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Brand im Waldstadion Herxheim: Flüchtlinge in Sicherheit – bisher keinen Hinweis auf Vorsatz gefunden

Völlig ausgebrannt ist das zweite Geschoss des Gebäudes. Fotos/Video:pfalz-express.de/Licht [1]

Völlig ausgebrannt ist das zweite Geschoss des Gebäudes.
Fotos/Video:pfalz-express.de/Licht

Herxheim. In der vergangenen Nacht (gegen 2.11 Uhr) wurde die Feuerwehr Herxheim zu einem Brand im Bereich des Tribünengebäudes am Waldstadion alarmiert. Dort war es zu einem Brand gekommen.

In dem Gebäude befinden sich die Räumlichkeiten des DRK Ortsverein Herxheim, in dem in den letzten Wochen die Annahme von Kleidern organisiert war.

In dem Gebäude waren auch neun Flüchtlinge in Zimmern untergebracht. Einer der Asylsuchenden wachte auf, weil er Geräusche gehört hatte und bemerkte dann das Feuer in der Kleiderkammer.

Er weckte alle anderen und brachte sie nach draußen. Dort trafen die verängstigten Menschen auf eine gerade patrouillierende Polizeistreife, die die Menschen auf die Rettungswache in Sicherheit brachte. Sie wurden von Feuerwehr und Rettungsdienst versorgt und anschließend in anderen Unterkünften untergebracht.

Verpuffungsexplosion: Feuerwehrmann verletzt

Lichterloh gebrannt habe die komplette obere rechte Seite des Gebäudes, so die Feuerwehr vor Ort.

Ein Feuerwehrmann, der in der Nähe des Eingangs stand, wurde mehrere Meter rückwärts geschleudert, als es zu einer Verpuffung kam. Seine Jacke fing Feuer, die Flammen konnten aber von den Kameraden sogleich gelöscht werden. Der Feuerwehrmann wurde leicht verletzt, durfte nach medizinischer Behandlung das Krankenhaus aber wieder verlassen.

Scheiben barsten, ein Stahlträger krachte vom Dach und verfehlte zwei weitere Feuerwehrleute nur um wenige Zentimeter, berichtete der stellvertretende Kreisfeuerwehrinspekteur SÜW, Karsten Moock.

Die Tribüne nebst Dach wurden zudem schwer beschädigt. Über die Schadenshöhe ist bislang noch nichts bekannt.

Ermittlungen wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung

Bisher gibt es noch keine Hinweise auf die Brandursache. Da auch eine Brandstiftung nicht auszuschließen ist, sind umfangreiche Fahndungsmaßnahmen und Ermittlungen angelaufen. Ein eingesetzter Polizei-Spürhund hat bislang keine Spuren eines Brandbeschleunigers angezeigt.

Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) geht von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus. Damit müsse man rechnen, auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt noch keine genauen Hinweise vorlägen, so Alt.

Die Behörden ermittelten nun wegen versuchten Mordes. Das gab der Leitende Oberstaatsanwalt Detlef Winter auf einer schnell anberaumten Pressekonferenz im Herxheimer Rathaus bekannt. Man ermittle aber auch in alle anderen Richtungen.

Da bislang keine Brandsätze gefunden wurden, scheint jedoch auch ein technischer Defekt möglich.

Erst vor knapp einer Woche hatte es einen Brandanschlag auf die geplante Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge im Technologiezeitrum gegeben (Pfalz-Express berichtete [2]). Deshalb müsse man jetzt von versuchtem Mord und schwerer Brandstiftung ausgehen, so Winter. Man habe inzwischen auch eine vielversprechende Spur zum ersten Brandanschlag.

Im Einsatz waren die Feuerwehrkräfte der Verbandsgemeinde Herxheim, der Feuerwehr Kandel sowie des Landkreises Südliche Weinstraße und der Stadt Landau. Außerdem Rettungsdienst, Schnelleinsatzgruppe und THW.

Insgesamt waren rund 150 Einsatzkräfte vor Ort. Den Einsatz leitete Jürgen Fink von der Feuerwehr Herxheim.

Am Donnerstagabend hatte Ministerpräsidentin Malu Dreyer den Brandort besucht. Den Bericht dazu gibt es hier [3].

Hinweis: Am 11. Dezember findet von 18 bis 19 Uhr eine Kundgebung vor dem Rathaus in Herxheim für ein friedliches Miteinander statt. Infos dazu gibt es hier [4]. (cli/red)

 

...die Feuerwehr ist immer noch vor Ort. Fotos: Pfalz-Express/Licht [7]

Brand Waldstadion Herxheim Tribüne Flüchtlinge 10.12.2015 [8]

Landesregierung „tief betroffen“

Die Landesregierung zeigt sich nach dem Brand tief betroffen. „Ein Feuer in einer Flüchtlingsunterkunft verunsichert die Menschen zutiefst – sowohl die Bewohner als auch die Bevölkerung.

Noch sind die näheren Umstände dieses Feuers und die Brandursache nicht geklärt. Wir sind entsetzt, dass es in Herxheim binnen einer Woche zum zweiten Mal in einer Flüchtlingsunterkunft gebrannt hat“, erklärten Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Integrationsministerin Irene Alt und Innenminister Roger Lewentz.

„Unser Land steht für einen respektvollen und herzlichen Umgang mit allen Menschen. In dieser Haltung lassen wir uns durch nichts abbringen“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer

Der stellvertretende Landesvorsitzende und Bezirksvorsitzende der CDU, Christian Baldauf MdL erklärt:

„Auch wenn die Hintergründe an diesem Morgen noch nicht geklärt sind – eine brennende Flüchtlingsunterkunft ist eine Schande, die uns alle trifft und gerade in der Vorweihnachtszeit sprachlos macht.

Fremdenfeindlichkeit ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Angriff auf unsere Werteordnung und muss entsprechend bekämpft werden. Jeder Mensch, der zu uns kommt, aus welchem Grund auch immer, verdient eine menschenwürdige und faire Behandlung. Niemand soll bei uns um sein Leben und seine Gesundheit fürchten müssen, erst recht keine Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten.“

Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann. „Abscheuliche Tat“

Als „abscheuliche Tat“ verurteilt Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann die Brandanschläge.

„Die Menschen, die vor dem Krieg und dem Terror in ihren Heimatländern geflohen sind und bei uns Schutz suchen, werden hier erneut Opfer von Vorurteilen und Gewalt. Wer einen solch niederträchtigen Anschlag auf schutzlose Menschen verübt, tritt die christlichen und die demokratischen Grundwerte mit Füßen.“

Hitschler: „Keine Meinung, sondern Verbrechen“

„Entsetzt, fassungslos und unglaublich zornig“ zeigt sich der südpfälzische Bundestagsabgeordnete Thomas Hitschler (SPD). „Das ist nicht nur ein Angriff auf hilfesuchende Menschen. Das ist auch ein Angriff auf helfende Menschen“, wertet Hitschler die mutmaßliche Brandstiftung auf das Gebäude, in dem sich auch die Kleiderkammer des DRK-Ortsvereins Herxheim befindet.

„Das ist keine Besorgtheit. Das ist keine Meinung. Das ist ein Verbrechen!“

CDU Abgeordnete fordern schnelle Aufklärung

Die südpfälzischen CDU-Abgeordneten Dr. Thomas Gebhart (Bundestag), Christine Schneider und Martin Brandl (Landtag) fordern eine schnelle Aufklärung.

„Es muss so schnell wie möglich ermittelt werden, wie es zu dem Brand kommen konnte. Es sind nun gründliche und nachdrückliche Ermittlungen erforderlich. Wir haben dabei vollstes Vertrauen in die zuständigen Ermittlungsbehörden“, so die Abgeordneten.

„Zum Glück wurde offenbar niemand ernsthaft verletzt. Falls sich der Verdacht erhärten sollte, dass es sich um einen Brandanschlag handelt, hätten wir es mit einer neuen Qualität rechtsextremer Bedrohung zu tun. Es wäre gezielt in Kauf genommen worden, Menschen zu verletzen, was wir auf das Schärfste verurteilen. Für fremdenfeindlichen Hass darf es in unserer freiheitlichen Gesellschaft keinen Platz geben.“

Auch die PIRATEN aus der Südpfalz sind bestürzt und verurteilen den möglichen Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft in Herxheim.

„Dass es innerhalb kürzester Zeit, zwei solch menschenverachtende Taten gibt zeigt, dass es bei aller Offenheit der Menschen im Kreis noch immer Unbelehrbare gibt.

Wir hoffen auf die schnelle Aufklärung der Herxheimer Brandanschläge und auf angemessene Strafe für die Täter.“

Sven Gretschuskin, Vorsitzender des Kreisverbands Südpfalz der Piratenpartei: „Lasst euch nicht von rechter Hetze beeinflussen und zeigt weiter eure Menschlichkeit.

Wir bedanken uns bei den 150 Rettungskräften, welche Schlimmeres verhindert haben, für ihren Mut und Einsatz und wünschen dem leicht verletzten Feuerwehrmann gute Besserung und schnelle Genesung. Außerdem hoffen wir, dass die Flüchtlinge eine neue Unterkunft erhalten und sich von diesem Schock schnell erholen.“ (red)

Foto: Pfalz-Express/Licht [9]

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