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Schock in Wörth: Vogelgrippe bei Rassegeflügelzuchtverein – alle Tiere müssen getötet werden

Betroffene Mienen: Landrat, Bürgermeister, städtische- und Kreis-vertreter und Vereinsspitze sind erschüttert. Fotos: Pfalz-Express/Licht [1]

Betroffene Mienen: Landrat, Bürgermeister, städtische- und Kreisvertreter und Vereinsspitze sind erschüttert.
Fotos: Pfalz-Express/Licht

Wörth: Schock und blankes Entsetzen beim Rassegeflügelzuchtverein in Wörth: Im Tierbestand ist bei einem Monitoring des Kreisveterinäramts der Vogelgrippevirus Typ H5 entdeckt worden. Menschen sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht gefährdet.

(Aktuell (11.1. 2017, 16 Uhr): Lesen Sie dazu: Vogelgrippe-Virus bei Rassegeflügelzüchter in Wörth: Ein Drittel der Tiere könnte gerettet werden – Land nimmt Kompromiss von Landrat Brechtel unter Vorbehalt an. [2]

Der 65 Jahre alte Verein ist der erste Geflügelhalter in Rheinland-Pfalz, bei dem die Vogelgrippe nachgewiesen werden konnte. Bei dem Virus handelt es sich vermutlich nicht um die aktuelle hoch ansteckende H5N8-Variante, sondern um den Typ H5. Von 45 Proben waren elf positiv, sieben definitiv mit dem Subtyp H5.

In der Geflügelpestverordung spielt hoch- oder niedrig pathogen jedoch keine Rolle: Der gesamte Bestand von über 540 Hühnern, Enten und Gänsen muss gekeult werden. Der Verein züchtet seit Jahrzehnten unter anderem seltene oder nahezu ausgestorbene Arten.

Die Mitglieder des Vereins sind am Boden zerstört. Der Vorsitzende Joachim Gottschang sagte auf der heutigen Pressekonferenz des Kreises: „Seit 40 Jahren ziehen wir die Tiere groß und jetzt soll plötzlich Schluss sein. Mir fehlen die Worte. Ich kann es nicht nachvollziehen, was hier wie ein Film abläuft.“

Man habe einen Rechtsanwalt eingeschaltet, denn man wolle sich nicht „kampflos der ganzen Geschichte beugen.“ Mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Neustadt [3] soll das Schlimmste noch vermieden werden – die Aussichten sind aber schlecht.

 

Joachim Gottschang (2-v.re.) gibt sein Statement ab. [4]

Joachim Gottschang (2-v.re.) gibt sein Statement ab.

Die Keulung doch noch zu verhindern, sei fast unmöglich, sagte Landrat Dr. Fritz Brechtel. Der hatte noch am Sonntag Gespräche mit dem Ministerium und Fachleuten in der Kreisverwaltung geführt und nach Lösungen gesucht, um zumindest einige Tiere zu retten. Das Ministerium und die hinzugezogenen Juristen hätten aber keine Möglichkeit gesehen.

Die Gesamtkeulung müsse laut Gesetz auch wegen der angrenzenden Bestände durchgeführt werden, erläuterte der Landrat (promovierter Biologe). Das betrifft einen Umkreis von 1.000 Metern. In diesem Bereich gibt es noch 27 andere, private Geflügelhalter mit jeweils etwa 10 bis 20 Tieren, die nun zeitnah alle überprüft – im Fachjargon „beprobt“ – werden.

Viel „Vogelverkehr“

Außerdem liege das Vereinsgelände am Altrhein, so Brechtel, mit Zugvögeln und vielen Wildvögeln. Das Risiko einer weiteren Ausbreitung müsse durch die radikale Maßnahme der Messekeulung verhindert werden – „auch wenn es mir in der Seele weh tut und zwei Herzen in meiner Brust schlagen“, so der Landrat.

Auch der Wörther Bürgermeister Dr. Dennis Nitsche hatte sich eingesetzt, um das Ausmaß der Keulung zumindest einzuschränken – vergebens. Es sei eine unglaubliche Tragödie, so Nitsche.

Die Kreisverwaltung untersteht als Behörde dem Umweltministerium. Das hatte am 8. Januar die Tötung der Tiere angeordnet (weitere Informationen hier [5]).

Die Tötungsanordnung wurde heute zugestellt, innerhalb von zwei Tagen keult eine Fachfirma nach Tierschutzrichtlinien die Vögel, erläuterte Amtstierärztin Dr. Wagner vom Kreisveterinäramt. Das passiert beispielsweise mit Injektionen.

Zorn und Trauer

Wütend sie sie alle, die seit Jahren und Jahrzehnten den Geflügelbestand hegen und pflegen und das Gelände wie einen Park gestaltet haben. Was als Pressekonferenz gedacht war, entwickelte sich immer mehr zur Diskussionsveranstaltung, denn die Mitglieder des Vereins saßen mit im Raum und am Tisch.

Die Verantwortlichen richteten abgesehen vom ideellen Wert einen Schaden in sechsstelliger Zahl an, warf Gottschang der Kreisverwaltung vor. Man spreche von Größenordnungen bis 100.000 Euro: „Es sind Rassen dabei, die man teilweise nicht mehr bekommt.“ Manche seien für immer verloren, einige gebe es nur noch in Russland, von wo aus man nichts einführen dürfe.

„Wir reden hier von einem niedrig pathogenen Virus. Das kommt oft vor und ist völlig normal in der Vogelwelt. Man hätte die betroffenen Tiere töten und bei den anderen regelmäßig neue Blutproben durchführen können“, regte sich Gottschang auf und kritisierte gleichermaßen das „riesige Polizeiaufgebot“ vor dem Vereinsgelände. Vereinsmitglieder hätten das Gelände nicht mehr betreten dürfen, erst heute habe man den Tieren wieder Futter und Wasser geben können.

Weitermachen will er nicht mehr, obwohl Landrat Brechtel dem Verein zum Wiederaufbau die Hilfe des Kreises zusagte. Auch die finanzielle Entschädigung fällt wohl eher gering aus: Dem Verein steht lediglich ein Betrag für Nutzgeflügel zu, der dem tatsächlichen Wert der Rassetiere nicht entspricht. (cli)

Auch Polizei und Feuerwehr sind betroffen. [6]

Auch Polizei und Feuerwehr sind betroffen.

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