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Kandel: Hoteliers und Stadtspitze diskutieren über geplantes Motel

V.li. im Uhrzeigersinn: Jennifer Tschirner, Volker Poß, Ralf Wagner, Sandra Born, Werner Koch, Michael Koch, Andreas Wenz, Günther Tielebörger.
Foto: Pfalz-Express/Licht

Kandel – Nachdem die drei großen Kandeler Hoteliers ihren Unmut über das geplante Motel im Gewerbegebiet „Östlich der Lauterburger Straße“ öffentlich gemacht haben, hat die Stadtspitze reagiert und die Geschäftsführer zum Gespräch in die Verwaltung eingeladen.

Von Seiten der Stadt nahmen Bürgermeister Volker Poß (SPD), Stadtbürgermeister Günther Tielebörger (SPD), Bauamtsleiter Ralf Wagner und City-Managerin Jennifer Tschirner teil. Werner Koch und Sohn Michael (Hotel Zur Pfalz), Sandra Born (Hotel Zum Rössel) und Andreas Wenz (Hotel Zum Riesen) sehen in Kandel keinerlei Bedarf für ein Motel und positionierten sich unlängst gemeinsam gegen die Pläne der Stadt.

Tielebörger: „Hätten Gespräch suchen sollen“

Dass sich auf beiden Seiten viel Ärger angestaut hatte, wurde gleich zu Beginn des Gesprächs deutlich. Zu sagen, „an die Verwaltung herangetragene Anliegen seien in der Vergangenheit häufig ungehört verhallt“, sei „dreist“, sagte Tielebörger. Auch Bürgermeister Poß war diesbezüglich verstimmt. Das stimme in dieser Form nicht, so Tielebörger weiter, die Hoteliers hätten jederzeit mit ihm sprechen können. Aber man wolle die Sache klären, deshalb habe man das Gespräch gesucht.

Hoteliers: „Tielebörger in der Verantwortung“

Die Hoteliers wiederum blieben bei ihrer Position und bekräftigten ihre Vorwürfe, besonders an den Stadtbürgermeister: Er habe das Projekt „Motel“ auch im Stadtrat forciert, ohne zuvor die lokalen Hotelbetreiber kontaktiert zu haben. Tielebörger hätte sich erkundigen sollen, ob überhaupt Bedarf bestehe, denn den gebe es definitiv nicht. Lediglich an drei Tagen zu Wochenbeginn könne man von einer Vollbelegung sprechen, so Koch, Born und Wenz (Bericht dazu hier [1]).

In der Vergangenheit habe man mehrmals klar gemacht, dass kein neues Hotel in Kandel gebraucht würde. Tielebörger habe aber nicht zugehört, schon immer ein weiteres Hotel gewollt und sei seine „eigene Schiene gefahren“, so der Vorwurf.

Tielebörger habe die Kandeler Wirtschaft zu wenig im Blick. Zudem sei man des öfteren mit Problemen an die Stadt herangetreten (Lärm gegenüber des Hotels Zum Rössel, Wintergartenanbau im Hotel zur Pfalz, Sanierung der Rheinstraße beim Hotel zum Riesen), getan habe sich nichts. Bezüglich des Wintergartens verwies Ralf Wagner auf die Kandeler Bauvorschriften, nach denen der Wintergarten in der eingereichten Planung nicht habe genehmigt werden können.

„Positives Image“

Tielebörger und Tschirner betonten die zahlreichen Aktivitäten in Kandel, die Märkte, die Aktionen des Vereins Handel und Gewerbe (VHG), das Programm „Aktive Stadt“ und die nun vom City-Management initiierten Events. Auch das Einzelhandelsgutachten werde weiter fortgeschrieben. All das verpasse Kandel ein positives Image, von dem auch die Hotelbetreiber profitieren würden, sagte Tielebörger. Sie seien eingeladen, sich daran zu beteiligen.

„Motorradfahrer nicht erwünscht“

Das sei ja alles recht und schön, meinten die Hoteliers, aber sie selbst hätten davon keinen Nutzen. Michael Koch kritisierte weiter, dass in Kandel keine Motorradfahrer erwünscht seien. Damit meine man natürlich keine Rowdies, sondern ruhige Tourenfahrer, die auch Übernachtungen in Betracht zögen.

Mehrmals schon sei man in den letzten Jahren an den Tourismusverein Kandel mit Vorschlägen herangetreten, wie beispielsweise eine Motoradfahrerkarte ähnlich einer Radkarte. Wieder sei nichts passiert. Volker Poß platzte der Kragen: Werner Koch als Mitbegründer und Vorstandsmitglied des Tourismusvereins solle dann eben „den Mund aufmachen“ bei der nächsten Sitzung.

„Vorhandene Kapazitäten nutzen“

So wogte das Gespräch hin und her, verlor sich teilweise in Details, die nicht unbedingt zur Sache gehörten, brachte aber auch lange Unausgesprochenes auf den Tisch. Sandra Born kehrte dann zum eigentlichen Thema zurück: Bevor ein neues Motel gebaut werde, solle man die vorhandenen Kapazitäten, die im übrigen alle Preisklassen beinhalteten, ausnutzen. Tielebörger hätte sich im Stadtrat gegen einen Motelbau aussprechen sollen.

Den Tourismus, den Tielebörger meine, gebe es nicht, so die Hoteliers. Deswegen seien weitere Unterkünfte überflüssig, zumal noch auch privater Ebene Zimmer in Kandel angeboten würden. Mit einem weiteren Hotel/Motel kämen keine zusätzlichen Gäste ist die Stadt.

„Kein Protektionismus“

Das sei aber nicht sein Problem, antwortete Tielebörger. Es habe einen Antrag gegeben im Stadtrat und dieser habe zugestimmt. Auch die Kreisverwaltung dränge auf mehr Unterkünfte im Kreis. Er könne einem Investor nicht verbieten, ein Motel zu bauen. „Ich kann doch keinen Protektionismus betreiben und eine Schutzzone um Kandel errichten.“ Man lebe nun einmal in einer konkurrierenden Gesellschaft.

„Eben diese Haltung ist das Problem“, sagte Michael Koch. Tielebörger solle sich mehr darum kümmern, was die Kandeler  Unternehmen bewege. Und Firmen anzusiedeln, wie es in Rülzheim der Fall sei, das würde etwas bringen: „Dann hätten wir auch mehr Mittagsgäste.“

„Stadtratsmitglieder haben nicht reagiert“

Die Hoteliers hätten sich im Vorfeld auch an ihre Stadträte wenden können, wandte Tielebörger ob der Beschwerden ein, man sehe ihn in der Verantwortung für den Schlamassel. Das habe man getan, sagte Koch junior, und sogar mit gleich drei SPD-Stadtratsmitgliedern gesprochen. Man habe nie wieder etwas gehört. Tielebörger war das nach eigener Aussage nicht bekannt, offenbar wurde es nicht an ihn weiter kommuniziert.

Die Hoteliers trugen noch einiges an die Stadtspitze heran, aber in Sachen Motel „ist der Zug abgefahren“, sagte Andreas Wenz zähneknirschend.

Am Ende zeigte sich folgendes Bild:

  • Tielebörger bot an, in Zukunft für eine bessere Kommunikation und mehr Gesprächsrunden zu sorgen, sich „immer mal wieder zusammen zu setzen und gemeinsam überlegen.“ Die Hoteliers indes seien aufgefordert, sich in die Aktivitäten der Stadt einzubringen.
  • Die Hotelbetreiber wiederum forderten, ihre Belange ernster zu nehmen, die einheimischen Hotels und Unternehmen klar zu unterstützen, nicht welche „von außen zu holen“ und mehr finanzkräftige und zukunftsweisende Firmen in Kandel anzusiedeln.

Das sei leichter gesagt als getan, entgegnete Volker Poß zu Letzterem, denn es fehlten geeignete Gewerbeflächen. Der abgewanderten Firma DBK beispielsweise habe man „händeringend“ ein Grundstück angeboten, der damals neue Geschäftsführer habe aber erstens nicht warten wollen und zweitens Rülzheim vorgezogen, weil er Rülzheimer sei.

Wären nicht alle Gesprächsbeteiligten nach über zwei Stunden restlos erschöpft gewesen, hätte die Diskussion wohl noch stundenlang weitergeführt werden können. (cli)

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