Mittwoch, 08. Mai 2024

Wolfgang Bosbach bei Jubiläum 75 Jahre CDU Vinningen: „Wir müssen etwas dafür tun den Wohlstand zu erhalten“

30. Oktober 2023 | Kategorie: Politik regional, Südwestpfalz und Westpfalz

Die Mitwirkenden der Jubiläumsfeier 75 Jahre CDU Vinningen (von links): Willy Diemert (Vorsitzender CDU Vinningen), Christof Reichert (u. a. Kreisvorsitzender CDU Südwestpfalz), Wolfgang Bosbach (Gastredner), Nicole Wagner (Stellvertretende Vorsitzende CDU Vinningen), Philipp Andreas (Vorsitzender Gemeindeverband CDU Pirmasens-Land), Jürgen Laub (Historiker der CDU Vinningen)
Foto: W. G. Stähle

Vinningen (Südwestpfalz). Der CDU Ortsverein Vinningen beging am Samstagabend (28. Oktober 2023) sein 75-jähriges Bestehen mit einem Festakt im dortigen Kulturzentrum Alte Kirche.

Ortsvorsitzender Willy Diemert übernahm die Begrüßung, Jürgen Laub blickte zurück, Kreisvorsitzender Christof Reichert und Gemeindeverbandsvorsitzender Philipp Andreas erwiesen mit Grußworten ihre Referenzen und leiteten über zum Impulsvortrag von Parteifreund Wolfgang Bosbach (Bergisch Gladbach), der umfassend ohne parteipolitische Eingleisigkeit gegenwärtige Herausforderungen ansprach und zur Zusammenarbeit aller Demokratisch Gesinnten aufrief: „Es ist alles gut, was nicht zu sehr rechts oder links ist.“

Die Schlussworte sprach Nicole Wagner, Stellvertretende Vorsitzende des Ortsvereins, die dann zum anschließenden „kleinen Empfang“ einlud, der Gelegenheit bieten sollte für „gute Gespräche“, was ausgiebig genutzt wurde. Die musikalische Untermalung hatte das Christof Heringer Trio übernommen.

Politisches Engagement sollte als permanente Verpflichtung aufgefasst werden, betonte Willy Diemert in seiner Eröffnungsansprache. In diesem Sinn sei der 1948 gegründete Ortsverein stets bestrebt gewesen, die Interessen der Gemeinde sowie aller Bürger zu vertreten.

„Nach dem Kirchgang fing alles an.“ erinnerte Jürgen Laub an die Ursprünge. Der damalige Pfarrer Leonhard sei mit „bleibt mal noch hier“ an einige Gottesdienstbesucher herangetreten und habe angeregt, einen Ortsverein der (1945 bis 1949 entstehenden) CDU zu gründen. „Vinningen war immer seiner Zeit voraus“, befand Jürgen Laub und flocht ein, dass eine Produktionsstätte des ehemaligen Schuherstellers Salamander Arbeitsplätze im Ort geboten habe.

Christof Reichert betonte, Soziale Marktwirtschaft und soziale Gerechtigkeit seien heute so wichtig wie vor 75 Jahren. „Nur dem Mainstream hinterher zu hetzen wäre meines Erachtens der falsche Weg“.

„Die Geschichte der CDU ist wechselhaft. Gleich blieb, die CDU ist kommunalpolitisch ein Bollwerk der Vernunft und des Verstandes für unsere Kommunen“, befand Philipp Andreas und leitete über zum „meinungsstarken“ Wolfgang Bosbach, den er für die Jubiläumsveranstaltung hatte gewinnen können.

Wolfgang Bosbach: „Wer macht schon alles richtig?“

Für Christen gelte, nicht lediglich für Christen Politik zu machen, sondern christlichem Menschenbild folgend, eröffnete Wolfgang Bosbach, der von 1994 bis 2017 Bundestagsabgeordneter und unter anderem von Februar 2000 bis November 2009 stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Union war.

Deutschland sei (zur Zeit der Gründung des Vinninger Ortsvereins) politisch und demokratisch diskreditiert gewesen. Es stelle sich die Frage, ob seitdem die CDU alles richtig gemacht habe. „Wer macht schon alles richtig? Es war gut, dass wir zwei starke Volksparteien hatten. Die SPD mit ihrer stolzen Geschichte von 150 Jahren war ein stabilisierender Faktor.“

Ludwig Erhard war von der Marktwirtschaft überzeugt

Die Soziale Marktwirtschaft gegen den Widerstand der SPD durchzusetzen sei (allerdings) richtig gewesen.“ Ludwig Erhard, damals Wirtschaftsdirektor der Bi-Zone (Zusammenschluss der US- und britischen Besatzungszonen), sei vor Lucius D. Clay (1947 – 49 Militärgouverneur der US-Zone) gerufen worden: „Sie haben die Regeln geändert“. Ludwig Erhard (später Wirtschaftsminister Westdeutschlands) habe geantwortet: „Ich habe die Regeln nicht geändert, ich habe sie abgeschafft.“ „Er war von der Marktwirtschaft überzeugt“, folgerte Wolfgang Bosbach, dessen frei gesprochene Worte oft mit starkem Applaus quittiert wurden.

Über Zwischenschritte kam er auf „die größten Demonstrationen der Nachkriegszeit vor 40 Jahren gegen den Nato-Doppelbeschluss“ zu sprechen, für den die Union Verantwortung getragen habe. Die Befürchtungen hätten sich nicht bestätigt. „Es kam alles anders, es kam Abrüstung, Perestroika und Mauerfall und es war ein Glück, dass zu dieser Zeit Helmut Kohl die Verantwortung getragen hat und nicht Oskar Lafontaine“, befand Bundespolitiker Bosbach.

Mit dem Ende der Teilung Deutschlands kommt das Ende der Teilung der Welt, habe man dann gehofft. Tatsächlich sei beginnend mit dem Balkankonflikt vieles anders gekommen. Es sei nicht selbstverständlich, in Frieden und Freiheit zu leben. „Nie wieder ist jetzt! Die Weimarer Republik ist nicht nur an Nazis zugrunde gegangen, sondern auch an ihren Verteidigern. Unter demokratischen Parteien gibt es mehr was eint als uns trennt.“

Sorge um wirtschaftliche und soziale Leistungsfähigkeit

Er sehe Anlass zur Sorge um die wirtschaftliche und soziale Leistungsfähigkeit. Immer wieder werde vergessen, dass alles finanziert werden muss, erinnerte Wolfgang Bosbach und führte aktuell anstehende Herausforderungen an. Auch dürfe es nicht zur Fragestellung kommen, „warum arbeiten statt staatliche Leistungen beziehen“.

Erhalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei wichtig. Das Telefon sei ursprünglich von Philipp Reis in Deutschland entwickelt worden. „23 Millionen Smartphones wurden letztes Jahr verkauft – welches kam aus Deutschland? Grundig, Saba, Schaub-Lorenz – alles weg! Nicht weil die anderen besser waren, sondern weil Deutschland schlechter war.“

Deutschland habe viele Firmen in alten Industrien, aber auch Unternehmen wie SAP (Software, Walldorf). „Wir müssen aufpassen.“ Heute sei der Börsenwert von Apple und anderen höher als aller Börsenwert hier zusammen. Die Beste Investition sei die in die Köpfe unserer Kinder. „Es wäre doch toll, wenn wir in 10 bis 15 Jahren sagen könnten, das Beste was wir an öffentlichen Einrichtungen haben sind unsere Schulen.“

Er habe seinen Vortrag nicht gehalten um Sorgen noch größer zu machen. „Uns geht es immer noch besser als den allermeisten Menschen auf dieser Erde. Wir müssen aber auch etwas dafür tun es zu erhalten“, appelierte Wolfgang Bosbach abschließend. (Werner G. Stähle)

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