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„Masterplan Migration“ umsetzen: Landrat Brechtel befürwortet zentrale Einrichtungen für Asylbewerber

Landrat Dr. Fritz Brechtel.
Foto: Pfalz-express

Kreis Germersheim – Landrat Dr. Fritz Brechtel fordert zentrale Einrichtungen für Asylbewerber im Land. Dort sollen sie unterkommen, bis über ihren Antrag entschieden ist, sagte Brechtel auf Nachfrage dem Pfalz-Express. Zu dem Thema geäußert hatte sich der Landrat auch unlängst in einem „FAZ“-Interview.

Integration im Kreis läuft gut

Brechtel betonte jedoch, dass die Integrationsarbeit im Kreis Germersheim hervorragend gestaltet sei. Die Ehrenamtlichen hätten mit viel Herzblut zusammen mit den Behörden den Flüchtlingsstrom von 2015 sehr gut bewältigt. Ziel müsse weiterhin sein, Menschen, die Anspruch auf Asyl haben, bestmöglich helfen.

„Das bedeutet aber auch, die wenigen 1 bis 2 Prozent kriminelle Asylbewerber konsequent zurückzuführen, damit wir uns mit allen Kräften auf die konzentrieren können, die wirklich Hilfe benötigen“, sagte Brechtel dem Pfalz-Express.

Auf den wenigen straffällig Gewordenen liege der öffentliche Fokus, die anderen würden damit in ein schlechtes Licht gerückt, obwohl es mit der Integration im Kreis Germersheim gut laufe, so Brechtel.

1 bis 2 Prozent kriminell auffällige Asylbewerber

Die 1 bis 2 Prozent sind allerdings teils schwere Kaliber, die die Akzeptanz für Asylbewerber generell gefährdeten, sagt der Kreischef.

Der Landrat hat eine Liste mit 15 straffällig gewordenen Asylbewerbern. Da geht es beispielsweise um einen Afghanen, der wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einem Jahr und vier Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Gegen seinen Ablehnungsbescheid legte er Berufung ein, das Verfahren läuft noch.

Ähnlichkeiten zum Fall Mia

Ein weiterer Afghane, verurteilt wegen Körperverletzung, weist nach Brechtels Einschätzung erschreckende Ähnlichkeit zum Fall der getöteten Mia aus Kandel [1] auf: Ein Afghane, der die Ex-Freundin bedroht. Ein den Behörden bekannt gewordener Satz des Asylbewerbers lässt aufhorchen: „Wenn du nicht machst, was ich will, ergeht es dir wie dem Mädchen aus Kandel“, soll der Mann gesagt haben.

Diese und andere Fälle hatte Brechtel in einem Brandbrief dem Bundesinnenministerium und dem Innenministerium in Rheinland-Pfalz geschildert und dringlich darauf hingewiesen, die Betreffenden abzuschieben.

Abschiebungen nach Afghanistan in Rheinland-Pfalz schwierig umzusetzen

Los wird er die Meisten dennoch nicht. Die Landesregierung schiebt nur Straftäter ab, wenn sie zu Freiheitsstrafen oder zu Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wurden. Der Afghane, der das Mädchen aktuell bedroht, fällt nicht darunter und darf bleiben.

Ein undankbare Aufgabe sei es, sagt Brechtel. „Diese Menschen können alle Rechtsmittel ausschöpfen und solange die Verfahren nicht durchgefochten sind, bleibt die Situation, wie sie ist.“ Das könne bis zu 12 Monaten oder auch länger dauern.

„Masterplan umsetzen“

Brechtel indes fordert, alle Afghanen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, auszuweisen. Deshalb befürwortet er zentrale Einrichtungen für Asylbewerber und den „Masterplan Migration“ des Bundesinnenministeriums, hinter den sich auch der Landkreistag [2], also die Vertretung aller Landkreise, gestellt hat.

Im „Masterplan Migration“ werden zentrale Einrichtungen „Ankerzentren [3]“ genannt. Die lehnt das Land aber bislang ab.

Brechtel sieht das anders: „Es wäre wünschenswert, den Masterplan so weit es geht umzusetzen.“ Es sei zudem schlichtweg „nicht einsehbar“, weshalb kriminell auffällig gewordene Asylbewerber wegen der Landesverordnung RLP nicht abgeschoben werden dürften.

„Manche sind eine Art Zeitbombe“, warnt Brechtel. „Und diese Wenigen gefährden das gesamte Thema Integration“.

„Mia könnte noch leben“

Mia könnte noch leben, ist Brechtel überzeugt, wenn ihr Mörder, ein damals als 15-Jähriger unbegleiteter Flüchtling eingestufter Asylbewerber [4] aus Afghanistan  in einem Zentrum hätte bleiben müssen, bis sein Status geklärt gewesen sei. Natürlich müsse die Prüfung in den Zentren rasch erfolgen, betont der Landrat.

„Dublin“-Fälle: Wohnungen werden nicht weitervermietet

Ein weiteres Problem sind die sogenannten „Dublin“-Fälle. Werden Asylbewerber in einen anderen europäischen Staat abgeschoben, weil sie dort zum ersten mal registriert wurden (Dublin-Abkommen), sind sie meist nach zwei bis drei Tagen wieder da und stellen erneut einen Asylantrag.

Ein großer, sich immer wiederholender Arbeitsaufwand auch für die zuständigen Mitarbeiter der Kreisverwaltung. „Da werden mit viel Mühe Rückführungen durchgeführt, beispielsweise nach Italien, und kurz darauf muss man wieder bei Null anfangen“, kritisiert Brechtel. Das sei eine „paradoxe Schleife“, da man ja schon über den Asylstatus negativ entschieden habe.

Weil die abgelehnten Asylbewerber so schnell wieder zurück sind, werden Wohnungen im Kreis erst gar nicht weitervermietet. Im ganzen Kreis gibt es keine Sammelunterkünfte. Der Gedanke der Kommunen dahinter war ursprünglich, einen brisanten Hotspot mit Konfliktpotenzial zu verhindern, keine unterschiedlichen Ethnien zusammen unterzubringen und die Integration mit einer flächenmäßigen Verteilung zu fördern.

Im Landkreis Germersheim leben heute etwa 700 Asylsuchende, 2016 waren es mehr als doppelt so viele. Die Integration ist laut Brechtel bei der überwiegenden Mehrheit gut gelungen oder macht Fortschritte. Kriminelle sollen aber so schnell wie möglich in ihr Heimatland zurückgeführt werden, fordert der Landrat. (cli/(aktualisiert) 

 

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