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Nach Demo-Kritik – Niedermeier und Hogrefe: „CDU lehnt jede Form von Extremismus ab“

Michael Niedermeier (re.) und Niklas Hogrefe nehmen Stellung.
Foto: Pfalz-Express

Kandel – Seit einer Stellungnahme der Kreis-CDU Mitte Oktober, mitgeteilt vom Kreisvorsitzenden Dr. Thomas Gebhart (Bundestagsangeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium) und Michael Niedermeier, Vorsitzender des Kandeler CDU-Verbandsgemeinde- und Stadtverbands, herrscht Aufregung.

Gebhart und Niedermeier hatten Mitte Oktober geäußert [1], man kritisiere „die fortdauernde Instrumentalisierung der Situation in Kandel durch radikale Demonstranten scharf.“ Das Bündnis „Wir sind Kandel“ begrüße man jedoch.

Gemeint sind Radikale auf beiden Seiten, rechts und links, denn, so heißt es unter anderem weiter: „Auch ist es unverantwortlich, dass Vertreter anderer demokratischer Parteien sich durch ihre Teilnahme an den Aktionen der Antifa mit dieser gemein machen.“

Sturm der Entrüstung

Kurz darauf brach ein Sturm der Entrüstung los. Das Bündnis „WIR sind Kandel“ sprach von Irritationen über die Presseverlautbarung der CDU und mutmaßt politische Opportunität.

Die Grünen im Kreis reagierten mit „Mit Verwundern und Bedauern“, die „Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa“ erstattete Anzeige gegen Gebhart und Niedermeier mit der Begründung der „üblen Nachrede“ und in einem Presse-Kommentar wurde die CDU als „schwach und hilflos“ bezeichnet.

Das „Bürgerbündnis Wörth am Rhein“ mit seinem Vorsitzenden Dr. Dennis Nitsche warf der CDU gar „Berechnung und Machtversessenheit“ vor und spekulierte, man könne seitens der CDU „mit Rechtsradikalen zur Not auch zusammenarbeiten.“ Nitsche (SPD) ist im Hauptberuf Bürgermeister von Wörth.

Er betont, sich nicht in dieser Funktion, sondern als Bürgerbündnis-Vorsitzender zu äußern. In der öffentlichen Wahrnehmung wird dieser Unterschied allerdings kaum zur Kenntnis genommen – wie auch, handelt es sich schließlich um ein um dieselbe Person.

Interview: Das sagen Niedermeier und Hogrefe

Harte Vorwürfe also – bleibt die CDU bei ihrer Aussage? Der Pfalz-Express sprach mit Michel Niedermeier und Niklas Hogrefe, Vorsitzender der Jungen Union Kandel und stellvertretender Vorsitzender des Kandeler CDU Stadtverbands.

PEX: Herr Niedermeier, Herr Hogrefe, Sie haben heftigen Gegenwind bekommen. Hat Sie ein „Shitstorm“ erreicht?

Niedermeier: Nein. So schlimm war es nicht. Die Zuschriften und E-Mails hielten sich in Grenzen. Es waren zudem oft dieselben Namen – die, die man schon kennt. Wir haben auch viele positive Rückmeldungen bekommen von Bürgern und verantwortlichen Politikern.

Hogrefe: Die Vorwürfe waren in der Hauptsache auf extrem linken Facebook-Seiten zu lesen. Es wurden Entschuldigungen gefordert oder auch mal Beleidigungen ausgesprochen, beispielsweise man stecke „mit den Rechten unter einer Decke.“ Was absolut lächerlich ist.

Niedermeier: Eine große Unverschämtheit sind allerdings die Aussagen den Wörther Bürgermeisters, der uns damit in eine rechtsradikale Ecke stellt. Das entbehrt jeder Grundlage.

„Nicht mit unseren Werten vereinbar“

PEX: Wo sehen Sie denn das Problem mit den hiesigen „Antifa“-Gruppen? Diese betonen stets, Gewalt abzulehnen.

Niedermeier und Hogrefe: Natürlich ist nicht jeder, der dort mitläuft, ein Aggressiver. Wir haben ja nie bestritten, dass viele aus dem demokratischen Spektrum dabei sind.

Aber schon die Tatsache, dass Parolen wie „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten“ oder „Gegen das Konstrukt aus Volk, Nation und Rasse – für uns gibt’s nur eins: Klasse gegen Klasse“ gerufen werden, steht unseren Werten zutiefst konträr gegenüber.

Weitere Sprüche wären zum Beispiel „Viva, viva – l´anarquia (es lebe die Anarchie), „Fight the crisis, smash the system, what we need is communism“ (Aufruf zur Einführung des Kommunismus) oder „Rob the rich, arm the poor, social justice is civil war“ (beraube die Reichen, bewaffne die Armen, soziale Gerechtigkeit ist Bürgerkrieg).

Diese Parolen sind immer wieder gefallen. Wo so etwas geschrien wird, werden wir nicht mit der CDU-Flagge dabei stehen. Nicht bei Leuten, die unsere freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpfen wollen oder zumindest infrage stellen.

Wir empfehlen, einen Blick in die Verfassungsschutzberichte diverser Bundesländer zu werfen, auch in die des rheinland-pfälzischen SPD-geführten Innenministeriums. Dort ist die linksextreme Strategie beschrieben, Polizisten zu provozieren, um Unruhe zu stiften und den Klassenkampf fortzuführen.

Wir vertreten die bürgerliche Mitte und lehnen alle Formen des Extremismus und Radikalismus ab. Wir grenzen uns hier also sauber und nachvollziehbar nach beiden Seiten ab. Rechtspopulistische und rechtsextreme Parolen, die vom Aussterben der weißen Rasse und Ähnlichem schwafeln, sind ekelhaft und zu Recht scharf zu verurteilen. Linkspopulistische bis linksextreme jedoch ebenso.

Leider werden sie oft mitgetragen von anderen Parteien, der linksautonome „schwarze Block der sogenannten Antifa“ wird offen geduldet und verteidigt.

PEX: Sie haben sich mehrmals gegen „rechte Demos“ in Kandel ausgesprochen und diese verurteilt. Der vermutlich größte Teil der Öffentlichkeit erwartet von Ihnen, dass Handlungen folgen. Was wollen Sie tun?

Niedermeier und Hogrefe: Wir haben immer wieder deutlich Position bezogen und deutlich gemacht, dass wir Rechtsradikale, wie sie unter anderem in Kandel auftreten, für eine Gefahr halten. Rechtsradikale und menschenverachtende Parolen sind mit unserem Werteverständnis unvereinbar.

Niedermeier: Wir waren wiederholt vor Ort, unter anderem bei Veranstaltungen des Bündnisses „WIR sind Kandel“, das vom Stadtrat unterstützt wird. Allerdings sagt der Beschluss des Stadtrats, dem alle Fraktionen in dieser Form zugestimmt haben: Keine „Antifa.“

Wir waren bei der Luftballon-Aktion dabei, CDU-Mitglieder beteiligen sich in Workshops von „WIR sind Kandel“, wir haben beim Maifest mitgemacht, ich selbst habe „Doppelte Kandler“ am Haus stehen. Es stimmt also nicht, dass wir uns nicht beteiligten. Moderate Protestaktionen unterstütze ich persönlich.

Und im Januar haben wir eine Veranstaltung in Kandel mit dem Extremismus-Experten Prof. Dr. Günter Krings (Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium). Hier wird es allgemein um die Gefahren des Extremismus gehen – rechts wie links.

„Auf Provokation folgt Gegenprovokation“

PEX: Reicht das Ihrer Meinung nach aus?

Niedermeier und Hogrefe: Mehr Gegendemos führen unserer Meinung nach nicht zu weniger rechten Demos. Im Gegenteil, es wird sich immer steigern. Auf Provokation folgt Gegenprovokation, die Spirale dreht sich immer weiter nach oben und nimmt kein Ende.

Niedermeier: Die Kandeler wollen keine Demonstrationen in ihrer Stadt – gleich welcher Art. Im Vergleich zur Einwohnerzahl von rund 9.000 Einwohnern beteiligen sich ja nur recht wenige. Einige verlassen an den Demotagen die Stadt, wie sie mir schon persönlich berichteten.

Vielleicht wäre „Schotten dicht“ gar nicht so schlecht. Manchmal kommt es mir so vor, als ob es den beiden Seiten nur noch um Aufmerksamkeit geht, wozu die mediale Berichterstattung noch dazu beiträgt. Die „normale“ Kommunalpolitik, die Arbeit für die Bürger, bleibt in den Medien indessen fast auf der Strecke.

Hogrefe: Auch für die Polizei wäre es eine Entlastung, wenn sie nicht mehrere Stellen gleichzeitig abdecken müsste.

PEX: Nochmals nachgehakt: Wer oder was genau ist mit „Linksradikalen“ gemeint? Gibt es die überhaupt in Kandel?

Niedermeier: Natürlich kann man linkspolitische Meinungen vertreten, wir leben schließlich in einer Demokratie. Das muss man aushalten. Andersrum aber eben auch. Wenn es allerdings an den Kern unserer Verfassungsordnung geht, sehen wir das als linksradikal an. Bei solchen Sprüchen (wie oben genannt) fängt es eben schon an.

Dann werden noch Verschwörungstheorien von linksautonomer Seite verbreitet, die der Kreisverwaltung, der CDU und auch mir persönlich unterstellen, gemeinsame Sache mit Marco Kurz („Frauenbündnis Kandel“, Anm.d.Red.) zu machen oder ihm zumindest entgegen zu kommen und anderen Bündnissen Steine in den Weg zu legen – das ist absolut lächerlich und hat mit der Realität rein gar nichts zu tun!

Und wer Polizeisperren durchbricht, sich im Nachgang sogar damit brüstet, hat keinen Respekt vor dem Staat. Und das können wir als CDU und auch ganz persönlich nicht tolerieren und akzeptieren, geschweige denn dabei mitmachen.

Hogrefe: Wenn sich die SPD mit Fahnen zu linksautonomen „Antifa“-Gruppen gesellt, ist das meiner Meinung nach eine große Unreflektiertheit der SPD. Rechtsstaatliche Werte werden im Kampf gegen Rechts geopfert, der Zweck heiligt die Mittel und diese Doppelmoral werden wir nicht mittragen!

Beide: Es bleibt bei unserer Meinung, dass sich die „Antifa“ in Teilen radikal verhält. Das belegen auch Polizeiaussagen und immer wieder auch die Presseberichterstattungen zu den Demos hier in Kandel. (cli)

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