Digitalverbände reagieren mit Kritik auf Algorithmen-Gesetz

3. Juli 2017 | Kategorie: Nachrichten, Politik
Symbolbild: dts Nachrichtenagentur

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Berlin  – Mit scharfer Kritik haben Verbände der Digitalwirtschaft auf einen Vorstoß von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zur Regulierung der Algorithmen von Internetkonzernen reagiert.

Algorithmen bestimmen unter anderem die Inhalte, die Nutzer von sozialen Netzwerken oder Suchmaschinen angezeigt bekommen.

„Mit diesem Vorschlag sendet die Bundesregierung das völlig falsche Signal an internationale Investoren, die digitale Wirtschaft und Tech-Start-ups in Deutschland“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder dem „Handelsblatt“.

Das Bundesjustizministerium schaffe Verunsicherung, wo Planungssicherheit gebraucht werde. Und es schrecke Leistungsträger ab, die in Deutschland gehalten oder nach Deutschlandgebracht werden sollten.

„Deutschland geht so erneut einen Sonderweg und schneidet sich von digitalen Entwicklungen ab“, kritisierte Rohleder. „Pixellandschaften in Online-Landkarten, Löschorgien in sozialen Netzwerken und jetzt Bremsklötze für technologische Innovationen – das ist das Gegenteil dessen, was Deutschland braucht, um zu einem weltweit führenden Digitalstandort zu werden.“

Schon beim Gesetz gegen Hasskriminalität im Netz sei offenbar geworden, „wie schwer sich das Bundesjustizministerium bei der Suche nach Antworten auf die digitalen Herausforderungen tut“, so Rohleder.

Mit seinem Algorithmen-Vorstoß werde nun erneut klar, „wie wichtig es ist, in der kommenden Legislaturperiode eine kompetente Stelle für Digitalpolitik innerhalb der Bundesregierung zu etablieren“.

Von einem „überflüssigen und innovationsfeindlichen“ Gesetz sprach auch Oliver Süme, Vorstand Politik und Recht beim Branchenverband Eco. „Algorithmen sind per se ohnehin erstmal diskriminierungsfrei und entfalten erst im Kontext des jeweiligen Geschäftsmodells, in dem sie eingesetzt werden, evaluierende Funktionen“, sagte Süme.

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung der zugrundeliegenden Algorithmen käme aber einer Verpflichtung zur Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen gleich und „würde jeden Wettbewerbsvorteil vernichten“. „Damit sabotiert der Bundesjustizminister ganz klar das Ziel von Wirt schaftsministerin Zypries, Deutschland zum Standort Nummer eins für Industrie 4.0 zu machen.“

Scharfe Kritik an den Maas-Plänen äußerte auch der digitalpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Thomas Jarzombek. „Die Aussagen von Maas zeugen von einem grundsätzlichen Unverständnis von Algorithmen: Oft ist es ja gerade deren Aufgabe, zu diskriminieren“, sagte Jarzombek. Immer dann, wenn jemand bei Google etwas suche, werde eine Auswahl an Suchergebnissen gezeigt und Millionen anderer Ergebnisse würden diskriminiert. „Anders kann es aber kaum gehen“, so der CDU-Politiker. „Algorithmen sind so komplex, dass wir heute nicht einmal die der Abgasreinigung in den Autos durchdrungen haben. Wie soll das dann bei Google und Co. funktionieren?“

Verbraucherschützer begrüßen Maas-Vorstoß für Algorithmen-Gesetz

Der Vorschlag Heiko Maas, den Einsatz von Algorithmen in digitalen Lebensbereichen strengen gesetzlichen Vorgaben zu unterwerfen, stößt hingegen auf Zustimmung bei Verbraucherschützern.

„Eine vertiefte Auseinandersetzung mit Algorithmen und auch die Möglichkeit, die Wirkung von Algorithmen für eine unabhängige Institution nachvollziehbar und damit kontrollierbar zu machen, begrüßen wir sehr“, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), Klaus Müller. Müller hält eine Überprüfbarkeit von Algorithmen für unabdingbar.

„Die genaue Ausgestaltung einer Regulierung und zur Frage, welche Algorithmen einer Überprüfung zugänglich gemacht werden sollen und welche Institution diese Aufgabe übernehmen wird, muss in den kommenden Monaten intensiv diskutiert werden“, sagte er. Die nächste Bundesregierung müsse dann Lösungen finden.

(dts Nachrichtenagentur)

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