Sonntag, 05. Mai 2024

Nutri-Score: Spahn nimmt Lebensmittelhersteller in die Pflicht – die wollen nicht

1. Oktober 2019 | Kategorie: Nachrichten, Politik

Foto: dts Nachrichtenagentur

Berlin  – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fordert von Lebensmittelherstellern, sich an der geplanten Extra-Kennzeichnung für Zucker, Fett und Salz zu beteiligen.

„Die Verbraucher sollen wissen können, was sie essen“, sagte Spahn den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“. Er erwarte daher, „dass sich möglichst viele Unternehmen anschließen und den Nutri-Score umsetzen“.

Er unterstütze die Pläne von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) zur Einführung der neuen Kennzeichnung ausdrücklich, so der Gesundheitsminister weiter. „Der Nutriscore ist ein wichtiger Schritt. Denn bessere Information ermöglicht eine gesündere Ernährung“, sagte Spahn.

Lebensmittelwirtschaft hält Nutri-Score für juristisch angreifbar

Die Lebensmittelwirtschaft in Deutschland lehnt die Nährwertkennzeichnung Nutri-Score vehement ab. Das System bringe nur eine Scheinaufklärung in Bezug auf eine ausgewogene Ernährung, sagte schon im Juli der neue Präsident des Lebensmittelverbands Deutschland, Philipp Hengstenberg, der „Welt“. „Der Nutri-Score teilt Lebensmittel in gesund und ungesund ein – eine wissenschaftlich höchst umstrittene Bewertung.“

Als Beispiele nannte Hengstenberg unter anderem Fisch und Süßigkeiten. Dass ein Brownie schlecht abschneidet, sei erwartbar, sagte der Unternehmer. „Aber auch geräucherter Lachs und Olivenöl sind laut Nutri-Score derzeit fragwürdig, obwohl sie wertvolle Fettsäuren enthalten.“

Käsekuchen wiederum bekomme eine gute Bewertung. „Der hinterlegte Algorithmus und die Aufrechnung vermeintlich positiver und negativer Inhaltsstoffe ist einfach zu kurz gegriffen und funktioniert nicht bei allen Produkten, wenn man nicht auch die in der Regel verzehrte M enge beachtet.“

Der Nutri-Score stammt aus Frankreich, könnte aber auch auf verarbeiteten Lebensmitteln in Deutschland zur Pflicht werden.

Das Bundesernährungsministerium hatte eine Verbraucherbefragung gestartet, bei der eine Gruppe der Bevölkerung darüber entscheidet, welche Nährwertkennzeichnung hierzulande genutzt werden soll. Zur Auswahl standen fünf Modelle, der Nutri-Score gehörte dazu und galt gemeinhin als Favorit, weil er nicht mit Zahlen und Daten, sondern mit einer Farbskala funktioniert.

Hengstenberg monierte diese vereinfachte Darstellung: „Damit wird eine Empfehlung suggeriert. Diese aber lässt die unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten und -vorlieben der Verbraucher komplett außen vor.“

Ohnehin sei ein ausgeglichenes Nährwertprofil für einzelne Lebensmittel aus ernährungswissenschaftlicher Sicht schwer möglich. Noch dazu hält Hengstenberg das System für juristisch mindestens angreifbar. „Die Farbscala kommt einer gesundheitsbezogenen Aussage gleich, die aber ist verboten nach der sogenannten Health-Claims-Verordnung.“

(dts Nachrichtenagentur/red)

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