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Kandel-Demos im April: Ohne Zwischenfälle, aber scharf im Ton

Fotos und Videos: Pfalz-Express/Licht / WH
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Kandel – Nach zwei Monaten Unterbrechung hat das „Frauenbündnis Kandel“ wieder in Kandel demonstriert. Die Bündnisse „Kandel gegen Rechts“ (KgR) und „WIR sind Kandel“ (WsK) hielten wie gewohnt dagegen.

Größere Rangeleien oder Ausfälle gab es nicht, dafür war der Ton in beiden Lagern scharf.

Bei der Gegenkundgebung, die eine Stunde früher als die des „Frauenbündnisses“ um 13 Uhr hinter der Verbandsgemeindeverwaltung begann, sprachen unter anderem WsK-Mitbegründerin und Grünen-Bürgermeisterkandidatin Jutta Wegmann und der Wörther Bürgermeister und Vorsitzende des „Bürgerbündnisses Wörth“, Dr. Dennis Nitsche.

„Rassisten“

Wegmann kreidete dem „Frauenbündnis“ an, sich als Frauenbeschützer aufzuspielen, aber dabei nur geschädigte „weiße Frauen“ im Sinn zu haben. Das sei ganz klar Rassismus. Dementsprechend lautete das Motto: „Unser Feminismus ist antifaschistisch – Gegen die Instrumentalisierung von Frauenrecht durch das sogenannte „Frauenbündnis Kandel“.

Sie rief dazu auf, sich rege an der Europawahl am 26. Mai zu beteiligen, um die Demokratie zu verteidigen.

„Gelbe Müllsäcke“

Dennis Nitsche prangerte Verflechtungen von „Frauenbündnis“-Mitgliedern zur AfD im Kreis Germersheim an. Das hätten die Kandidatenlisten [1] ans Licht gebracht.  „Nun ist es raus [2]“, sagte Nitsche. Marco Kurz hätte als Bürgermeister in Kandel kandidieren können, wenn er wirklich etwas verändern wolle. Dass er das nicht getan, habe, sei „Feigheit“. Das „Frauenbündnis sei wahrscheinlich von Anfang an die „fünfte Kolonne der AfD“ gewesen. Viele Rechtsradikale wollten unter dem Deckmantel der AfD gesellschaftliche Relevanz erlangen, zitierte Nitsche aus einen TV-Bericht.

Auch Nitsche appellierte, die Europawahl als „Fest der Demokratie zu feiern, damit die, die da drüben stehen in den gelben Müllsäcken, nicht dahin kommen, dass sie was zu sagen haben in diesem Land.“ Tosender Jubel begleitete Nitsches Ausführungen.

Der Vorsitzende des Migrationsbeirats Rheinland-Pfalz, Ziya Yüksel, erklärte auf sachliche Weise Wissenswertes zur Integration und ein junger Greta Thunberg [3]-Anhänger plädierte engagiert für den Klimaschutz.

„Faschisten“

Ein Stück entfernt, direkt vor dem Verwaltungsgebäude, positionierten sich Marco Kurz und sein Frauenbündnis fast ausschließlich zum Thema „Gefährlichkeit des Islams“ und unkontrollierte Masseneinwanderung.

Parteien, diverse Organisationen Gewerkschaften, Presse und Gegendemonstranten würden diese Themen nicht ansprechen. Wer es dennoch wage, habe mit Repressalien zu rechnen, sagte Kurz sinngemäß und nannte Thilo Sarrazin (SPD) und Sahra Wagenknecht (Die Linke) als Beispiel. „Die Wahrheit wollen die bei der SPD einfach nicht hören. Die Bürger haben sie bekanntermaßen schon lange verraten.“ Den Gegendemonstranten sprach Kurz jedwede Toleranz ab und nannte sie „Faschisten“.

Kurz kritisierte weiter, dass seit Zeiten der Aufklärung und des Humanismus Religionskritik gestattet sei, aber hierzulande niemals am Islam. Kurz erzählte vom deutsch-ägyptischen Politikwissenschaftler und Publizisten Hamed Abdel-Samad [4], ein bekannter Islamkritiker. Nach Erscheinen seiner Autobiografie „Mein Abschied vom Himmel“ (2009) wurde eine Fatwa gegen Abdel-Samad ausgesprochen.

„Minderwertige Kultur“

Auf schlüpfriges Terrain begab sich der zweite Sprecher, der YouTuber „Hyperion“, von Kurz und sich selbst als „echter Brauner“ bezeichnet. Zuerst ging es um Witze. Eigenarten von Gruppen oder Kulturen sollten durchaus Ziel von Witzen sein können, auch der Islam, ohne gleich von Islamophobie zu sprechen.

Dann legte „Hperion“ richtig los: Der Islam sei mit keiner anderen Kultur kompatibel, sei minderwertig, grausam und rückständig. Dort, wo der Islam nicht herrsche, gehe es den Menschen besser. Die „Toleranten“ im Westen würden sich jedoch eine rückschrittliche Kultur zurückholen.

Die meisten Gegendemonstranten bezeichnete „Hyperion“ als „knallharte Kommunisten“. „Kommunismus hat weitaus mehr Menschenleben auf dem Gewissen als die Nazis.“ Es sei eine „radikale und gefährliche Ideologie“, die weit im „Mainstream“ vertreten sei.

„Haut ab“

Beide Lager legten sich immer wieder gegenseitig mit lauten „Haut ab“-Rufen nahe, zu verschwinden – jeweils vergeblich.

Wie viele waren wir?

Diese Frage scheint jedes Mal nach dem Demos eine große Rolle zu spielen. Nach Beobachtungen des Pfalz-Express tendieren sämtliche beteiligten Gruppen dazu, ihre Teilnehmerzahl zu überhöhen (ja, damit machen wir uns wieder bei allen unbeliebt, das wissen wir).

Kurz ließ die Teilnehmer seiner Kundgebung antreten, zählte, kam selbst auf etwas über 200 Personen und ließ Polizei und Presse über Mikrofon wissen, dass die Teilnehmerzahlen des „Frauenbündnisses“ in der Vergangenheit zu niedrig und die der Gegendemonstranten zu hoch angesetzt worden seien, natürlich besonders von Seiten der Presse.

Die Polizei schrieb in ihrer Pressemeldung nach den Kundgebungen am Samstag: „Bis zum Berichtszeitpunkt registrierte die Polizei drei Beleidigungen. An der Versammlung des Frauenbündnisses nahmen ca. 200 Personen teil. Der Kundgebung von „Kandel gegen Rechts“ folgten ca. 150 Teilnehmer.“

Nächste Demo in Landau

Kurz kündigte am Ende der Veranstaltung die nächste Demo an, die am 4. Mai in Landau stattfinden soll. Kandel will er vorerst wegen der letzten Entscheidung des Verwaltungsgerichts [5] den Rücken kehren.  (cli)

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