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Germersheim: Biergarten auf Rheinwiese mit Senkrechtstart – Gesprächsstoff für einheimische Wirte

    V.li.: Germersheimer Bürgermeister Marcus Schaile, Biergarten-Betreiber Patrick Barth und Dr. Sascha Hofmann, Erster Beigeordneter der Stadt.
    Fotos: Pfalz-Express/Licht – Fotostrecke am Textende

Germersheim –  Seit Donnerstag hat am Germersheimer Rheinvorland der Biergarten des Speyerer Caterers und Schaustellers Barth geöffnet.

Gleich vorneweg: Das Projekt ist gelungen, die Location schön gestaltet [1], die Lage direkt am Rhein (Rheinvorland [2]) unschlagbar – eine echte Bereicherung für die Stadt. Aber es gibt auch Kritik.

Der Biergarten bleibt übrigens nur für diese Sommersaison. Ursprünglich hätte das von der Stadt dort vorgesehene Kiosk/Cafe/Pavillon [3]schon stehen sollen. Das Vorhaben hatte sich jedoch verzögert – und dann kam auch noch Corona dazwischen. Für den Sommer 2020 aber können die Germersheimer und auswärtige Besucher jetzt trotzdem Bierchen und Wein nebst Bratwurst oder Steak mit toller Aussicht genießen.

Konzept kommt an

Bürgermeister Marcus Schaile (CDU) und Inhaber Patrick Barth haben am Freitag eine erste „Eröffnungs“-Bilanz gezogen und die fiel mehr als zufriedenstellend aus. Auch viele bekannte Gesichter von Speyerer Stammkunden der Barth´schen Gastronomie waren nach Germersheim gekommen. „Ich habe jeden Zweiten gekannt“, berichtete Barth beim Pressgespräch im Biergarten. Barth selbst war auf die Stadt mit dieser Idee zugekommen.

Das Gastro-Konzept mitsamt den derzeit geltenden Corona-Vorschriften sei im Einklang mit der Stadt erarbeitet worden, betonte Bürgermeister Schaile. Und das auch noch Hochwasser-konform, abgestimmt mit der Struktur-und Genehmigungsdirektion (SGD), denn das Gelände liegt im Hochwassergebiet. Auch alle anderen Vorgaben, die mit einem solchen Unterfangen automatisch anfallen, wurden geprüft.

Ebenfalls zusammen mit der Stadt wurde ein Konzept erarbeitet, mit dem die Hygiene-Vorlagen einhalten werden könnten, sagte Patrick Barth. Seit dem 10. Juni dürfen sich nach der neusten Corona-Verordnung [4]des Landes 250 Personen im Freien versammeln. Kontaktdaten müssen die Gäste aber nach wie vor hinterlassen.

Im Biergarten wird es so umgesetzt: Ein Gast, der ein Getränk an einem der Stände holt, bekommt ein Formular, auf dem er seinen Namen, seine Telefonnummer und die Zeit, die er dort verbracht hat, einträgt. Beim Zurückbringen des Pfandglases wird auch der Zettel mit abgegeben. Die Tische würden nach jeder Benutzung desinfiziert, sagte Barth. Mit Stellwänden umzäunt und videoüberwacht wird das Gelände nur nachts.

Wirte knirschen mit den Zähnen

Nicht begeistert von dieser Idee sind die Germersheimer Wirte (Restaurant-, Café- und Kneipenbesitzer). Die ärgern sich über die neue Konkurrenz am Rhein, nachdem nach den Corona-Schließungen die Finanzlage der meisten Gastonomen extrem dünn ist.

Der Biergarten halte beispielsweise Ausflügler davon ab, in die Innenstadt zu kommen, beklagen die Wirte. Außerdem sei man gewissermaßen vor vollendete Tatsachen gestellt, nicht gefragt oder eingebunden worden.

„Haben alles für die Wirte getan“

Vor einigen Tagen hat sich der Bürgermeister deshalb mit den Wirten an einen „Runden Tisch“ gesetzt und Gespräche geführt. So ganz nachvollziehen kann Schaile die Kritik aber dennoch nicht. Man habe alles für die Germersheimer Wirte getan, sagte er dem Pfalz-Express. Die Stadt habe im Haupt- und Finanzausschuss beschlossen, keine Gebühren für die Freisitze zu erheben. Außerdem dürften die Wirte die Außenbestuhlung erweitern. Für den Biergarten gilt die Kostenbefreiung nicht – Patrick Barth muss für seine Freisitze bezahlen.

Zudem habe man darauf geachtet, dass der Biergarten keine direkte Konkurrenz darstelle. So dürfen beispielsweise nur Imbisse, aber keine größeren Gerichte angeboten werden, sagte Schaile.

„Der Biergarten schließt spätestens um 21.30 Uhr. Da haben viele Kneipen (meist bis 24 Uhr) und Restaurants in der Stadt noch geöffnet.“ Und ein Radfahrer, der auf dem Radweg am Rhein unterwegs sei, würde wohl nicht extra in die Stadt hineinfahren, um etwas zu trinken. Gefragt oder ihm gegenüber Interesse an einem derartigen Projekt bekundet habe bislang niemand aus der Germersheimer Gastro-Szene.

Zackig aufgeschlagen

Patrick Barth mit seinem großen Caterer- und Schaustellerunternehmen hatte natürlich die Ressourcen, eine solche Szenerie innerhalb weniger Tage aus dem Boden zu stampfen, das Material war ad hoc verfügbar. Das Ergebnis wie gesagt: beeindruckend. Auch Barth (der in Germersheim seit vielen Jahren regelmäßig auf großen Veranstaltungen wie dem Pfingstmarkt oder dem Festungsfest die Besucher verköstigt), musste wegen der Corona-Pandemie große Einbußen hinnehmen – sämtliche Messen und Feste wurden bekanntlich abgesagt. Da war der Germersheimer Biergarten eine clevere Idee. Vermutlich hätte kaum einer der Germersheimer Wirte alles in so kurzer Zeit auf die Beine stellen können, schlichtweg schon allein aus Mangel an Materialien und Personal.

„Für die Kleineren ist es schwer“

Dennoch tun sich viele schwer mit dem Speyerer Unternehmen in „ihrem“ Revier. Der Inhaber eines kleinen Eis-Cafés in Germersheim sagte dem Pfalz-Express, er habe gleich am ersten Tag im Biergarten Corona-Verstöße beobachtet. So habe bei weitem nicht jeder einen Kontaktdaten-Zettel bekommen, geschweige denn Abstand gehalten. Die Menschen hätten sich dich gedrängt. Die Tische seien nicht vor jedem Gast-Wechsel desinfiziert worden, das Personal trüge teilweise keine Masken, die Tische hätten nicht den vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,5 Metern.

„Und wir, die wir genau alle Regeln einhalten, werden trotzdem zweimal in der Woche vom Ordnungsamt kontrolliert“, beklagte der Mann. Sein Service-Personal würde ausschließlich Maske tragen. 500 Euro für Desinfektionsmittel habe er ausgeben müssen – für ein Lokal mit wenigen Tischen, das nicht so viel Umsatz machen könne wie ein „Großer“, sei das alles eine große Belastung.

„Handhaben alles sorgfältig“

Auf nochmalige Nachfrage des Pfalz-Express bei Patrick Barth zu den Vorwürfen antwortete dieser, dass man selbstverständlich alle Corona-Regeln einhalte. Die Tisch-Abstände seien nachgemessen worden. Er habe auch keine Rückmeldungen seines Personals bekommen, dass es mit den Kontaktdaten-Zetteln nicht funktioniert hätte – im Gegenteil.

Auch hätten sämtliche Mitarbeiter seines Teams ständig einen Blick auf die Tische. Ab Samstag würde eine zusätzliche Kraft eingesetzt, die sich ausschließlich um die Desinfektion der Tische kümmern soll. Und wo es vielleicht zu Beginn nicht ganz rund gelaufen sei, habe man sofort nachgebessert und werde das auch weiterhin tun, versicherte der junge Unternehmer.

Möglicherweise ist aber alle Aufregung umsonst – am Freitag um die Mittagszeit waren sowohl der Biergarten am Rheinufer als auch die Restaurants und Cafés in der Innenstadt gut besucht. (cli)

Öffnungszeiten Biergarten: Wochentags von 11.30 bis 21.30 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 21.30 Uhr.

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