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Neujahrsempfang in Kandel: „Hass-Welle entschlossen entgegen treten“

Großes Interesse: Rund 450 Personen besuchten den Neujahrsempfang der Stadt. Fotos und Video:Pfalz-Express/Licht Fotostrecke am Textende [1]

Großes Interesse: Rund 450 Personen besuchten den Neujahrsempfang der Stadt.
Fotos und Video:Pfalz-Express/Licht
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Kandel – Deutliche Worte fand Kandels Stadtbürgermeister Günther Tielebörger (SPD) gleich zu Beginn des Neujahrsempfangs am Sonntag in der Stadthalle.

Der Tod der 15-jährigen Mia [2] am 27. Dezember habe für Entsetzen, Trauer und Wut gesorgt, sagte Tielebörger. Als Stadt und Verbandsgemeinde habe man den Angehörigen viele Male das Mitgefühl aller zum Ausdruck gebracht.

Für gewisse politische Gruppen sei die Tat jedoch Nährboden für eine Angst- und Hass-Kampagne, die sich in Sekundenschnelle in den sozialen Medien verbreitet habe. „Persönliche Anfeindungen und Morddrohungen beherrschen das öffentliche Bild“, so Tielebörger. Um Trauer für das getötete Mädchen sei es da schon lange nicht mehr gegangen.

Tielebörger selbst, Verbandsbürgermeister Volker Poß (SPD), Mitglieder von Kandel Aktiv und vom Frauen- und Familienzentrum, Bundes- und Landtagsabgeordnete – sie alle hatten bösartige und niederträchtige Drohungen per E-Mail und über den Postweg erhalten. Im Übrigen auch der Pfalz-Express.

Tielebörger forderte alle Bürger auf, der Hass-Welle entgegenzutreten und sie zu bekämpfen. „Ein dunkler Schatten liegt über Kandel, damit können demokratische Kräfte nicht einverstanden sein.“ Tielebörger kündigte an, dass sich in einigen Wochen alle Kandeler Vereine auf Initiative der Bi-Ka-Ge [3] mit einer noch nicht genauer genannten Aktion positionieren wollten. „Die extremen Kräfte dürfen keine Kraft haben, sonst ist der soziale Friede in Kandel in Gefahr“, warnte Tielebörger.

Die Flüchtlingsströme würden nicht abreißen, so der Bürgermeister weiter. Die Weltlage sei kritisch, in den USA und Nordkorea säßen zwei unberechenbare Führer an der Spitze, in Israel werde derzeit weiter Öl ins Feuer gegossen: „Die Rüstungslobby schürt die Konflikte weiter. Würde man all das Geld stattdessen für Hilfsprojekte ausgeben, kämen wir dem Frieden deutlich näher.“

Tielebörger betonte nochmals, dass die Integration in der Stadt und der Verbandsgemeinde „gut“ war. „Es sind Menschen, die zu uns kommen. Ich hoffe, dass die ehrenamtlichen Helfer nicht den Mut verlieren, weiterzumachen.“ Viel Applaus begleitete die Ansprache.

Spontanen Beifall gab es auch für Tielebörgers Kritik an der Förderung für sozialen Wohnungsbau im aktuellen Sondierungspapier von CDU und SPD [4]. 1,5 Millionen für die ganze Bundesrepublik, das reiche bei weitem nicht aus.

Für Kandel blieben, wenn überhaupt, nur ein paar Cent. Ob nicht die Anwesenden Bundestagsabgeordneten Thomas Gebhart (CDU) und Thomas Hitschler (SPD) darauf hinwirken könnten, dass man da ein paar Kommastellen verschiebe?

Neujahrsempfang Kandel 2017 - 4 [5]

Das steht 2018 an

Der Neujahrsempfang stand unter dem Motto „Zukunft gestalten“. Dementsprechend führte Tielebörger die Pläne auf, die die Stadt im kommenden Jahr beschäftigen.

Besonders wichtig sei es, Kandel attraktiv (Aktive Stadt [6]) und als Einkaufs- und Freizeitstadt zu erhalten und weiterzuentwickeln. Deshalb warb er erneut für einen „City-Manager“.

Um die Infrastruktur zu erhalten, sei die momentane Zinslage mit günstigen Krediten eine gute Möglichkeit, um zuzugreifen. Tielebörger beklagte, dass von allen Einnahmen nur 20 Prozent in der Kommune verblieben. Der Rest fließe zurück in den Kreis oder in das Land. Für Investitionen und Sanierungen ist der Stadtchef auf Zuschüsse aus: „Sonst müssen wir womöglich Einrichtungen schließen.“

Im Baugebiet K2 sollen zum Ende des Jahres die Bagger rollen. Dass die Preise dort recht hoch sind, verortet Tielebörger beim Katasteramt und bei der Umlagebehörde. Die Stadt selbst habe fast keinen Einfluss darauf.

Dafür sollen im weiteren Baugebiet K7 bezahlbare Wohnungen für die „breite Schicht“ entstehen, ebenso Sozialwohnungen: „Wir brauchen mehr soziale Gerechtigkeit.“ Auch eine fünfgruppige Kindertagesstätte und ein Einkaufsmarkt sind für K7 geplant.

Zahlreiche Sanierungen stehen in diesem Jahr an. Bei der Bienenwaldhalle ist wegen des Brandschutzes ein Anbau nach vorne Richtung Parkplatz angedacht, die Garderobe und der Sportbereich sollen bleiben, wie sie sind. Auch das Tribünengebäude am Stadion ist in die Jahre gekommenen und muss saniert werden, ebenso das Bürgerhaus Minderslachen.

Der Europäische Kulturpark Schwanenweiher sei durch den Koblenzer Richterspruch gesichert, freute sich Tielebörger. Als Auflage hatte das Gericht eine Überarbeitung der Benutzerordnung vorgegeben. Das sei aber kein Problem, sagte Tielebörger

Die Angler allerdings mussten ihr Heim [7] abreißen, nachdem eine Anwohnerin unter anderem wegen Lärm geklagt hatte. Darüber sei man traurig, biete dem Verein aber jedwede Unterstützung an.

Auch das Jugendzentrum bekommt einen neuen Brand- und Wärmeschutz. Die Rheinstraße soll rollstuhl- und rollatorgerecht mit abgesenkten Bordsteinen ausgebaut werden und der Spargelhof Zapf soll endlich die neue Anbindung an die Landstraße bekommen.

Eine neue legte Elektro-Tankstelle wird noch in diesem Monat eingeweiht, die Alte Post hat einen neuen Eigentümer („wir hoffen auf gute Vorschläge“), das Grundstück in der Bahnhofstraße 2 gammelt noch immer vor sich hin („alle Telefonate und Gesprächsangebot bringen nichts“) und im Baugebiet Lauterburger Straße entstehen der neue Bauhof und ein kleines Hotel mit 35 Zimmern.

Sportler, Schüler und Ehrenamtliche ausgezeichnet

Wie jedes Jahr wurden herausragende Sportler und Ehrenamtliche geehrt. Drei Schüler bekamen ein Stipendium der Todt’schen Stiftung für besondere schulische Leistungen und drei Bürger wurden für besonderes ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet. Darüber wird in Kürze gesondert berichtet.

Die evangelische Pfarrerin Mirjam Dembek und der Gemeindereferent für die katholische Kirche, Markus Müller, sprachen geistliche Worte unter dem Gesichtspunkt „Alles hat seine Zeit“.

Dembek erklärte außerdem, man müsse neue Pläne für das Gemeindezentrum finden. Bis 2020 soll zudem genug Geld zusammenkommen, um die historische Stiehr-Orgel [8] in der Sankt Georgs Kirche restaurieren zu können.

Müller ging auf die zurückgehenden Zahlen bei Kirchenmitgliedern ein. Eine Umfrage ist in Arbeit, mit der man nach den Ursachen suchen will.

Für den guten Ton sorgte die Stadtkapelle Kandel unter der Leitung von Andreas Hack. (cli)

 

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