Freitag 14.November 2025

Denkfest in Landau: Widerspruch zwischen Anspruch und Realität – Dresdner Stadträtin Dagen ausgeladen

7. Oktober 2025 | Kategorie: Landau, Regional

Altes Kaufhaus in Landau.
Foto: Pfalz-Express

Landau – Am 8. und 9. Oktober 2025 begrüßt das Denkfest 2025 Akteure aus Kultur, Wissenschaft, Politik und Bürgerschaft im Alten Kaufhaus in Landau. Das Festival steht in diesem Jahr unter dem Titel „Kampfzone Freiheit – Wer hat Angst vor Ambivalenz?“.

Offener Diskurs als Leitgedanke

Auf der Webseite von „Denkfest “ heißt es: „Das Denkfest 2025 lädt ein zu einem offenen, performativen Diskurs, der Widerspruch nicht scheut und Differenz als kreativen Motor versteht. Hier treffen sich Kulturakteure, um gemeinsam neue Räume für Freiheit zu erkunden – jenseits ideologischer Linien. Freiheit ist Thema – Freiheit ist Programm.“

Das zweitägige Programm umfasst Vorträge, Diskussionsrunden, Musikbeiträge, interaktive Formate und Workshops. Fachleute sowie Bürger können sich beteiligen, ihre Perspektiven einbringen und gemeinsam über Themen wie Meinungsfreiheit, Stadtentwicklung, Demokratie und Kultur diskutieren.
Landaus Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) betonte, dass das Denkfest alle einlade, um miteinander über „die großen Fragen unserer Zeit ins Gespräch“ zu kommen, und zeige, dass Stadtentwicklung, Kultur und Demokratie am besten im Dialog entstehen.

Dresdner AfD-Stadträtin Susanne Dagen ausgeladen

Ursprünglich war die Dresdner Buchhändler, Verleger und Kommunalpolitiker Susanne Dagen eingeladen. Dagen ist kulturpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Stadtrat Dresden, zuständig für Tourismus und Erinnerungskultur, und leitet das BuchHaus Loschwitz. Ihre Literatursendung kooperiert mit dem Antaios-Verlag, in dessen Programm auch Autoren mit rechtsextremen Positionen veröffentlicht werden. Die Organisatoren wollten ihre Perspektive einbeziehen, um über Meinungsfreiheit, Diskurskultur und Ambivalenz zu diskutieren.

AfD-Fraktion, aber FWG-Mitglied

Bemerkenswerte Konstellation: Susanne Dagen, ursprünglich für die Freien Wähler im Dresdner Stadtrat aktiv, schloss sich im August 2024 der AfD-Fraktion an, blieb jedoch Mitglied der Freien Wähler. Dies war möglich, da die Freien Wähler nur zwei Mandate im Stadtrat erhielten und somit keine eigene Fraktion bilden konnten. Daher war es Dagen gestattet, der AfD-Fraktion beizutreten, ohne ihre Mitgliedschaft bei den Freien Wählern aufzugeben. Dagen selbst hatte erklärt, dass sie sich der AfD-Fraktion anschloss, um die politische Arbeit effektiv fortzusetzen, da die Freien Wähler nicht über die nötige Anzahl an Sitzen verfügten, um eine eigene Fraktion zu bilden. 

„Aktionen“ angekündigt

Laut Veranstalter wuchsen in den Tagen vor dem Festival die Widerstände gegen Dagens Teilnahme deutlich an. Konkrete Hinweise auf mögliche Aktionen vor Ort führten zu Sicherheitsbedenken.
Nach „intensiver Beratung“ entschieden die Organisatoren daher, dass Dagen nicht am Denkfest teilnehmen wird. Sie erklärten, dass unter diesen Umständen ein geordneter und sachlicher Diskurs nicht möglich sei. Das komplette Statement ist hier abrufbar: https://www.denkfest-rhein-neckar.de/blog/statement

Linksfraktion begrüßt Ausladung

Die Landauer Linksfraktion begrüßte die Absage und erklärte, dass Dagen „diesen demokratischen Debattenraum längst verlassen“ habe. In ihrer Rolle innerhalb der Dresdner Kulturlandschaft vertrete sie keine „offenen, pluralen Diskurse, sondern eine ideologisch geprägte Kulturpolitik.“
Die Fraktion meint, es solle künftig mehr „Sensibilität bei der Auswahl von Gästen“ geben und eine „klare Haltung gegenüber rechten Kulturstrategien, die unter dem Deckmantel von Meinungsfreiheit vermittelt werden.“ Sie kritisierte zudem, dass die Organisatoren erst auf öffentlichen Gegenwind reagiert hätten.

Thematisierung auf dem Festival

Die Veranstalter gaben an, die Entscheidung und die Hintergründe im Rahmen des Festivals thematisieren zu wollen. Das Denkfest bleibt laut eigenen Angaben dem Ziel verpflichtet, eine Diskurskultur auf Basis von Respekt und argumentativem Austausch zu fördern.

Weitere Informationen zum Programm sind auf www.denkfest-rhein-neckar.de abrufbar. (cli)

Meinung: Freiheit – aber nicht für alle? Das Denkfest 2025 zeigt, wie schwierig es ist, ein offenes Diskussionsforum zu sein, wenn Anspruch und Praxis auseinanderfallen. Freiheit und Differenz sollen zentrale Prinzipien sein. Doch die Absage von Susanne Dagen verdeutlicht, dass kontroverse Positionen, die als unbequem gelten, nicht konsequent einbezogen werden. Diskussionsformaten muss es gelingen, auch unbequeme Stimmen zu berücksichtigen – ohne dass Sicherheitsrisiken entstehen. Gleichzeitig bleibt die Frage, wer eigentlich den Anspruch haben kann, dass die eigene Meinung die allein richtige ist – und das gilt für alle politischen Richtungen. Offene Diskurse leben von der Fähigkeit, auch gegensätzliche Perspektiven ernsthaft zu reflektieren. (cli)

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