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Michelin Reifenwerke in Landau: SGD Süd hat das Zielabweichungsverfahren abgeschlossen – Betriebsfläche kann erweitert werden

Die SGD Süd in Neustadt hat in einem Zielabweichungsbescheid der Michelin-Erweiterung zugestimmt.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Bornheim/Neustadt. Michelin Landau darf in Bornheim erweitern. In einem Zielabweichungsbescheid hat die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) festgestellt, dass für die Ausweisung einer gewerblichen Baufläche in der Ortsgemeinde Bornheim als Erweiterungsfläche für die Michelin Reifenwerke AG & Co. KGaA am Standort Landau die Abweichung von den regionalplanerischen Zielen zum Freiraumschutz zugelassen wird.

Die Firma Michelin Reifenwerke beabsichtigt eine Erweiterung ihrer Betriebsfläche um cirka 6,3 Hektar. Die Erweiterung soll nördlich angrenzend an den vorhandenen Betriebsstandort auf der Gemarkung Bornheim in der Verbandsgemeinde Offenbach an der Queich erfolgen.

Der Verbandsgemeinderat der Verbandsgemeinde Offenbach an der Queich hat dazu die 9. Änderung ihres Flächennutzungsplans aus dem Jahr 2014 für die Ausweisung einer gewerblichen Baufläche in der Ortsgemeinde Bornheim beschlossen. Kritik zu dem Vorhaben kommt von den Grünen. Sie hatten im Oktober letzten Jahres eine Bürgerversammlung [1] in Bornheim einberufen.

Nach dem Einheitlichen Regionalplan (ERP) des Verbandes Region Rhein-Neckar (VRRN) ist das Plangebiet in den regionalplanerischen Zielen „Grünzäsur“ und „Vorranggebiet für die Landwirtschaft“ überlagert. Diese Ausweisungen dienen dem Freiraumschutz sowie der Sicherung der landwirtschaftlichen Bodennutzung und sind grundsätzlich von Bebauung freizuhalten.

Aufgrund dieser Sachverhalte hat die Verbandsgemeinde Offenbach an der Queich im Mai 2019 einen Antrag zur Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens eingereicht.

Die SGD Süd hat das Zielabweichungsverfahren im Februar 2020 eingeleitet. Beteiligt wurden die Obere Naturschutzbehörde, die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, der Verband Region Rhein-Neckar, die Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz Neustadt, die Stadtverwaltung Landau in der Pfalz und die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße.

„Naturschutzrechtliche Fragen konnten im Rahmen des Zielabweichungsverfahrens nur geprüft werden, sofern sie raumordnungsrechtliche Relevanz haben,“ so die SGD Süd in einer Mitteilung. Eine Detailprüfung habe grundsätzlich in den nachfolgenden Genehmigungsstufen zu erfolgen.

Mit dieser Entscheidung ist die rechtliche Zulässigkeit der Erweiterung noch nicht abschließend geklärt. Die baurechtliche Zulässigkeit hängt maßgeblich von der kommunalen Bauleitplanung ab. Diese liegt im Hinblick auf den erforderlichen Bebauungsplan in der Zuständigkeit der Ortsgemeinde Bornheim.

Das Vorhaben bedarf einer baurechtlichen Genehmigung. Zuständige untere Baurechtsbehörde ist der Kreis Südliche Weinstraße.

BUND: „Gutes Geschäft für Landau und Verbandsgemeinde?“

„Ein „gutes Geschäft“ für Landau und die Verbandsgemeinde soll die geplante Erweiterung sein. Aber zu welchem Preis?“ Diese Frage stellt sich der Südpfälzische Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) angesichts der Entscheidung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt, den Regionalplan zugunsten der Firma Michelin zu ändern.

„Durch das Vorhaben sind zahlreiche Belange des Boden-, Natur- und Artenschutzes in hohem Maße betroffen. Versiegelter Boden bedeutet weniger Lebensraum für Tiere und Pflanzen, eine verminderte Grundwasserneubildung und eine Verschlechterung des Kleinklimas, von der Ästhetik für den Naherholungswert ganz zu schweigen.

6,3 ha neu versiegelte Fläche sind sowieso schon zu viel – aber so etwas in einem Europäischen Schutzgebiet zu erlauben, für das ein Verschlechterungsverbot besteht, ist absolut unverständlich.

Anstatt dort großflächige Bebauung zuzulassen, muss der bestehende Natura 2000-Bewirtschaftungsplan umgesetzt werden.“ Der BUND appelliert an die Ortsgemeinde Bornheim, dort keinen Bebauungsplan aufzustellen, sondern die einmalige Wiesenlandschaft, die Habitate für zahlreiche Vogelarten bietet, zu schützen.

Die betreffende Fläche wird momentan landwirtschaftlich genutzt. Ihr aufgrund dessen jeglichen Wert für den landesweiten Biotopverbund, insbesondere für die Regulations- und Regenerationsleistungen des Naturhaushalts abzusprechen, sei „kurzsichtig und vor allen Dingen rechtlich schlichtweg falsch“, erklärt der BUND.

„Sie liegt als Natura 2000-Offenlandgebiet im Vogelschutzgebiet Offenbacher Wald, Bellheimer Wald und Queichwiesen sowie im FFH-Gebiet Bellheimer Wald mit Queichtal. Durch den Bewirtschaftungsplan vom 22.03.2019 wurden dem Planungsgebiet konkrete Maßnahmen und Ziele zur Sicherung und Wiederherstellung von Arten und Lebensräumen zugewiesen, die rechtlich bindend sind.“

Wie der Maßnahmenkarte (abgerufen unter https://map.naturschutz.rlp.de/?q=bewirtschaftungsplaene [2] ) zu entnehmen sei, solle dort eigentlich die Umwandlung von Ackerland in Grünland erfolgen und der Erhalt, die Anlage und die Pflege von Gehölzen vorangetrieben werden. Eine Baumaßnahme mit fast vollständiger Bodenversiegelung stehe diesen Zielen „absolut konträr“ gegenüber. Der BUND überlegt, die EU-Kommission von der zu befürchtenden Verschlechterung, sollte das Projekt weiter verfolgt werden, in Kenntnis zu setzen.

„Michelin sollte die erworbenen Flächen nach den Vorgaben des Bewirtschaftungsplans extensivieren und die bestehenden Gebäude zu Hochregallagern aufstocken. Dann besteht auch kein Grund für teure Ausgleichsmaßnahmen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Lasten der Südpfälzer Landwirte gehen werden. Dem Flächenfraß muss eine Grenze gesetzt werden“, fordert der BUND. (sgd süd/desa/BUND)

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