Mittwoch, 08. Mai 2024

Hitzige Debatte: Neubau von Förderschule St. Laurentius wird teurer – Kreistage stimmen trotzdem zu

29. September 2023 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Politik regional, Regional

Kreistag Germersheim: Architekt Florian Feth, Fachplaner Mustafa Isgüder und Vinzenz du Bellier, Vorsitzender des Vorstands des Caritasverbands alle drei vorne links im Bild, stehend), standen Rede und Antwort.
Foto: Pfalz-Express/Licht

Die Kreistage Germersheim und Südlich Weinstraße haben in ihren jüngsten Sitzungen mehrheitlich den gestiegenen Kosten beim Neubau der St. Laurentius-Schule in Herxheim zugestimmt. Die Förderschule für Kinder mit schweren Behinderungen wird von der Caritas betrieben und ist eine von nur drei Schulen dieser Art in Deutschland.

Die geschätzten Kosten für das Projekt belaufen sich auf 36,4 Millionen Euro, was eine Steigerung von über 4,5 Millionen Euro gegenüber der letzten Kalkulation bedeutet. Die Kostenexplosion hat für eine lange Debatte in den Kreistagen gesorgt. 

Erklärungen von Architekten und Caritas-Vorstand

Die Kostensteigerung wurde von den Architekten Florian Feth und Mustafa Isgüder sowie dem Caritas-Vorstand Vinzenz du Bellier erklärt. Sie kamen direkt vom Kreistag Südliche Weinstraße, wo das Projekt durchgegangen war, zum Kreistag nach Germersheim. Im Kreistag SÜW war der Entscheidung allerdings noch eine Sitzungsunterbrechung vorangegangen, damit sich die Fraktionen beraten konnten.

Fragen und Kritik aus den Fraktionen

Die Kreistagsmitglieder stellten zahlreiche Fragen zu dem Projekt und diskutierten intensiv über die Notwendigkeit und die Finanzierbarkeit des Neubaus.

Monique Dinies (SPD) fragte nach der Anzahl der Kinder mit starker Mehrfachbehinderung und übergroßen Rollstühlen, die erwartet werden. Vinzenz du Bellier antwortete, dass er es nicht genau wisse, aber dass die Schule eine der wenigen sei, die solche Kinder überhaupt  aufnehme. Die meisten Schüler kämen aus den Kreisen Südliche Weinstraße und Germersheim, aber einige Schüler auch aus dem gesamten Bundesgebiet.

Martin Brandl (CDU) sprach sich für den Neubau aus, fragte jedoch genau nach der Nachfolgenutzung und dem Umgang mit den bestehenden Gebäuden. 

Reiner Hör (FWG) verwies auf die Zustimmung des Kreistags Südliche Weinstraße („die Kollegen dort haben ja ihre Köpfe nicht nur zum Haareschneiden, sondern denken ebenfalls genau nach“) und schloss sich der Zustimmung an. 

Gerd Unterforsthuber und Andreas Wondra (beide AfD) kritisierten die „Maximallösung aus den guten alten Zeiten“, als noch Geld vorhanden gewesen sei. Eine Schule für 36 Millionen für rund 150 Schüler – das könne man den 130.000 Bürgern im Kreis wohl kaum erklären. Unterforsthuber bemängelte auch die Photovoltaik- und Wärmepumpenanlage sowie die vier Serverschränke als überdimensioniert. Die AfD stellte einen Antrag, wegen der hohen Kosten nach Alternativen zu suchen, der aber von den anderen Fraktionen abgelehnt wurde.

Pascal Endres (Grüne) stellt in den Raum, ob man die 36 Millionen Euro auch in Frage stellen würde, wenn es um einen IGS-Neubau ginge. Er betonte, dass es sich um die schwächsten Schüler handele, die man nicht im Stich lassen dürfe. Diese (finanzielle) Kröte müsse man wohl schlucken.

Mehrheitlicher Beschluss mit Nachbesserungen

Nach etwa zweistündiger Aussprache beschloss der Kreistag Germersheim mit 19 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen, den nochmals gestiegenen, geschätzten Kosten für den Neubau der Schule zuzustimmen.

Außerdem hielten die beiden Gremien jeweils zwei weitere Aspekte mehrheitlich fest, die in der Sitzungsvorlage ursprünglich nicht vorgesehen gewesen waren und die als Diskussionsergebnis dem Beschlussvorschlag hinzugefügt worden waren: Die Kreisverwaltungen sollen nun wegen einer höheren Bezuschussung und wegen des Raumprogramms erneut auf das Land Rheinland-Pfalz zuzugehen. Zudem wurde die Caritas von den Kreistagen aufgefordert, eine besondere Projektsteuerung einzusetzen.

Landrat Dr. Fritz Brechtel merkte dazu an, dass es ernsthafte Gründe für Verhandlungen mit dem Land gebe, da nur drei Schulen dieser Art in Deutschland vorhanden seien und dort eine ganz besondere Schülergruppe versorgt werde. 

Im Caritas-Förderzentrum St. Laurentius und St. Paulus in Herxheim werden Schüler unterstützt und gefördert, die einen umfassenden Bedarf im Bereich der ganzheitlichen Entwicklung haben. Aktuell besuchen 136 Kinder die Förderschule, davon 66 Internatsschüler. Die anderen 70 sind Tagesschüler, die täglich mit Kleinbussen von ihrem Wohnort zur Schule und zurück transportiert werden.

Info

Die Landkreise Südliche Weinstraße und Germersheim sowie die kreisfreien Städte Landau und Neustadt hatten sich im Jahr 2018 für den Ersatzneubau der Schule entschlossen und 2020 einen Vertrag mit dem Schulträger, der Caritas Betriebsträgergesellschaft mbH Speyer, geschlossen. Als Bauherr ist der Caritasverband für die Diözese Speyer mit im Boot.

Im Januar 2023 besprachen sich im Bildungsministerium in Mainz Vertreter aller beteiligten Kommunen sowie der Caritas mit Bettina Brück, der zuständigen Staatssekretärin. Fördermittel bis zu 10,5 Millionen Euro hat die Bildungsstaatssekretärin den Kommunalverantwortlichen nach dem gemeinsamen Gespräch zugesagt.

Die Baukosten werden von den Landkreisen Südliche Weinstraße und Germersheim jeweils vorschussweise hälftig getragen. Die Caritas soll die einzelnen Raten des Landeszuschusses nach Eingang jeweils hälftig an die Landkreise Südliche Weinstraße und Germersheim weiterleiten.

Die nicht durch die Landesförderung gedeckten Baukosten werden über einen noch festzulegenden Zeitraum, der aktuelle Vertrag sieht 25 Jahre vor, jeweils jährlich durch den Schulträger auf alle diese Schule besuchenden Schüler umgelegt und den Herkunftskommunen dieser Kinder und Jugendlichen in Rechnung gestellt. Die daraus erzielten Einnahmen werden jeweils hälftig an die Landkreise Südliche Weinstraße und Germersheim weitergeleitet.

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