden Mehrkosten durch Verwaltungsaufwand sowie die möglichen negativen sozialen Folgen könnten die ohnehin knappen kommunalen Mittel zusätzlich belasten, so der BMI.

Empfehlungen bei Einführung

Sollte die Bezahlkarte dennoch im Kreistag beschlossen werden, fordert der Beirat für Migration und Integration nach eine „möglichst humanitäre und unbürokratische“ Ausgestaltung. Dazu gehörten:

  • Keine optische Unterscheidung der Karte von regulären Bankkarten, um Diskriminierung zu vermeiden.

  • Möglichst hohe Bargeldabhebungen, da Kartenzahlungen gerade in ländlichen Regionen nicht flächendeckend möglich seien.

  • Geringe Einschränkungen bei Onlinezahlungen, etwa für Prepaid-SIM-Karten oder Fahrkarten.

Zur Startseite

Abonnieren Sie auch unseren Pfalz-Express-Kanal bei YouTube

Diesen Artikel drucken Diesen Artikel drucken

Kommentare sind geschlossen