
Harald Guelzow analysier eine Wasserprobe
Agroforst Fotograf Ruben Wiltsch
Schifferstadt – Alarmierende Nitratbelastungen im Grundwasser der Region Schifferstadt und Umgebung: In 84 Brunnenwasserproben, die am 5. August entnommen wurden, hat der VSR-Gewässerschutz e.V. in rund jedem vierten Fall Überschreitungen des gesetzlichen Grenzwerts von 50 Milligramm Nitrat pro Liter (mg/l) festgestellt.
Die gemeinnützige Organisation sieht in Agroforstsystemen – der Kombination von Ackerbau und Bäumen – einen wirksamen und ertragsneutralen Ansatz, um die Belastung zu senken, und fordert die Bundesregierung auf, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
Extremwerte in mehreren Ortsteilen
Besonders besorgniserregend sind die Spitzenwerte: In Mutterstadt wurde ein Brunnen mit 445 mg/l Nitrat gemessen – fast das Neunfache des Grenzwerts. Weitere hohe Belastungen gab es in Waldsee (150 mg/l), Mandelgraben und Oggersheim (je 129 mg/l), Dannstadt (128 mg/l) sowie Flomersheim und Schifferstadt (je 125 mg/l). Etwas niedriger, aber immer noch über dem Limit, lagen die Werte in Böhl-Iggelheim und Otterstadt mit 71 mg/l.
„Trotz strenger Vorgaben zu Düngemenge und -zeitpunkt sinkt die Nitratbelastung nicht wie erhofft“, erklärt Harald Gülzow, Gewässerexperte beim VSR-Gewässerschutz. Die Ergebnisse sind auf einer interaktiven Karte unter vsr-gewaesserschutz.de/regionales/rheinland-pfalz-saarland einsehbar.
Warum Nitrat ins Grundwasser sickert
Im Rhein-Pfalz-Kreis bestehen 94 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen aus reinen Ackerflächen ohne Bäume. Durch Regen wird das leicht lösliche Nitrat aus Düngemitteln in tiefere Bodenschichten gespült, wo Ackerkulturen es nicht mehr erreichen.
„Bäume mit ihren tiefen Wurzeln können dieses Nitrat aufnehmen und zurück an die Oberfläche transportieren“, erläutert Gülzow. Studien belegen, dass Agroforstsysteme die Nitratbelastung im Grundwasser spürbar reduzieren, ohne den Ackerertrag zu mindern.
Mehr als nur GrundwasserschutzAgroforst bietet zusätzliche Vorteile: Schutz vor Bodenerosion, Förderung der Biodiversität, bessere Anpassung an den Klimawandel und stabilere Erträge bei Extremwetter. Dennoch fehlen politische und wirtschaftliche Anreize für eine flächendeckende Umsetzung.
Ein Bündnis aus Agrarexperten und Beratern hat im Positionspapier „Agroforst Jetzt!“ konkrete Forderungen formuliert. „Wir unterstützen diesen Aufruf uneingeschränkt“, betont Gülzow. Interessierte können die Initiative auf agroforst.jetzt mitzeichnen.
Über den VSR-Gewässerschutz
Der Verein wurde 1980 aus Bürgerinitiativen gegründet und kämpft seit über 40 Jahren für sauberes Wasser. Von April bis September tourt das gelbe Labormobil durch die Region, analysiert Brunnenwasser und informiert vor Ort. Im Winter werden Flüsse und Bäche untersucht – oft ist belastetes Grundwasser die Hauptquelle für hohe Nitratwerte in Gewässern.

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