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Fall Christina Hänel: Ärzte und Verbände fordern Abschaffung von Paragraf 219a – pro familia stützt Ärztin

23. November 2017 | Kategorie: Nachrichten
Sujetbild: dts Nachrichtenagentur

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Gießen – Am 24. November stand die Gießener Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel vor Gericht.

Angeklagt wurde Hänel, weil sie auf ihrer Internetseite über ihr Leistungsspektrum informiert, darunter die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen. Nach Paragraph 219a Strafgesetzbuch ist das eine Straftat.

Der Paragraf besagt, dass Ärzte nicht „des Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs anbieten, ankündigen, anpreisen oder Erklärungen solchen Inhalts bekannt geben dürfen“. Verurteilt wurde die Ärztin zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro. Ihre Anwältin will in Revision gehen.

Nun ist eine neue Debatte über die Rechtsgrundlage für Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland entbrannt. Etliche Frauenärztinnen, Ärzte und Beratungsstellen haben sich mit der Ärztin solidarisiert, die sich vor dem Gießener Gericht wegen „Werbung für Schwangerschaftsabbruch“ verantworten musste.

Rechtsanwälte der Internationalen Liga für Menschenrechte, der Demokratischen Juristinnen und Juristen sowie der Verein Republikanischer Anwältinnen und Anwälte sprechen sich für die Streichung des Paragrafen 219a aus.

pro familia Rheinland‐Pfalz steht ebenfalls hinter Christina Hänel: „Der §219 a StGB ist ein Relikt aus nationalsozialistischer Vergangenheit, der dazu diente, jüdische und kommunistische Ärzte zu kriminalisieren. Dieses Relikt machen sich Abtreibungsgegner und die selbsternannten Lebensschützer nun zunutze, um Ärzte anzuzeigen und einzuschüchtern“, heißt es in einer Stellungsnahme.

Ärzte dürften nach aktuellem deutschen Recht zwar über Leistungen wie Herzfunktionsprüfung oder Lungenfunktionsdiagnostik informieren, aber nicht über den Schwangerschaftsabbruch.

Kristina Hänel habe sich nicht einschüchtern lassen und informiere weiter auf ihrer Internetseite darüber, dass sie straflose Schwangerschaftsabbrüche durchführt. Nun drohen ihr eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.

Weitreichende Folgen habe der Paragraph für schwangere Frauen in einer Konfliktlage, so pro familia: Wenn Frauen online Informationen zum Schwangerschaftsabbruch suchten, landeten sie unvermeidlich auf den „von Hass erfüllten Seiten der Abtreibungsgegnern. Die Inhalte dieser Seiten können durch Stigmatisierung die Notlage und den Schwangerschaftskonflikt der Frauen noch verstärken.“

Bianca Schröder, pro familia-Vorsitzende, und Markus Bürger, Geschäftsführer des pro familia Landesverbands Rheinland‐Pfalz, fordern von der deutschen Gesetzgebung, die Anklage gegen Kristina Hänel fallen zu lassen und den Paragraphen 219a StGB zu streichen: „Frauen müssen die Möglichkeit haben, sich wertfrei über einen Schwangerschaftsabbruch zu informieren, um eine selbstbestimmte Entscheidung treffen zu können.“

Der Paragraph 219a verhindere dies nicht nur, sondern bewirke, dass Frauen im Schwangerschaftskonflikt und Ärzte, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen, wie Verbrecher behandelt werden.“.

(red/dts Nachrichtenagentur)

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