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Kindesmissbrauch in Germersheim: Angeklagter zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt

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Foto: Pfalz-Express

Germersheim/Landau – Im Fall des sexuellen Kindesmissbrauchs, der sich im Oktober 2017 in Germersheim zugetragen hat, wurde am Mittwoch am Amtsgericht Landau das Urteil gesprochen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der  27-Jährige zwei Nachbarskinder im Alter von sechs und acht Jahren sexuell missbraucht hat und verurteilte ihn zu drei Jahren und sechs Monate Haft. 

Das Gericht blieb damit über dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die drei Jahre und drei Monate gefordert hatte. Die Nebenklage hatte auf vier Jahre, die Verteidigung auf eine Strafe unter drei Jahren plädiert.  (Mehr zu den Hintergründen hier [2])

Außerdem kam das Gericht dem Antrag der Nebenklage nach, Schadensersatz zu zahlen – 10.000 Euro für den Jungen, 8.000 Euro für das Mädchen. Die Kinder würden noch viele Jahre, vielleicht sogar ihr ganzes Leben, von der Tat beeinträchtigt [3] sein, sagte Nebenkläger-Anwalt Roland Sinn.

Der Verurteilte muss außerdem die Kosten des Prozesses tragen.

Forensischer Beweis

Viel hatte sich im Prozess um die Frage gedreht, ob der Angeklagte mit seinem Geschlechtsteil in den Analkanal des sechsjährigen Jungen eingedrungen war, denn davon hing das Strafmaß entscheiden ab.

Spezifische Verletzungen konnte Rechtsmediziner Prof. Riepert (Uni Mainz) zwar keine feststellen, das sei aber kein eindeutiges Merkmal, da gerade bei Kindern das Gewebe sehr dehnbar sei. Der Angeklagte soll außerdem zuvor seinen Penis und den Anus des Jungen mit Nivea-Creme eingecremt haben.

Letztendlich gaben Spermaspuren den Ausschlag, die Riepert im Analkanal gefunden hatte, außerhalb davon aber nicht. Am Gesäß und am Anus fand man lediglich DNA-Spuren des Beschuldigten. Der jetzt Verurteilte hatte eine Penetration stets bestritten, die Vorwürfe aber sonst im Wesentlichen eingeräumt.

Schwieriger gestaltete sich die Beweislage bei dem achtjährige Mädchen. Sie hatte erst von ihren eigenen Erlebnissen berichtet, nachdem ihr jüngerer Bruder direkt nach dem Geschehen seiner Mutter von dem Übergriff erzählt hatte. Forensische Spuren gab es keine mehr, da der Zeitpunkt schon etwas länger zurücklag.

Rechtspsychologin Alexandra Ehmke (Heidelberg) hatte im ersten Verhandlungstag Zweifel angemeldet, ob das Mädchen nicht eher die Aufmerksamkeit der Mutter auf sich ziehen habe wollen. Zudem habe die Achtjährige schon Pornofilmen auf ihrem Handy gesehen und habe möglicherweise deshalb Details von sexuellen Handlungen gekannt.

Die Staatsanwaltschaft sprach von einem planmäßigen Vorgehen des Angeklagten. Er habe das Vertrauensverhältnis zu den Kindern ausgenutzt, um sie in seine Wohnung zum Spielen zu locken und dann sexuelle Handlungen von „hoher Intensität“ an den Kindern vorzunehmen.

„Hetze und Übergriffe“

Verteidiger Marco Werther wies in seinem Plädoyer auf die schwere Kindheit seines Mandanten im krisengeschüttelten Afghanistan und die strapaziöse Flucht mit Ehefrau, Kind und Bruder nach Deutschland hin (2015). Er sei zudem auf Facebook öffentlich an den Pranger gestellt worden, indem man seinen Klarnamen und ein Foto von ihm und seinem eigenen Kind veröffentlicht habe.

Es habe eine beispiellose politische Hetze gegeben bis hin zu Aufrufen „hängt ihn auf“, so Werther. Es sei gut, dass das Gericht am ersten Verhandlungstag Zuschauer (dieser Gesinnung, Anm.d.Red.) zurechtgewiesen habe, so dass diese den Saal schließlich freiwillig verlassen hätten. „Hier steht ein Mensch vor Gericht, keine Politik oder Religion“, sagte Werther. Im Gefängnis sei sein Mandant mehreren Übergriffen ausgesetzt gewesen.

Er habe sich gut integriert in Deutschland, sehr schnell recht gutes Deutsch gelernt und einen Ausbildungsplatz in Aussicht gehabt. Seine Scham über seine Tat sein offensichtlich. Auch deshalb habe er ein Geständnis abgelegt.

Eben das hielten sowohl Staatsanwaltschaft als auch Richterin Dr. Kraus dem Angeklagten zu Gute. Dazu komme, dass er polizeilich bislang noch nie in Erscheinung getreten sei.

Dass er ein Geständnis abgelegt hatte, ohne das eine Verteilung deutlich schwieriger geworden wäre, wurde dem Angeklagten ebenfalls angerechnet. Auch Kraus räumte ein, dass er schweren Übergriffen in der Justizvollzugsanstalt, in der er seit Oktober 2017 sitzt, ausgesetzt war.

„Kein minderschwerer Fall“

Dennoch handele es sich nicht um einen minderschweren Fall, sondern um einen von „hoher Intensität“, so Kraus, besonders, wenn man das geringe Alter der Opfer betrachte.  Als grundsätzlich pädophil sah das Gericht den Beschuldigten nicht, wohl aber habe er sich offensichtlich von den kindlichen Körpern sexuell erregen lassen können.

Dass er dem Jungen die Hose heruntergezogen hatte, sah das Gericht ebenfalls als erwiesen an, auch wenn die Beweisführung, dass das Kind dies explizit nicht gewollt habe, nicht erbracht werden könne.

Der Verurteilte entschuldigte sich bei den Angehörigen. Er schäme sich und es tue ihm sehr leid, sagte er auf deutsch.

Die Mutter der Kinder hatte auf ein härteres Urteil gehofft: „Steuersünder werden schwerer bestraft. Hier geht es doch im Kinder.“ (cli) 

 

 

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